Logistik & Supply Chain

EU GDP Richtlinie: Eine längst (über-)fällige Anpassung

Anmerkungen zum Kapitel 9 „Transport“ im Entwurf der neuen EU GDP Richtlinie

18.01.2012 -

Kaum eine EU Richtlinie ist im Vorfeld so intensiv diskutiert worden, wie der Entwurf zur Good Distribution Practice (GDP). Die aktuelle Fassung war in die Jahre gekommen und mit den dreieinhalb Seiten wurde schon längst nicht mehr das abgedeckt, was einer heutigen, modernen, globalisierten Supply Chain angemessen ist. Mit der Neufassung soll diesem Tatbestand Rechnung getragen werden, im Sinne der Arzneimittelsicherheit, die eigentlich viel passender Patientensicherheit heißen müsste.

Wer aus einem GMP-regulierten Betrieb kommt, wird sich schnell in der Neufassung heimisch fühlen. Einige Aspekte im Bereich Transport werden für manchen eine Herausforderung darstellen, wie die 24 Frist für Zwischenlagerung oder Null-Frist für Kühlprodukte, die sonst eine Großhandelserlaubnis erforderlich macht. Auch CAPA, Risikomanagement, Kalibrierung und Rückführbarkeit auf Ausgangswerte, das gesamte komplexe Qualitätsmanagementsystem sind neben anderen Punkten eine Herausforderung, aber wie heißt es „man wächst mit seinen Aufgaben."

Transporttemperatur

In der noch gültigen EU-GDP Fassung befassen sich lediglich 2 Paragraphen mit dem Thema Transport, doch in der Entwurfsvorlage widmet sich Kapitel 9 nun umfassend dieser Thematik. Klare Grundannahme, wie für alle Prozesse, die Produktqualität darf nicht beeinträchtigt werden.
Der Entwurf sieht eine Gleichsetzung von Lager- und Transporttemperatur vor, ein Statement mit weitreichenden Konsequenzen.

So müssten dann konsequenterweise alle Arzneimittel mit der Lagertemperatur von +15° bis 25°C auch in diesem Temperaturfenster transportiert werden. Technisch ist die Einhaltung dieses Korridors mit aktiven Systemen kein Problem, mit passiven Thermoboxen allerdings schwieriger zu realisieren. Das dabei anfallende Frachtvolumen ist jedoch kaum mit den bisherigen Ressourcen zu bewältigen.

Weiterhin wird von dedizierten Fahrzeugen gesprochen. Bei nicht dedizierten Fahrzeugen wird ein umfänglicher Reinigungsplan gefordert, der Rückstände einer nicht Arzneimittelfracht (z.B. Blumen, Gemüse) beseitigt. Dies weicht die scharfe Forderung „einmal Pharmatransport, immer Pharmatransport" durch die Hintertür wieder auf. Was zwar dem Transportdienstleister entgegenkommt, aber in der Sache hinterfragt werden kann und muss.

Großhandelserlaubnis

Eine weitere grundlegende Änderung betrifft die Lagerfrist, die darüber entscheidet, ob eine Großhandelserlaubnis für das jeweilige Hub bzw. Lager erforderlich ist. Beträgt die Zwischenlagerung mehr als 24 Stunden, ist diese Erlaubnis erforderlich, bei Kühlprodukten sogar immer und sofort. Wie soll jetzt ein Unternehmen verfahren, das mehrere Lager im In- und Ausland unterhält? Oder wie verhält es sich mit den Zolllagern am Flughafen - unterliegen diese auch den vorgenannten Fristen?

Die Beantragung einer Großhandelserlaubnis ist in den unterschiedlichen EU-Ländern unterschiedlich geregelt. Die verantwortliche Person, die „responsible Person", sollte nach Vorstellung der EU über ein Pharmaziestudium verfügen, eine Anforderung, die in der Praxis nicht zu realisieren ist. Hinzu kommen die Präsenz und das Eingebundensein in die Prozesse vor Ort. Gerade kleinere Unternehmen oder Transportdienstleister werden dies nicht leisten können. In Deutschland reicht meist der Nachweis über einschlägige Berufserfahrung im Bereich Pharmalogistik und nachweisbare Kenntnisse der regulatorischen Anforderungen.

Lager und Hubs sollen vor Benutzung auditiert und abgenommen werden. Doch das Anforderungsprofil sowie die Inspektionstiefe bleiben weitgehend unpräzis. Der Transport soll ausschließlich mit validierten, qualifizierten Systemen erfolgen. Bei aktiven Temperiersystemen wird ein Temperatur-Mapping gefordert, das auch den saisonalen Unterschieden Rechnung trägt.

Doch saisonale Unterschiede sind kaum fassbar, eine Orientierung an gängigen Temperaturprofilen wie die der ISTA oder AFNOR wären hierbei sicherlich wünschenswert.

Fazit

Der Entwurf geht in die richtige Richtung. Nachbesserungen sind an etlichen Stellen erforderlich. Grundsätzlich stellt sich die Frage: Wer ist davon betroffen? Der Wholesaler, der Großhandel ganz klar, aber wie sieht es mit Dienstleistern aus, die Arbeiten im Auftrag durchführen, wie in Kapitel 7 beschrieben. Transportdienstleister „handeln" nicht mit Arzneimitteln, sie führen Transporte durch und lagern diese u.U.

Wäre es hier nicht erstrebenswert, eine Zwischenkategorie einzuführen in Analogie zum Logistic Service Provider, ein Pharma Logistic Service Provider? Dies letztendlich auch mit der Möglichkeit sich als PLSP zertifizieren zu können? Der Benefit für Pharmaunternehmen als Auftraggeber und Transportdienstleister als Auftragnehmer liegt auf der Hand.

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