Familienunternehmen Helm: Investitionen zahlen sich aus
04.12.2012 -
Bei Helm zahlen sich die Investitionen der vergangenen Jahre aus. Helm, ein traditionsreiches Hamburger Familienunternehmen, erreichte 2007, nach schon sehr guten Abschlüssen in den letzten fünf Jahren, eine neue Rekordmarke in Umsatz und Ertrag. Der weltweite Umsatz stieg um 33 % auf 7,75 Mrd. €, das Konzernergebnis konnte mit einer Steigerung um 113 % von 31 auf 66 Mio. € mehr als verdoppelt werden. Der Mehrjahresvergleich zeigt eine dynamische Entwicklung, u.a. ermöglicht durch eine konsequente Thesaurierungspolitik der Gesellschafter, Hermann und Dieter Schnabel, die es erlaubte, das Eigenkapital von 84 Mio. € in fünf Jahren auf 241 Mio. € auszubauen. Dr. Birgit Megges befragte den Vorstandsvorsitzenden Dieter Schnabel zur positiven Geschäftsentwicklung.
CHEManager: Herr Schnabel, bitte geben Sie einen kurzen Einblick in die verschiedenen Geschäftsbereiche. Welche Bereiche haben am meisten zur Steigerung beigetragen?
Dieter Schnabel: Das Wachstum stützt sich auf alle Geschäftsbereiche, von Industriechemikalien über Dünge- und Pflanzenschutzmittel bis zu pharmazeutischen Wirkstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln. Besonders herausragend war allerdings die Entwicklung bei der Flüssigchemie und den Düngemitteln.
Welche Gründe gibt es dafür?
Dieter Schnabel: 2007 war ein außergewöhnlich positives Jahr für die gesamte Düngemittel- und Pflanzenschutzmittelindustrie. Eine erhöhte Nachfrage nach Bioethanol und Biodiesel sowie wachsender Nahrungsmittelbedarf in China und Indien führte zu deutlichen Preissteigerungen für landwirtschaftliche Produkte. Dies hatte sowohl eine Ausweitung der Anbauflächen als auch eine Intensivierung durch erhöhten Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln zur Folge. Die hohe Nachfrage nach Düngemitteln führte zu Preisanstiegen von 100 % für Stickstoffdünger und von 250 % für Phosphatdünger. Von diesen positiven globalen Rahmenbedingungen konnte Helm profitieren und steigerte den Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 86 %. Im Bereich der Flüssigchemie verhalfen Helm neue Höchststände bei den Rohölpreisen in 2007 zu einem Umsatzwachstum von gut 20 % bei entsprechenden Ertragssteigerungen.
Was haben Sie unternommen bzw. was werden Sie unternehmen, um Ihre Position bei den Schlüsselprodukten zu sichern?
Dieter Schnabel: Um sich im Rahmen langfristiger Lieferverträge die Vermarktungsrechte für Schlüsselprodukte zu sichern, beteiligte sich Helm minderheitlich an bisher sechs Produktionsanlagen für Methanol, eines der Hauptprodukte des Konzerns, in Trinidad & Tobago sowie in Oman. Für die kommenden fünf Jahre sind zudem Investitionen in Höhe von insgesamt 265 Mio. € geplant, um die Marktposition des Konzerns langfristig abzusichern. So entstehen weitere Produktionsanlagen für Essigsäure und Vinyl Acetat Monomer in Saudi-Arabien sowie für Flüssigdünger und Melamin in Trinidad & Tobago. Aus einer neuen Produktionsanlage in Ägypten übernimmt Helm ab 2008 zudem die Vermarktung von über 60.000 t linearem Alkylbenzol.
Sind weitere Standorte in der Planung?
Dieter Schnabel: In den kommenden Jahren will Helm auf jeden Fall weiter wachsen. Das aktuelle Vertriebsnetz mit Tochterfirmen und Beteiligungen in 31 Ländern wird 2008 regional durch Verkaufsbüros an neuen Standorten in Oslo, Norwegen, und Edinburgh, Großbritannien, ausgebaut. Weltweit arbeiten im Helm-Konzern 1.285 Mitarbeiter, davon 520 in Hamburg. Wenn der von uns prognostizierte Geschäftsausbau realisiert werden kann, wird ein Personalzuwachs von 20 bis 30 Mitarbeitern jährlich notwendig sein. Unsere Zentrale in Hamburg wird langsam zu klein. Für einen neuen Standort in Hamburg wollen wir 40 Mio. € investieren.
