Strategie & Management

„Für den Markt attraktiv bleiben“

NRC-Geschäftsführer Gerd Bergmann über Strategie und Herausforderungen

24.09.2014 -

Das Chemiedistributionsunternehmen Nordmann, Rassmann GmbH (NRC) beschäftigt rund 300 Mitarbeiter und gehört zum Verbund der Georg Nordmann Holding AG, die 2013 einen Umsatz von rund 450 Mio. € erwirtschaftet hat. Das in Hamburg ansässige Familienunternehmen mit 13 Tochtergesellschaften in Europa und zwei Büros in Asien ist in den Geschäftsgebieten Life Sciences, Bau/Composites/Coatings, Polymere und Elastomere tätig. Dr. Birgit Megges befragte Dr. Gerd Bergmann, Geschäftsführer von NRC, zu aktuellen Themen in der Chemiedistribution und zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens.

CHEManager: Herr Dr. Bergmann, die Chemiedistribution agiert als Partner und Bindeglied zwischen den Produzenten und Verarbeitern von Chemikalien und ist insofern einem sich ständig verändernden Marktumfeld unterworfen. Wie würden Sie diesen Wandel beschreiben?

G. Bergmann: Im Allgemeinen werden in unserer Branche derzeit Kräfte gebündelt, im Markt zeichnen sich weiterhin Konsolidierungstendenzen ab und die Zahl der Distributionsunternehmen hat sich reduziert. Auch auf der Herstellerseite gibt es viele Umstrukturierungen, der Margendruck wird nicht kleiner.

Es zeichnet sich ab, dass der Schiefergas-Boom die Rohstoffbasis und infolgedessen die globalen Märkte für Chemieprodukte verändern wird. Wie schätzen Sie das Thema ein und welche Rolle spielt diese Entwicklung für Ihr Unternehmen?

G. Bergmann: Schiefergas ist zurzeit aus unserer Sicht noch hauptsächlich ein amerikanisches Thema. In Europa gibt es größere Vorkommen vor allem in Polen und Großbritannien. In Großbritannien herrscht dabei eine größere Offenheit in der Bevölkerung gegenüber diesem Thema als in anderen Ländern. In Deutschland gibt es hingegen geringere Vorkommen an Schiefergas, weshalb es wohl auch nicht zu einer breitflächigen Förderung kommen wird. Aufgrund von Regularien und behördlichen Einschränkungen gehen wir im Moment nicht davon aus, dass Fracking vor 2016 bzw. 2017 Europa erobert. Aktuell wird über einen Einstieg von Argentinien in dieses Thema spekuliert - wichtig für uns ist dabei, die aktuellen Entwicklungen und deren Einflüsse auf unsere Feedstocks eng zu verfolgen.

Die Frage, die sich bei dem Thema grundsätzlich stellt, ist: Welche Absatzmöglichkeiten gibt es für Ethan, Butan und Propan, die beim Fracking anfallen? Die energiereichen Fraktionen Butan und Propan führen hierbei weniger zu Schwierigkeiten. Es existiert jedoch zu viel Ethan am Markt, das im Wesentlichen nur als Rohstoff für Ethylen und in der Konsequenz für Polyethylen geeignet ist. Hersteller außerhalb der USA könnten generell vom Fracking-Boom negativ beeinflusst werden. NRC und andere Distributeure wären dann mittelbar davon betroffen. Aber: Es gibt auch eine Prognose gemäß einer Studie der Unternehmensberatung A. T. Kearney, wonach die Erdgaspreise nach 2015 auf ca. 50% sinken. Wenn die Prognose eintritt, würde Schiefergas deutlich an Attraktivität verlieren.

Wie können Sie sich als Distributionsunternehmen gegen die äußeren Markteinflüsse wappnen?

G. Bergmann: Wir sind sehr nah am Markt und für uns ist es aufgrund dieser Veränderungen umso wichtiger, für den Markt attraktiv zu bleiben und Mehrwerte wie hauseigene Labore oder individuelle Dienstleistungen zu bieten. Für unsere Kunden liefern wir Lösungen für die Herstellung ihrer Produkte - ganz individuell auf die Bedürfnisse zugeschnitten. Die Kunden und auch Lieferanten erwarten zu Recht einen Service aus einer Hand. Und hierfür haben wir den richtigen Mix an Spezialisten mit technischer Expertise und kaufmännischem Hintergrund.

