Exclusive Synthesis mit Präzision und Präsenz
Bernd Mucha, Leiter der Business Unit Exclusive Synthesis bei ESIM im Interview
Die Wurzeln von ESIM Chemicals reichen mehr als 80 Jahre zurück, doch der Name des Anbieters von Agrochemikalien, Zwischenprodukten und Maleinsäureanhydrid-Derivaten mit Sitz in Linz, Österreich, ist erst sieben Jahre alt. Das Unternehmen entstand 2014 nach der Fusion von DSM Pharmaceutical Products und Patheon und umfasst alle non-Pharmaaktivitäten der beiden Ursprungsfirmen. ESIM – die Abkürzung steht für Exclusive Synthesis and Intermediates – ist mit heute rund 500 Mitarbeitern seit 2018 im Besitz von Sun European Partners. Bernd Mucha trat zum 1. Juli 2020 in die Geschäftsleitung von ESIM Chemicals, Linz, Österreich, ein und übernahm die Leitung der Business Unit Exclusive Synthesis. Michael Reubold befragte ihn über die Pläne und Ziele zur Entwicklung des Bereichs.
CHEManager: Herr Mucha, erläutern Sie doch zur Einordnung bitte kurz die Struktur von ESIM und die Positionierung im Markt.
Bernd Mucha: ESIM Chemicals besteht heute aus den beiden unabhängig voneinander operierenden Geschäftseinheiten ‚Intermediates‘ und ‚Exclusive Synthesis‘. Durch ihr Erbgut blickt ESIM insgesamt auf weitreichende Erfahrungen in der Spezialitätenchemie zurück sowie auf eine langjährige Expertise als Custom-Manufacturing-Organisation mit der Business Unit Exclusive Synthesis, kurz ES.
Mit dem ‚Downsizing‘ von einem Produktionsstandort des Großkonzerns DSM zu einem mittelständischen Unternehmen mit circa 200 Mio. EUR Umsatz und circa 500 Mitarbeitern schaffte man eine klare und eigenständige Definition der Geschäftsausrichtung. Sowohl das Geschäftsverständnis als auch die dazu passenden Strukturen wurden angepasst und neu ausgerichtet, um unsere Fokusmärkte bestmöglich bedienen zu können.
Die Etablierung als eigenständige Marke ESIM im Markt benötigte natürlich einige Zeit, insbesondere nachdem andere Unternehmen – vornehmlich auch Abspaltungen aus Großunternehmen der europäischen Spezialitätenchemie – schon seit fast zwei Jahrzehnten im Custom-Manufacturing-Markt unterwegs waren.
Wie gelang es der Geschäftseinheit dennoch, sich in dem umkämpften Marktsegment zu etablieren?
B. Mucha: Um eine zukunftsorientierte und breite Angebotspalette interessierten Kunden in verschiedensten Märkten anbieten zu können, unternahm die Business Unit ES eine noch präzisere Ausrichtung im Bereich Custom Manufacturing. Die vorhandenen Technologien und Synthesemethoden ermöglichten es uns auch, Projekte aus für uns noch neuen Märkten zu realisieren. Um die sich verändernden Anfragen aus den diversen Märkten optimal begleiten zu können, wurden zusätzlich Investments in vielerlei Hinsicht durchgeführt. Neben Investitionen in infrastrukturverbessernde Maßnahmen wie Umweltschutz, Automatisierung und Digitalisierung haben insbesondere Investitionen in neue Anlagen und Technologien zur Verbreiterung des ES-Angebotsportfolios einen hohen Stellenwert.
„Die vorhandenen Technologien und Synthesemethoden ermöglichten es uns auch, Projekte aus für uns noch neuen Märkten zu realisieren.“
Wie hat Ihr neuer Eigentümer Sie dabei unterstützt?
B. Mucha: Bei den teilweise recht hohen Investitionssummen spielt natürlich auch der Investor, seit 2018 die Sun European Partners, eine entscheidende Rolle. Sun unterstützte das strategische Wachstum der ESIM von der ersten Minute an, und der Eigentümer ist auch bereit, hier weitere Schritte gemeinsam mit dem Management zu gehen.
Gerade kürzlich nahm ES eine neue Anlage für ein innovatives Produkt eines Kunden aus der Agrochemie erfolgreich in Betrieb. Dieses Projekt spiegelt die Investitionsbereitschaft unseres Investors für ertragreiche, neue Projekte eindrucksvoll wider.
Exklusivsynthese ist ein Kundengeschäft, da spielt auch die Organisationsstruktur eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit eine entscheidende Rolle für den Markterfolg. Wie sind Sie organisatorisch aufgestellt?
B. Mucha: Um noch wirkungsvoller am Projektmarkt Auftragssynthese auftreten zu können, führte die Business Unit ES Mitte des vergangenen Jahres eine neue Organisation ein, mit einem Schwerpunkt auf effiziente Projektmanagementprozesse. Der klare Fokus liegt hierbei darauf, Kundenanfragen so rasch wie möglich zu evaluieren und eine erste Kostenschätzung und in weiterer Folge ein detailliertes Angebot in gewohnt hoher technischer Qualität anzubieten. In den vergangenen Monaten seit Einführung dieses Prozesses konnte die Geschwindigkeitszunahme in der Angebotsbearbeitung schon mehrfach unter Beweis gestellt werden.
Das neugestaltete Projektmanagement soll auch dazu dienen, schneller als bisher Projekte mit einem weniger guten ‚Fit‘ im Sinne eines effizienteren Ressourceneinsatzes auszusortieren. Die Performance wird nun frühzeitig entlang unseres Prospect-to-Acceptance-Prozesses gemessen. Entsprechende Key-Performance-Indikatoren führte das Management zur kontinuierlichen Performance-Bewertung ein. Dadurch bemerkten wir in den vergangenen Monaten bereits eine deutliche Zunahme der Bearbeitungsgeschwindigkeit diverser Projekte – ein schöner Erfolg, in kurzer Zeit.
