Digitales Datenmanagement in der Prozessindustrie
Mit einer sicheren Cloud-Lösung einen zählbaren Mehrwert schaffen
Digitalisierung in der Prozessautomatisierung hat das Ziel, vor allem komplexe Problemstellungen auf einfache Art zu lösen. Manchmal macht es aber auch Sinn, sich vermeintlich einfachen Themen zu widmen, denn hier steckt ein großes, nicht direkt sichtbares Potenzial. Dies zeigt sich am Beispiel der Netilion Master Daten Integration in das SAP Business Network for Asset Management (ehemals SAP AIN). In industriellen Unternehmen verbleiben die Anlagendaten meist im jeweiligen ERP-System der Hersteller, Partner, Dienstleister und Endanwender. In den meisten Fällen bedeutet das, dass sich Mitarbeitende in zahlreiche herstellerspezifische Systeme einarbeiten müssen, um notwendige Informationen zu erlangen: Statistisch gesehen verbringen Mitarbeiter in Unternehmen bis zu 70 % der Arbeitszeit mit der Suche nach Informationen. Dies können einfache Informationen wie bspw. Betriebsanleitungen oder Zertifikate sein, oder aber auch operative Informationen wie die letzte gültige Parametrierung der jeweiligen Feldgeräte. Erfahrungswerte zeigen, dass Anwender mindestens 30 Minuten pro Woche nach gerätespezifischen Informationen suchen, bspw. auf der Homepage der Hersteller. Diese unproduktive Zeit zu reduzieren war und ist unter anderem das Ziel der Zusammenarbeit von Endress+Hauser mit dem Softwareunternehmen SAP sowie mit diversen Pilotkunden in Deutschland.
Auf dem Weg zu verbundenen Datenbanken
Dass Anwender ihre Daten in den bereits zum Einsatz kommenden Systemen integriert sehen wollen, hat Endress+Hauser schon früh erkannt und unterstützt: mit der Integration des Life-Cycle-Management-Systems W@M in SAP wurden hier die Anwenderanforderungen frühzeitig umgesetzt. Mit W@M war es möglich, direkt in SAP auf die Daten und Informationen zu den jeweiligen Feldgeräten zuzugreifen. Mit dem IIoT-Ökosystem Netilion geht Endress+Hauser hier noch weiter: war es beim W@M eher ein Absprung aus SAP zum Endress+Hauser-Portal und noch keine vollumfängliche Integration, so stehen heute nun Möglichkeiten zur Verfügung, die es in der Vergangenheit nicht gab. Mit der Erstellung eines sogenannten Master Data Connectors mit Netilion Connect im Hintergrund ist es erstmals möglich, Daten direkt aus Netilion mit den jeweiligen Datenbankfeldern von SAP auszutauschen.
Mehrwert bei Ersatzteilbestellungen und beim Anlagenbetrieb
Durch die Synchronisation der Datenbanken stehen dem Anwender nicht nur immer automatisch die neuesten Dokumente und Zertifikate zur Verfügung, sondern auch die Ersatzteilbestellung wird optimiert. Traditionell sucht das Instandhaltungspersonal auf der Seite des Geräteherstellers nach den Informationen zu den passenden Ersatzteilen – viele Anfragen erfolgen hier sogar auch noch telefonisch. Mit der Einführung des SAP Business Network for Asset Management ist es nun hingegen möglich, die korrekten Ersatzteile innerhalb von Sekunden zu identifizieren, da die Ersatzteileinformationen direkt bei jedem Gerät – bzw. bei dessen digitalen Zwilling in der Cloud – abgelegt werden. Dabei gehen die Funktionen des Systems sogar über ein reines Identifizieren der Ersatzteile oder Ersatzgeräte hinaus: direkt in SAP können – eine entsprechende Implementierung und Anbindung an das SAP-Systems des jeweiligen Herstellers vorausgesetzt – die Bestellungen ausgelöst werden. Das spart viel Zeit und minimiert das Risiko für fehlerhafte Bestellungen.
Auch während des Anlagenbetriebs spielt die Synchronisation der beiden Datenbanken ihre Stärken aus. Eine der aufwendigeren Aufgaben des Wartungs- und Instandhaltungspersonals ist die lückenlose Dokumentation bspw. von Konfigurationsänderungen bei den Feldgeräten oder auch die Dokumentation der Kalibrierungen. Hier wird häufig die Parametrierung ausgelesen und dann manuell dem jeweiligen Gerät zugeordnet. Mit dem Tablet-PC Field Xpert SMT70 (bzw. Field Xpert SMT77 für Ex-Anwendungen in Ex-Zone-1) von Endress+Hauser und dessen nativer Integration in Netilion geschieht der Upload und die Ablage der Dokumentationen beim jeweiligen Feldgerät komplett automatisiert. Sobald eine Parameteränderung erfasst wird und die Konfiguration im Feld auf dem Industrie-Tablet FieldXpert gespeichert wird, wird diese bei der nächsten Verbindung mit dem Internet via Netilion Library an das jeweilige Feldgerät angehängt. Dem Wartungstechniker wird damit der Aufwand der händischen Zuordnung abgenommen, was neben einer enormen Zeitersparnis auch das Risiko für fehlerhafte Zuordnung drastisch reduziert. Durch diesen vereinfachten Workflow stehen den Nutzern des SAP Business Network for Asset Management die Dokumentationen von Wartungs- und Kalibriereinsätzen in lückenloser Form zur Verfügung.