Ein in der Bedeutung weiter steigendes Thema ist nach wie vor Corporate Social Responsibility. Stichworte wie „Code of Conduct" oder „Verantwortung in der Lieferkette", d.h. die Produkte sicher zum Kunden zu bringen, spielen hier eine große Rolle. Uns ist es dabei wichtig, die Herstellungsprozesse zu verstehen. Nur so haben wir am Ende auch alle notwendigen Informationen über das Produkt, das wir verkaufen, und können dessen Qualität und einwandfreie Herstellung garantieren. Ein Großteil unserer Lieferanten ist entsprechend auditiert, worauf wir - auch im Rahmen eigener Audits - großen  Wert legen. Wir beteiligen uns zudem bereits seit 1997 am Responsible Care-Programm und gehören damit zu den Ersten in der Distributionsbranche.

NRC hat im vergangenen Jahr zwei neue Tochtergesellschaften in Frankreich und Italien hinzugewonnen. Planen Sie, in weitere europäische Länder zu expandieren oder werden Asien und der nord- bzw. südamerikanische Markt für NRC zukünftig eine größere Rolle spielen?

G. Bergmann: Wir decken den Markt in Europa bereits erfolgreich ab, sind aber daran interessiert, den Ausbau in Europa weiter voranzutreiben. In welchem Umfang wir das realisieren können, hängt von verschiedenen Faktoren und den sich aktuell bietenden Gelegenheiten ab. Der nordamerikanische und der asiatische Markt sind für NRC schon immer wichtig gewesen, sie werden auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, weil unsere Lieferanten vorrangig aus diesen Regionen kommen.

Stichwort „Lieferanten": Sind in nächster Zeit neue Kooperationen mit Lieferanten geplant?

G. Bergmann: Zunächst einmal sind langjährige und vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen für uns ein wichtiges Fundament unserer Unternehmensgeschichte. Über die Hälfte unserer Lieferanten sind seit mehr als 10 Jahren Partner unseres Unternehmens.

Wir haben in der jüngeren Vergangenheit namhafte  Lieferanten wie z.B. DSM, Jungbunzlauer und Wanhua gewinnen können. Diese positive Entwicklung werden wir aufrechterhalten, denn sie trägt wesentlich zum Wachstum von NRC bei.

Einer Ihrer Abnehmermärkte ist die kunststoffverarbeitende Industrie. Wie schätzen Sie den Kunststoffmarkt im Allgemeinen ein und welche Trends sehen Sie?

G. Bergmann: Der Kunststoffmarkt gestaltete sich im Jahr 2012 akzeptabel, 2013 war besser und 2014 wird 2013 voraussichtlich noch übertreffen. Wir können also positiv gestimmt sein. Es lässt sich durchaus ein Trend zu Hochleistungskunststoffen erkennen - die Kunststoffteile müssen bei extremen Temperaturen beständig sein, gleichzeitig fest und ultraleicht. Die Zukunft liegt unter anderem im Leichtbau und in den Faserverbundkunststoffen. Die Fahrgastzelle des BMW i3 setzt sich beispielsweise vollständig aus Carbon zusammen. Allerdings werden auch die Standardpolymere weiterhin ihre Bedeutung behalten.

Wir nutzen Messen, um uns mit unseren Geschäftspartnern persönlich über neue Produkte und Trends austauschen. Bei der Mitte Oktober beginnenden Fakuma in Friedrichshafen wird unser thematischer Fokus auf Thermoplasten, Additiven und Flammschutzmitteln liegen. Wir sind seit 1990 als Aussteller auf der Fakuma vertreten. In diesem Jahr stellen wir gemeinsam mit unseren langjährigen Kooperationspartnern UBE, Honeywell und Asahi Kasei, sowie dem jungen Partner Francesco Franceschetti Elastomeri auf unserem modernen Stand aus.

Welche Ziele stehen für NRC im laufenden und im kommenden Geschäftsjahr an erster Stelle?

G. Bergmann: Wir möchten den positiven Integrationsprozess unserer neuen Töchter in Frankreich und Italien weiter fortsetzen. Darüber hinaus planen wir unseren Wachstumskurs fortzuführen; schließlich haben wir den Ausbau unserer Lieferantenbasis immer im Fokus.

Ein Ziel für die nahe Zukunft ist es zudem, unsere Eigenmarkenstrategie weiter voranzutreiben. Im Kautschuk- und Flammschutzbereich sind wir damit bereits sehr erfolgreich. Es werden noch mehr Produkte - auch aus anderen Industrien - folgen.

Wie sind Ihre Prognosen?

G. Bergmann: Vorhersagen sind generell immer schwieriger geworden, da wir es aufgrund von globalen Verflechtungen vermehrt mit volatilen Märkten zu tun haben. Dennoch sind wir optimistisch: Wir hatten bisher ein gutes Jahr und werden das gute Niveau halten.

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