Logistik & Supply Chain

Flurförderzeuge in Chemikalien- und Pharmalagern

Jörg Backhaus, Stöcklin Logistik, im Interview

13.02.2019 -

Für Flurförderzeuge gelten im Bereich von Chemikalienlagern strengere Zulassungsvorschriften, in Pharmalagern spielen Hygieneaspekte eine entscheidende Rolle. Über den Einsatz von konventionellen Flurförderzeugen aber auch zu neuen Möglichkeiten der Elektrostapler mit Lithium-­Ionen-Batterien in diesen speziellen Lagerbereichen äußert sich Jörg Backhaus, Atex-Beauftragter bei der schweizerischen Stöcklin Logistik im Interview. Die Fragen stellte Sonja Andres, CHEManager.

CHEManager: Herr Backhaus, welche Rolle spielt die ATEX-Zulassung beim Einsatz von Flurförderzeugen in Chemikalienlagern?
Jörg Backhaus: Sie spielt eine zentrale Sicherheitsrolle, ohne ATEX-Zulassung kein Einsatz von Flurförderzeugen in Chemikalienlagern: Im Umfeld von Gas- und Staubatmos­phären ist die ATEX-Zulassung zwingend nötig, um Explosionen auszuschließen.

Was sind demnach die wichtigsten Kriterien, die ein Elektrostapler erfüllen muss, um in einem Gefahrstofflager betrieben werden zu können?
J. Backhaus: Die Zulassung nach ATEX-Richtlinie 2014/34/EU muss vorliegen. Damit ist gewährleistet, dass das Gerät gefahrlos eingesetzt werden kann und keine Explosionen in Gas- und Staubatmosphären auslöst. Auch wird geschultes und befähigtes Personal benötigt, das die Sicherheitswartungen und eventuelle Reparaturen nach Richtlinie ausführt.

Wie sollten Flurförderzeuge beschaffen sein, damit sie zudem in Pharmalagern betrieben werden dürfen?
J. Backhaus: Die Beschaffenheit der Flurförderzeuge im Lager ist weniger ausschlaggebend als in der Produktion, da im Lager die Gefahrstoffe ja ausreichend geschützt – da verpackt – sind. Da die Flurförderzeuge aber auch die Schnittstelle zwischen Lager und Produktion darstellen und in beiden Bereichen im Einsatz sind, gibt es neben der ATEX-Zulassung noch weitere Überlegungen, die der Sicherheit dienen. Anpassungen an die Reinraumtechnik, wie vor allem Flurförderzeuge in Inox-Ausführung (Anm. d. Red.: rostfreier Edelstahl) sind hier vor allem wichtig. Wir bei Stöcklin haben uns darauf spezialisiert, unsere Geräte auch in Edelstahl zu liefern, um die hygienetechnischen Anforderungen zu erfüllen.

Stöcklin Logistik setzt in seinen Standard-Flurförderzeugen auch Lithium-Ionen-Batterien ein. Durch welche Eigenschaften haben sie Vorteile gegenüber herkömmlichen (Blei-Säure-) Batterien?
J. Backhaus: Die Vorteile der Lithium-­Ionen-Batterie liegen im wartungsfreien Betrieb, der langen Lebensdauer und der maximalen Verfügbarkeit. Eine jährliche Kontrolle ist ausreichend. Die Batterie braucht zum Laden nicht gewechselt zu werden, sondern wird direkt im Gerät geladen. Es entfällt das lästige Nachfüllen von Wasser und der Umgang mit Batteriesäure.
Da die Batterie nicht nur zwischenladungsfähig ist, sondern dies sogar erwartet, kann der Fahrer seine Pausen nutzen, um sie zu laden – je öfter, desto besser. So ist selbst ein strenger Einsatz im 24/7-Betrieb kein Problem, solange gewisse Spielregeln eingehalten werden. Bei den von Stöcklin vorgeschlagenen Eckdaten ist eine Lebensdauer von mehr als 5.000 Zyklen kein Problem. Die positive Energiebilanz überzeugt mit einem Wirkungsgrad von bis zu 97 % und 20 % Energieeinsparung gegenüber herkömmlichen Batterien.

Lithium-Ionen-Batterien geraten durch Brandvorkommnisse immer wieder in die Schlagzeilen. Wie beurteilen Sie die Gefahrenpotenziale dieser Batterien?
J. Backhaus: Lithium-Ionen-Batterien standen lange Zeit im Ruf, gefährlich zu sein und Brände auszulösen, was ihren Einsatz in explosionsgeschützten Bereichen bisher undenkbar machte, trotz ihrer erheblichen Vorteile gegenüber herkömmlichen Batterien. Durch unser mehrstufiges, redundantes Sicherheitskonzept bieten wir höchste Sicherheitsklasse, was durch ein externes Brandschutzgutachten zertifiziert ist. Bei der Entwicklung der Batterie „LiTex“ stand das Thema Sicherheit somit an erster Stelle. Die Auswahl der Batteriezellen und deren Anordnung stellen hierbei die wichtigsten Kriterien dar, um Gefährdungen auszuschließen.

Wie verringert man bei Stöcklin diese Gefahrenpotenziale? Oder lassen sie sich sogar ganz ausschalten?
J. Backhaus: Von der Auswahl der Batteriezellen (LiFePO4) und deren Anordnung, über das aktive Balancing bis zur hohen thermischen Sicherheit wurden zahlreiche Faktoren in die Überlegungen miteinbezogen, um eine einwandfreie Funktionsweise bei bis zu 300 °C zu garantieren. Somit war es uns als bisher einzigem Unternehmen möglich, eine Lithium-Batterie für den Ex-Bereich zu entwickeln.
Mit der Baumusterprüfung von Ende Mai 2018 liegt nun die Zulassung für die patentierte Batterie vor, die den problemlosen Einsatz in Gas- (Zone 1) und Staubatmos­phären (Zone 21) gewährleistet. Dies unterstreicht die Sicherheit unserer Batterien. Keine deutsche Behörde würde eine Lithium-Batterie für den Ex-Bereich zulassen, die noch ein Gefahrenpotenzial aufweist. Sicherheit ist die oberste Direktive.

Gibt es bereits Erfahrungen aus der Praxis, die den problemlosen Betrieb von Staplern mit Lithium-­Ionen-Batterien auch in Ex-Bereichen bestätigen?
J. Backhaus: Schon 2017 verließ jedes fünfte Fahrzeug das Stöcklin Logistik-Werk mit einer Lithium-Batterie. Im ATEX-Bereich herrscht jedoch im Markt noch etwas Zurückhaltung aufgrund der bisher negativen Schlagzeilen im Bereich der Lithium-Batterien, die im Gegensatz zur Stöcklin-Batterie über gefährliche Oxid-Verbindungen verfügen. Es liegen jedoch bereits Bestellungen vor.

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