Chemie-Tarifrunde 2019: Chemiegewerkschaft fordert umfangreiches Zukunftspaket und mehr Geld
16.09.2019 -
Als Maßnahmenpaket für eine gute Zukunft bezeichnet die IG BCE ihre Forderungsempfehlung für die von September an bevorstehende Chemie-Tarifrunde für die 580.000 Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. „Wir gehen in dieser Tarifrunde die großen Herausforderungen moderner Industriegesellschaften an: Arbeitsbelastung, Digitalisierung, Demografie“, verspricht Ralf Sikorski. Es sind Themen, die vielen Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie auf den Nägeln brennen. Denn der mit Arbeitsverdichtung und neuen Herausforderungen einhergehende technologische und demografische Wandel haben über Jahre dazu geführt, dass die Belastung für das Gros der Beschäftigten stetig gestiegen ist, mitunter bis zum Anschlag.
Diese Herausforderungen will die IG BCE mit Nachdruck angehen. Entlastung, Sicherheit im Alter, Qualifizierung, dazu spürbare Lohnsteigerungen – das sind die Kernelemente eines umfangreichen Zukunftspakets, das die IG BCE in der kommenden Tarifrunde durchsetzen will. Es umfasst die Einrichtung eines individuellen Zukunftskontos, eine Weiterbildungsoffensive zur Begleitung des digitalen Wandels und - gewerkschafts- und branchenübergreifend ein Novum - die bundesweit erste tarifliche Pflegezusatzversicherung. Die entsprechende Forderungsempfehlung für die Tarifrunde 2019 hat der Hauptvorstand der IG BCE einstimmig beschlossen und unter das Motto "Es wird Zeit!" gestellt.
Im Einzelnen sieht die Forderungsempfehlung vor:
• Die Schaffung eines tariflich abgesicherten, persönlichen Zukunftskontos in Höhe von jährlich 1000 EUR, über das jeder Beschäftigte individuell verfügen kann: ob zur Umwandlung in zusätzliche freie Tage oder zum Ansparen auf einem Langzeitkonto – etwa, um in bestimmten Lebensphasen eine längere Auszeit nehmen zu können. Denkbar ist auch die Nutzung des Betrags zur Altersvorsorge oder die direkte Auszahlung. Der Betrag ist tarifdynamisch zu gestalten. Wir wollen die Option „Geld in Zeit“ mit einer maximalen Entscheidungsfreiheit für den Einzelnen verbinden.
• Eine reale Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen. Die Beschäftigten verdienen ein spürbares Plus. Denn Auslastung, Beschäftigungs- und Auftragslage liegen trotz konjunktureller Eintrübung weiterhin auf hohem Niveau.
• Die Einführung der bundesweit ersten tariflichen Pflegezusatzversicherung, die bei Eintritt des Pflegefalls die Finanzierungslücke zur gesetzlichen Vorsorge schließt. In einer älter werdenden Gesellschaft steigt von Jahr zu Jahr das Pflegerisiko – und die Ungewissheit, ob man sich die Unterstützung im Fall der Fälle überhaupt leisten kann. Diese tarifpolitische Innovation soll unser Sicherheitsversprechen an die Beschäftigten sein. Für die Branche bietet sie gleichzeitig ein Alleinstellungsmerkmal, ein Plus an Attraktivität im Werben um Fachkräfte.
• Eine Qualifizierungsoffensive zur Begleitung des digitalen Wandels. Dabei sollen Betriebsräten und Vertrauensleuten besondere Kompetenzen zukommen, damit passgenaue, praxisgerechte Weiterbildungskonzepte entwickelt werden können. Denn sie kennen die Arbeitssituation der Kollegen, ihre Anforderungen und Wünsche am besten.
Die Laufzeit ist abhängig vom Gesamtpaket. Die Forderungsempfehlung des Hauptvorstands bildet den Beginn der Tarifbewegung in der Chemieindustrie und die Grundlage für die nun folgenden Diskussionen in den Vertrauensleutegremien und Tarifkommissionen der IG BCE. Am 19. September beschließt die Bundestarifkommission die endgültigen Forderungen, am 30. September starten die Gespräche zwischen IG BCE und Arbeitgebern in den regionalen Tarifbereichen. Am 21. Oktober wechseln beide Seiten zu zentralen Verhandlungen auf die Bundesebene.
In der zurückliegenden Tarifrunde hatten sich IG BCE und Arbeitgeberverband BAVC darauf verständigt, Fragen rund um Arbeitszeitsouveränität und Qualifizierung in einer "Roadmap Arbeit 4.0" zu sondieren. Mit der Forderungsempfehlung formuliert die IG BCE nun konkrete Maßnahmen für ihre Umsetzung.