Der lange Weg von der Idee zum Unternehmen
Achema-Gründerpreis 2018, Ausschreibung läuft
Kennen Sie Friedrich Engelhorn? 1821 geboren, war er zunächst Goldschmied von Beruf. 1848 gründete er mit zwei Partnern ein Gaswerk. Bei der Suche nach einer Verwendungsmöglichkeit für den Steinkohlenteer, der bei der Gasherstellung anfiel, stieß er auf die Anilin-Synthese. Am Ende einiger weiterer unternehmerischer Schritte stand 1865 die Gründung der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik.
Heinrich Emanuel Merck war ein experimentierfreudiger Apotheker, der seit 1827 selbst isolierte Wirkstoffe vertrieb. Carl von Linde gründete 1879 mit einigen Partnern die Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen Aktiengesellschaft. Werner Siemens entwickelte in seiner kleinen 1847 gegründeten Firma Zeigertelegrafen, Eisenbahnläutwerke, Drahtisolierungen und Wassermesser.
In der heutigen Welt von Konzernen, internationalen Holdings und Aktiengesellschaften übersieht man leicht, dass im wahrsten Sinne des Wortes jeder mal klein angefangen hat. Die Reihe der Unternehmerpersönlichkeiten vermittelt einen ersten Eindruck, was dazugehört: Neugier, eine gute Idee, Flexibilität, Beharrlichkeit, die Bereitschaft zu Umwegen und der langfristige Wille zum Erfolg. Ein Umfeld, das einer solchen Entwicklung Raum gibt – auch finanziell- , und ganz sicher eine ordentliche Portion Glück.
Dass eine Gründung eine gute Idee braucht, gilt auch heute noch. Doch nur 49 % aller Gründer wurden 2015 von davon getrieben, eine neue Geschäftsidee umzusetzen, stellt die KfW in ihrem Gründungsmonitor fest. Noch schwieriger wird es, wenn es größere Investitionen notwendig sind oder das neue Unternehmen gar produzieren soll; 69 % aller Gründungen in Deutschland liegen im Dienstleistungsbereich, weitere 12 % im Handel.
Die Zahlen stützen, was die chemische Community schon seit längerem mit Sorge beobachtet:
Zwar ist die chemische Industrie Innovationsmotor für zahlreiche andere Branchen, vom Fahrzeugbau über Verpackungen bis hin zu Lebensmitteln, Unterhaltungselektronik oder Sportartikeln. Innovationen in Chemie, Verfahrenstechnik und Biotechnologie können Technologien und Produkte auf breiter Ebene grundlegend verbessern. Doch die Zahl der Firmenneugründungen in diesen Bereichen ist niedrig. Am ehesten wagen junge Unternehmer den Sprung in die Selbstständigkeit noch im Bereich der Entwicklung von Pharmazeutika oder in der Auftragsentwicklung. Neue chemische Prozesse oder Produkte der industriellen Biotechnologie dagegen tragen die größte Hürde schon in sich: Der Übergang vom kleinen Start-up, das mit Eigenmitteln und öffentlicher Unterstützung noch zu stemmen ist, zur großvolumigen Industrieproduktion ist aus eigener Kraft kaum zu schaffen. Ein hoher Finanzbedarf in einem vergleichsweise frühen Stadium und mit langen Entwicklungszeiten macht es schwer, Investoren zu finden. Und jenseits aller Sachargumente: Das kulturelle Umfeld für Gründungen ist nicht einfach. Gerade, wer als junger Wissenschaftler von der Universität kommt und die Wahl zwischen der sicheren und gut bezahlten Stelle im Konzern oder der Unsicherheit und langfristig unklaren Perspektive einer Gründung hat, entscheidet sich schnell für den „etablierten“ Weg. Auch für potentielle Unternehmensgründer aus der Industrie ist der Weg in die Selbständigkeit oft wegen des hohen finanziellen Risikos unattraktiv. Zumal Gründung – und vor allem ein mögliches Scheitern – in Deutschland immer noch eher kritisch gesehen wird.
Der Achema-Gründerpreis, der zur Achema 2018 zum zweiten Mal ausgeschrieben ist, will ein Mutmacher sein. Er adressiert alle Ebenen, die bei einer Gründung Hürden darstellen können und bietet auch potentiellen Gründern eine Chance, die noch keinen ausgearbeiteten Businessplan haben:
Das Gespräch mit erfahrenen Mentoren hilft, Fehler zu vermeiden, Lücken zu erkennen, und es bietet Sicherheit beim weiteren Vorantreiben der eigenen Geschäftsidee. Der frühzeitige Kontakt zu Investoren zeigt, wo im Geschäftsmodell noch Fragen offen sind, und führt im günstigen Fall lange vor der Preisverleihung zu einer Finanzierungszusage. Die hohe Sichtbarkeit und die Möglichkeit, internationale Kontakte zu potenziellen Kooperationspartnern und Kunden zu knüpfen, erweitert die Möglichkeiten zum Geschäftsauf- und –ausbau und kann Türen öffnen, die sonst nur mit viel Klinkenputzen zugänglich sind. Und nicht zuletzt rückt der Achema-Gründerpreis mutige Gründer aus Wissenschaft und Technik ins Rampenlicht als Inspiration für die vielen kreativen Köpfe in den Labors und Technika der Republik.