Über den Pharmabereich haben Sie bisher noch nicht gesprochen. Hier haben Sie den Vorstoß vom Zulieferer zum Produzenten gewagt. Wie sehen diesbezüglich die ersten Ergebnisse aus?
Dieter Schnabel: Unsere Entscheidung, den Schwerpunkt im Pharmabereich vom traditionellen Commodity- Geschäft hin zu eigenen generischen Produktentwicklungen zu verlagern, hat sich als richtiger Schritt erwiesen. Im Wissen um die zunehmende Bedeutung biotechnologisch hergestellter Arzneimittel haben wir im Jahr 2007 zudem gemeinsam mit dem ungarischen Pharmakonzern Gedeon Richter ein Produktions- und Entwicklungsunternehmen auf diesem Gebiet übernommen, die heutige Richter-Helm Bio Logics, die vormals zur Strathmann- Gruppe gehörte. Rund 100 Mitarbeiter an drei Standorten bei Kiel, in Hamburg und in Hannover sind bereits seit Jahren erfolgreich als Lohnhersteller für europäische und US-amerikanische Pharma- Kunden tätig. Die Entwicklung eigener biogenerischer Arzneimittel ist angelaufen, die unter anderem gegen Hepatitis und Osteoporose eingesetzt werden sollen. Mit wesentlichen Ergebnisbeiträgen rechnen wir allerdings erst in sieben bis zehn Jahren.
Was erwarten Sie für 2008?
Dieter Schnabel: Für 2008 erwarte ich eine unverändert positive Entwicklung in Umsatz und Ertrag. Wir werden die sehr guten Zahlen von 2007 noch übertreffen. Der Helm-Konzern ist in eine neue Dimension des Chemiemarketings vorgestoßen. Es wurden die entsprechenden Weichen gestellt, um auch in schwierigen Situationen zu bestehen.
Was macht Sie so erfolgssicher? Was sind Ihrer Meinung nach die „Bausteine“ für eine positive Weiterentwicklung?
Dieter Schnabel: Maßgeblich für den Erfolg und eine Garantie für eine solide Zukunft sind meines Erachtens:
- der Wandel Helms vom reinen Handelshaus zum multifunktionalen Marketingunternehmen,
- das Ziel, in Produkten, Märkten und in der Qualität der Mitarbeiter führend zu sein,
- die Entscheidung, die „Produkte“ in den Mittelpunkt zu stellen, und nicht einen „full basket“ um jeden Preis anzubieten,
- die Risikoverteilung auf sechs unterschiedliche Geschäftsbereiche,
- die Absicherung der Lieferquellen durch Minderheitsbeteiligungen an Produktionsstätten,
- die finanzielle Unabhängigkeit durch hohe Eigenmittel,
- ein unabhängiges, solides und eigenwilliges Familienunternehmen.
Nicht jedes Unternehmen kann oder will die Schritte gehen, die Sie gewählt haben. Hierzu noch eine allgemeine Frage: Wie wird sich Ihrer Ansicht nach die Landschaft der Chemiedistributeure in den nächsten Jahren verändern?
Dieter Schnabel: Die Auswirkungen von Reach, dem 2006 verabschiedeten Gesetz über die Registrierung, Bewertung und Zulassung von chemischen Stoffen in der EU, werden in den kommenden Jahren erheblich sein. Helm stellt sich den neuen Herausforderungen durch konsequenten Ausbau des Know-hows bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Qualifiziertes Fachpersonal für diesen spezifischen Arbeitsbereich wurde bereits eingestellt, so dass wir Kunden und Lieferanten kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stellen können. Insgesamt erwarten wir hieraus eine Marktbereinigung, aus der wir voraussichtlich Vorteile ziehen können.