Elektronisches Handover der Projektdokumentation
Die Schnittstelle kann ebenfalls als Tool für ein komplett digitales Projekt-Handover verwendet werden. Derzeit werden häufig noch Excel-Listen während der Projektphase gepflegt. Sobald die Geräte final bestellt werden, wird die Dokumentation wahlweise in Papierform oder als elektronischer Download zur Verfügung gestellt. Auch muss der digitale Zwilling im Anwender-eigenen SAP-System noch manuell erstellt und mit Inhalt gefüllt werden. Hier kann die SAP Master Daten Integration den Workflow deutlich vereinfachen: Sobald die bestellten Feldgeräte die Herstellerwerke verlassen, wird ein digitaler Zwilling des Gerätes in Netilion erstellt, welcher vollumfänglich alle relevanten Dokumente zum jeweiligen Gerät enthält. Über die Schnittstelle werden diese Informationen dann in das Anwender-eigene SAP Business Network for Asset Management übermittelt. Dem Anwender stehen damit zu jedem Gerät und, wenn dies zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt ist, zu jeder Messstelle die notwendigen Asset-Informationen zur Verfügung.
Wie es weitergeht: Condition Monitoring und vorausschauende Wartung
Sind das Onboarding der Assets erledigt und die digitalen Zwillinge der Feldinstrumente erstellt, ist hiermit der Grundstein für weitere Use Cases gelegt, die zu den komplexeren Themen der Wartung gehören. Wird eine Verbindung vom SAP Business Network for Asset Management mit der installierten Basis via Edge Device erstellt, so können auf einfache Art und Weise die Zustände der Assets überwacht werden. Die im System verfügbaren Informationen können dann wiederum für zielgerichtete Wartungsmaßnahmen ohne Zeitverlust eingesetzt werden. Zukünftig wird der Fokus vom reinen Condition Monitoring der angeschlossenen Assets verstärkt auf die vorausschauende Wartung verlegt werden.
Fazit: Datenintegration schafft direkt Mehrwerte
Mit der SAP Master Data Integration ist es bereits heute möglich, die Gerätestammdaten der Anlagen-Assets in der Prozessindustrie schnell und unkompliziert in die SAP-Systeme der Anlagenbetreiber zu überspielen und den Anwendern direkte Mehrwerte zu erschließen. Wie oben aufgezeigt liegen diese z. B. in der besseren Verfügbarkeit von Asset-Informationen, in einem stark vereinfachten Ersatzteilemanagement, in einer lückenlosen, fehlerfreien und zeitsparenden Dokumentation sowie in Funktionen für komplexere Themen bei der Wartung und Instandhaltung – bis hin zum Condition Monitoring und perspektivisch zur Umsetzung von echter vorausschauender Wartung.
Neben SAP Business Network for Asset Management wurden von Endress+Hauser bereits auch andere Systeme auf ähnliche Weise angebunden. Generell bietet dies Art der Konnektivität einen Mehrwert für Anlagenbetreiber sowie für Anwender, denn sie sorgt dafür, dass die Systeme sich gegeneinander öffnen und Datenpotentiale nutzbar werden.
Autor: Steffen Ochsenreither, Business Development Manager IIoT/Industrie 4.0, Endress+Hauser
Unplanbares planbar machen
Der Nutzen ensteht in der Kombination
Daten sollten fließen wie Strom und der Nutzen entsteht aus der Kombination und richtigen Interpretation, war eine Kernaussage von Rolf Birkhofer, Managing Director, Endress+Hauser Digital Solutions, auf dem Fachpresseevent des Unternehmens im Oktober 2022. Ein Ziel der Datenerfassung ist es, Unplanbares planbar zu machen. Julia Greuter, Product Owner, stellte dazu jedoch fest, dass 97% der Daten aus dem Feld ungenutzt bleiben. Endress+Hauser bietet dazu die Cloud-Lösung Netilion an, die es ermöglicht nicht nur Geräte von Endress+Hauser, sondern auch anderer Anbieter zu integrieren. Allerdings entsteht der Datenwert erst aus der Kombination der Faktoren Datenvolumen, Datenqualität und Datennutzung, wie Tomothy Kaufmann, Chief Innovation & Sustainability Officer, SAP, betonte. Er bezeichnet aus IT-Sicht die gewonnenen Daten als Asset. Aus den Rohdaten werden Assets generiert und aus der Analyse zur Entscheidungsfindung, zur Automatisierung oder auch für andere digitale Dienste genutzt. In der Wertschöpfungskette der Daten definiert sich der Wert schließlich in Umsatz, Kostenreduktion und Risikominimierung. Anwendungen dazu finden sich beispielsweise in einer optimierten Instandhaltung, in der Material- und Wartungskosten reduziert werden können. Voraussetzung dafür ist, dass alle Beteiligten Zulieferer und Anwender sich auf eine gemeinsame Semantik und IT-Infrastruktur verständigen. Daran arbeiten mit Endress+Hauser über 100 Unternehmen zusammen in der Open Industry 4.0 Alliance.
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