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Altmaier warnt vor Billionen-Kosten der Energiewende

21.02.2013 -

Im Ringen um eine Strompreisbremse macht Bundesumweltminister Peter Altmaier Druck auf die Opposition. Ohne Gegensteuern kletterten die Kosten für die Energiewende in den nächsten 25 Jahren auf rund 1 Bio. €, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Der Löwenanteil davon entfalle auf die Hilfen für Ökostrom. Die Strompreisbremse der Regierung könne dagegen rund 300 Mrd. € einsparen. Altmaier will die Kosten für die Verbraucher mit Einschnitten bei der Ökostrom-Förderung und einer stärkeren Beteiligung der Industrie an den Kosten der Energiewende reduzieren. Dafür braucht er aber noch vor der Bundestagswahl die Hilfe von SPD und Grünen im Bundesrat. Während die Industrie vor Mehrbelastungen warnte, reagieren Privathaushalte auf die Preiserhöhungen nach neuen Daten mit Energiesparen.

Rund 680 Mrd. € für die Ökostromförderung
"Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben", sagte Altmaier. "Wir haben aber die Möglichkeit, diese Kosten so zu begrenzen, dass sie für die Menschen erträglich und bezahlbar bleiben." Geschehe nichts, drohe der Aufwand aus dem Ruder zu laufen. Die garantierten Strom-Einspeisevergütungen für die Betreiber von Windrädern oder Solaranlagen hätten sich schon bis 2012 bereits auf 67 Mrd. € summiert. Da die Vergütungen für 20 Jahre festgelegt sind, seien bis 2022 weitere 250 Mrd. € schon klar. Da auch neue Anlagen gebaut würden, könnten noch einmal 360 Mrd. € dazu kommen, sagte der Minister. Die übrigen gut 300 Mrd. € entfielen etwa auf den Ausbau der Stromnetze.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin spottete daraufhin über "Märchenpeters Rechenkünste". Würden die Grünen ihre Sparvorschläge für die Energiewende wie Altmaier auf 30 Jahre hochrechnen, kämen sie auf 600 Mrd. €. Die Einsparungen durch den Ersatz des Imports fossiler Brennstoffe durch Erneuerbare Energien beliefen sich dann sogar auf 16,5 Bio. €. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) nannte Altmaiers Zahlen ebenfalls unrealistisch, der Minister sei offenbar im Wahlkampfmodus.

Die Ökostrom-Förderung wird durch eine Umlage auf der Stromrechnung der Verbraucher bezahlt. Diese war für 2013 auf knapp 5,3 Cent pro Kilowattstunde gestiegen, was für einen Durchschnittshaushalt im Jahr Kosten von rund 200 € entspricht. Im Schnitt stiegen die Stromkosten um 12%.

Einer Umfrage des Energie-Anbieters "Lichtblick" zufolge wollen darauf drei Viertel aller Deutschen mit Stromsparen reagieren. Vor allem wollten sie Lampen und andere elektrische Geräte regelmäßiger abschalten. 60% der Befragten dächten auch über den Kauf effizienterer Geräte nach. Der Agentur für Erneuerbare Energien zufolge sind die Preise für Haushaltsenergie (Strom und Wärme) um 5,8% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dabei machten Heizöl und Gas den größten Anteil am Kostenblock aus. Der Brennstoff-Verbrauch sank 2011 im Vergleich zu 2010 aber um rund ein Zehntel, was die Agentur auf modernere Heizungen und bessere Dämmung zurückführte.

Industrie: Strompreisbremse bedeutet Kostenschock
Während die Privathaushalte die Umlage für den Ökostrom voll zahlen müssen, sind große Stromverbraucher der Industrie weitgehend befreit. Die Bundesregierung will diese aber nun stärker an den Kosten der Energiewende beteiligen, die Zahl der Ausnahmen begrenzen und Mindestbeiträge erhöhen. Die Energieintensiven Industrien Deutschlands (EID), ein Zusammenschluss von Branchen wie Chemie, Stahl oder Glas, warnten vor einer Gefahr für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Zwar seien die Strompreise an den Börsen durch die verstärkte Einspeisung von Ökostrom gesunken, im Vergleich zu anderen Ländern seien sie jedoch weiter hoch. "Der aktuelle Vorschlag ist keine Strompreisbremse, sondern ein weiterer Kostenschock für die energieintensiven Industrien", sagte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Er warnte zudem vor einer Reform des Handels mit Kohlendioxid (CO2)-Verschmutzungsrechten, die den Strom weiter verteuern würden.

Altmaier will wie die EU-Kommission eine Verknappung der Rechte, um deren Preise zu stabilisieren und den Klimaschutz zu fördern. Wirtschaftsminister Philipp Rösler ist aber dagegen. Altmaier verwies darauf, dass 2012 der Ausstoß klimaschädlicher Gase erstmals seit Jahren wieder gestiegen sei. Als Grund gilt neben eines strengeren Winters, dass Kohlekraftwerke länger laufen, da die teureren aber emissionsärmeren Gaskraftwerke aus dem Markt gedrückt werden. Deutschland hat seine im Klimavertrag von Kyoto festgelegten Ziele schon übererfüllt. Der Preisverfall mindert aber auch die Einnahmen des Bundes aus dem Handel, mit dem Projekte der Energiewende finanziert werden sollen.