Unsere Kunden und Partner schätzen unser rasches Feedback und erfahren jetzt noch früher, ob das angefragte Projekt sowohl unter technologischen als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ein ‚Fit‘ sein kann. Bei der Ausbildung und Fortbildung unserer Mitarbeiter setzen wir daher zunehmend auch auf fundierte Projektmanagement-Kenntnisse.
Wo sehen Sie Ihre technologische Kernkompetenz und wie stellen Sie diese gegenüber Ihren Kunden heraus?
B. Mucha: Die Kernkompetenz der BU Exclusive Synthesis konzentriert sich auf die Herstellung chemischer Produkte für die Agro-, Food & Feed-, Personal Care- und weiterer chemischer Industrien und die kontinuierliche Verbesserung der Produktionsprozesse. In den folgenden Monaten wollen wir in vielen Bereichen präsenter am Markt auftreten. Dabei möchten wir vor allem noch deutlicher als bisher unsere Kompetenzen und unser Know-how zur Darstellung technisch anspruchsvoller, chemischer Produkte hervorheben, welche häufig Intermediate zur Weiterverarbeitung zu wertvollen chemischen Endprodukten sind. Um unsere Präsenz in diesen Zielmärkten deutlich auszubauen, eröffnen wir zusätzlich zu unserem Unternehmenssitz in Linz, Österreich, ein neues Projektbüro.
„Das persönliche Gespräch wird seine besondere, empathische Note nicht verlieren.“
Warum entschieden Sie sich für Frankfurt am Main als Standort, und warum gerade jetzt, wo pandemiebedingt Reisen eher schwierig sind und durch Online Meetings ersetzt werden?
B. Mucha: Als Ort für unser neu eröffnetes Projektbüro in Deutschland wählten wir einen zentralen geografischen Punkt, von dem aus viele, bereits mit uns kooperierende Unternehmen und potenzielle Neukunden gut zu erreichen sind. Frankfurt am Main bot sich durch seine extrem gute verkehrstechnische Anbindung zu wesentlichen regionalen wie internationalen Standorten in der chemischen Industrie perfekt an.
In Zeiten der Pandemie nahm der Kontakt mittels digitaler Medien zwar stark zu, doch das persönliche Gespräch wird seine besondere, empathische Note nicht verlieren. Wir sehen nicht den Wettbewerb zwischen persönlichem Kontakt und digitalisierter Kommunikation, sondern betrachten beide Kommunikationsweisen als sich gegenseitig ergänzend.
Welche Erwartungen – auch im Hinblick auf mögliches Wachstum – verbinden Sie mit dem neuen Standort?
B. Mucha: Die Projektmanagement-Teams sowohl in Linz als auch in Frankfurt setzen gemeinsam ein Ausrufezeichen im Markt für Custom-Manufacturing-Projekte und freuen sich auf neue intensive Projektentwicklungen, sowohl mit unseren langjährig bestehenden Partnerschaften als auch mit neuen Kunden.
Als Team-Lead und Key Account Director für unser neugegründetes Büro konnten wir mit Jochen Dittombée einen erfahrenen Chemiemanager gewinnen, der sowohl über profunde Markterfahrung im Custom-Manufacturing-Geschäft als auch in angrenzenden Bereichen verfügt. Insgesamt werden zunächst drei Projektmanager die Besatzung des Büros Frankfurt bilden.
Zwischen beiden Teams werden die Kunden-Accounts neu aufgeteilt, jedoch mit Augenmaß und ohne bestehende Beziehungen zu stören. Im Wesentlichen wird sich das Büro Frankfurt stärker auf Neukunden-Akquise konzentrieren und zur noch intensiveren Marktdurchdringung des Bereichs ES überproportional beitragen. Wir werden es aber tunlichst vermeiden, Barrieren zwischen beiden Teams entstehen zu lassen. Das zeigt sich schon daran, dass eine wechselseitige Durchmischung beider Teams durchaus gewünscht ist und vom Senior Management auch gefördert wird. Wir gehen davon aus, dass über das Büro Frankfurt ein zusätzliches Projektgeschäft von bis zu circa 10 % per anno Umsatz in den kommenden zwei Jahren generiert werden kann.
Fördert das derzeitige Marktumfeld Ihre Wachstumspläne? Wie beurteilen Sie die mittel- und langfristigen Geschäftsaussichten im Custom Manufacturing, insbesondere in den von ESIM bedienten Segmenten?
B. Mucha: Gerade in Zeiten der Pandemie mussten wir in vielen Industrien das Zusammenbrechen bisher leistungsfähiger und bis dato stabiler Lieferketten erfahren – selbst wir bei ESIM hatten mit diesem Phänomen zu tun. Störungen im Warenverkehr zwischen den Kontinenten können jedoch auch schon durch relativ kleinere Anlässe ausgelöst werden – hier denke ich insbesondere an die Auswirkungen der kürzlich passierten Schiffshavarie im Suez-Kanal. Diese Phänomene tragen dazu bei, dass eine regional europäische Chemieproduktion wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Auch in der chemischen Industrie beobachten wir ein Umdenken, darauf bereiten wir uns mit den bereits erwähnten entsprechenden Investitionen vor. Anspruchsvolle chemische Synthesen, zum Beispiel in der Agrochemie, erzeugen auch in der heutigen Zeit eine verstärkte Nachfrage nach kompetenten Synthese-, Produktionspartnern.