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Auftragsmangel sorgt für gedrosselte Chemieproduktion

Chemieverband fordert deutsche Wirtschaftspolitik mit Fokus auf Wachstum, Transformation und Resilienz

15.03.2024 - Ein ernüchterndes Schlussquartal hat die Jahresbilanz 2023 der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie noch schlechter ausfallen lassen, als zum Jahresende hin eh schon befürchtet.

Die Produktion ging im Vergleich zum Vorquartal nochmals um 2,3 % zurück. Betrachtet man das Gesamtjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr, ging die Produktion um 7,9 % zurück und der Umsatz sank um 12,2 % auf insgesamt 229,3 Mrd. EUR.

Besonders die fehlenden Aufträge als Folge der schwachen Industriekonjunktur in Europa und der intensive Wettbewerb führten im 4. Quartal zu weiteren Umsatzrückgängen im In- und Ausland. Weitere Produktionsdrosselungen waren die Folge. Die Kapazitäten der Branche waren mit 77,2 % nicht ausgelastet, was viele Produktionsanlagen für die Betreiber unrentabel macht. Als Folge legten einzelne Unternehmen ganze Produktionsanlagen still.

Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) kommentierte die aktuelle Situation Mitte März beim Presseabend in Frankfurt: „Das Jahr 2023 hat auf der ganzen Linie enttäuscht. Und die guten Nachrichten für den Standort Deutschland bleiben auch weiterhin rar gesät. Nicht nur die chemisch-pharmazeutische Industrie, sondern die gesamte heimische Wirtschaft leidet weiterhin unter der schleppenden Konjunktur und den strukturellen Problemen.“

Einziger Lichtblick: Die Zahl der Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie blieb mit rund 477.000 Beschäftigten stabil. Dies dürfte sich jedoch bald ändern, da sich Meldungen über Stellenabbaupläne, insbesondere bei Großkonzernen häufen. Bereits jetzt sei laut dem VCI eine Verschiebung – Stellenabbau in Chemie-, Stellenaufbau in Pharmaunternehmen – zu erkennen.

Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der VCI mit einer auf niedrigem Niveau stagnierenden Produktion. Bei rückläufigen Preisen wird der Branchenumsatz in diesem Jahr voraussichtlich um weitere 3,5 % sinken.

Trotz erster, vorsichtig positiver Signale – seit Februar berichten einzelne Unternehmen von einer leicht verbesserten Auftragslage – ist aus Sicht des VCI noch keine konjunkturelle Trendwende erkennbar. Die Lage auf den Energie- und Rohstoffmärkten bleibt angespannt. Der anhaltende Auftragsmangel in Verbindung mit den hohen Produktionskosten am Standort Deutschland belastet weiterhin die Geschäfte.

Der deutschen Wirtschaft macht nicht nur die schwache Konjunktur weiterhin zu schaffen, sondern vor allem die Wettbewerbsnachteile am Standort Deutschland. Und letztere werden im Aufschwung nicht von allein verschwinden, so Große Entrup. „Die deutsche Wirtschaft braucht dringend ein Comeback. Dazu ist eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik nötig, die den Fokus auf Wachstum, Transformation und Resilienz legt. Wir müssen an die Ursachen der Standortschwäche ran und nicht deren Symptome mit viel Geld kurieren“, sagte Große Entrup.

Der Verband fordert die Bundesregierung auf, den wirtschaftspolitischen Kompass neu auszurichten. „Wir leben von der Substanz. Zukunft findet woanders statt“, mahnte der VCI-Hauptgeschäftsführer, und ergänzte: „Die Investitionsbereitschaft am Standort Deutschland sinkt. Die Deindustrialisierung ist jetzt reale Gefahr!“.

Die Bundesregierung müsse mit ihrer Politik wieder berechenbar werden und zu ihren Entscheidungen stehen. Unternehmen brauchen den Glauben an dauerhaft bezahlbare Energiepreise, smarte Regulierung, vernünftige Unternehmenssteuern und Luft zum Atmen bei Bürokratie und Genehmigungsverfahren.

Klarheit, Berechenbarkeit und Vertrauen seien auch auf europäischer Ebene dringend erforderlich. Einen Lichtblick, so Große Entrup, gebe die Antwerpener Erklärung (vgl. Seite 17), die einen 10-Punkte-Plan für einen Industrial Deal umfasst, den Wirtschaft und Politik im Februar gemeinsam auf den Weg gebracht haben. „Wir stehen zum Green Deal, aber dieser muss durch den Industrial Deal unterstützt werden“, sagte er. Der Green Deal könne nur mit einem klaren Bekenntnis zur Industrie funktionieren.

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