Achema-Trend Teil 3: Pumpen - E-Solutions sind interaktionsfähig
14.06.2012 -
CITplus - Pumpen und Kompressoren verbrauchen einen Großteil der elektrischen Energie zum Betrieb einer verfahrenstechnischen Anlage. In dieser Ausgabe stellt CITplus den Beitrag vor, den Pumpen leisten können, wenn es um Energiersparnis geht.
Man hat sich mittlerweile daran gewöhnt, dass vielen Dingen ‚Intelligenz‘ zugesprochen wird; wir kennen intelligente Pumpen und smarte Regelungen - sogar mitdenkende Werkstoffe wurden schon gesichtet. Hinter dem Begriff der ‚Energie-Intelligenz‘ steckt eine deutlich rationalere Bedeutung: Bezeichnet wird damit die zielgerichtete Auswahl und Kombination energieeffizienter Maßnahmen und Komponenten. Und dafür ist durchaus ein gerüttelt Maß an menschlicher Intelligenz vonnöten.
Wie identifiziert man Energieeinspar-Potenziale? Ein schneller Ansatz besteht darin, eine einzelne Komponente (Pumpe, Armatur, Wärmeübertrager, Kompressor) oder einen definierten Teil einer Anlage (Druckluftversorgung, Kühlwasserbereitstellung) unter die Lupe zu nehmen und zu optimieren. Das ist für viele Betreiber sicher ein wichtiger erster Schritt, wie auch eine Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zeigt: Demnach zählen Strömungsmaschinen wie Pumpen, Ventilatoren und Druckluft-Kompressoren zu den besonders ‚energiehungrigen‘ Komponenten einer Anlage.
Wesentlich aufwändiger ist es, eine Anlage als Ganzes zu betrachten und als System zu optimieren. Dieser Systemansatz bietet aber als Belohnung auch die größten Energieeinsparungen. Nicht zuletzt profitiert der Betreiber in vielen Fällen quasi als ‚Zusatz-Bonbon‘ von stabileren Prozessen und Produktqualitäten.
Ein Viertel des weltweit erzeugten Stroms für Pumpenbetrieb
Realistische Schätzungen (Motor Challenge Programm; Hydraulic Institute) gehen davon aus, dass zwischen 20 und 25 % des weltweit erzeugten Stroms von Pumpen verbraucht werden. Und wiederum ein Viertel davon fällt in Anlagen der Prozess- und Verfahrenstechnik an. Allein in der chemischen Industrie Deutschlands sind geschätzt 490.000 Pumpen installiert.
Der überwiegende Teil aller in Betrieb befindlichen Pumpensysteme ist mit Kreiselpumpen ausgerüstet. Weltweit wird dieser Anteil auf ca. 73 % geschätzt, branchenspezifisch (z. B. in der chemischen Industrie) kann der Anteil durchaus auch bei 85-90 % liegen.
Die beste Energienutzung verspricht eine punktgenaue Auslegung der Pumpe und die hydraulisch optimierte Anordnung in der Anlage. Auch eine kontinuierliche Wartung bietet Einsparpotenzial, nimmt doch bei allen Aggregaten durch Abnutzung bzw. Alterung der Wirkungsgrad ab. In Rohrleitungen nimmt der Leitungswiderstand durch Korrosion und Ablagerungen zu. Armaturen werden undicht, was zu Druckverlusten im System führt. Dadurch können Pumpen bei schlechter Wartung nach Angaben der Forschungsstelle Energieeffizienz bis zu 15 % ihres Wirkungsgrades einbüßen.
Im Vergleich zu Kreiselpumpen glänzen Prozess-Membranpumpen in der Praxis oft mit einem doppelt so hohen Wirkungsgrad. Doch wird der theoretisch erreichbare Wirkungsgrad auch bei Verdrängerpumpen insbesondere aufgrund von Reibungsverlusten nicht immer realisiert.
Für Reibverluste verantwortlich sind das Getriebe (5-40 %), die Kolbenpackung (1 bis 20 %), die Lager (je nach Ölniveau bis 3 %), die Pantschwirkung (bis 3 %) und die Hydraulik (2 bis x %). Als Lösungen bieten sich an:
Einsatz effizienterer Getriebe wie Zahnradgetriebe oder Riemengetriebe
Eine günstigere Lagereffizienz (keine Dichtscheiben, Mindestmengenschmierung, optimale Viskosität)
Gegen Pantschverluste eine Mindestmengenschmierung mit geringstmöglicher Viskosität
Wahl möglichst kurzer Dichtungen mit kleinen Dichtflächen.
Und wer die Pulsation bei einer Verdrängerpumpe erfolgreich in den Griff bekommt, reduziert den Verlust um mehr als 1 %. Denn eine pulsierende Strömung erzeugt unter Normalbedingungen mehr Druckverlust. Kontinuierliche Strömung spart Energie und schont alle Anlagenkomponenten.
ErP-Richtlinie sichert Mindest-Effizienz-Standards
Gemäß der Europäischen Ökodesign-Richtlinie (ErP) müssen Hersteller die Energieeffizienz ihrer Technik über den gesamten Lebenszyklus verbessern und die Umweltbelastung reduzieren. Das gilt natürlich auch für Pumpen.
Nahezu alle Motoren im Leistungsbereich von 0,75-375 kW fallen unter die Motorenrichtlinie (EG640/2009), die wie folgt aussieht:
- Schritt 1: Seit dem 16. Juni 2011 müssen alle Motoren die IE2-Norm erfüllen.
- Schritt 2: Ab dem 1. Januar 2015 müssen alle Elektromotoren von 7,5-375 kW entweder die IE3-Norm oder die IE2-Norm unter Verwendung eines Frequenzumrichters (FU) erfüllen.
- Schritt 3: Ab 2017 müssen alle Elektromotoren von 0,75 bis 375 kW entweder die IE3-Norm oder die IE2-Norm unter Verwendung eines Frequenzumrichters erfüllen.
In den USA gelten solche Mindest-Effizienz-Standards bereits seit Jahren, der Anteil an installierten Hocheffizienzmotoren (IE2) ist deutlich höher als in Deutschland/€pa.
Die ErP-Richtlinie basiert auf der einfach nachvollziehbaren Erkenntnis, dass nicht benötigte Energie die ökologisch wie ökonomisch beste Lösung ist. Im Kontext dazu zeigt eine Studie der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF) und des Wuppertal Instituts: Durch Stromeinsparungen in Unternehmen und Haushalten lässt sich auf die Jahresproduktion von zehn Kernkraftwerken verzichten.
Die schon immer empfohlenen Details einer guten Pumpenauslegung (Arbeitspunkt nahe dem optimalen Betriebspunkt der Pumpe, hydraulisch korrekte Dimensionierung der Rohrleitungen) und die heute verfügbaren Technologien zur Energieeinsparung (effiziente Motoren, Frequenzumformer zur Drehzahlregelung, wirkungsgradoptimierte Hydraulik, Reduktion der Verluste in den Wicklungen und in den Lagern) müssen zum Erreichen dieses Zieles aber sehr konsequent umgesetzt bzw. genutzt werden.
Die Forschungsstelle Energieeffizienz hat dazu 2009 einige Zahlen ermittelt: Die Investitionskosten setzen sich aus den Kosten des Frequenzumrichters in Höhe von 100 bis 200 €/kW Pumpenleistung und den Installationskosten von etwa 2000 € je Pumpeneinheit zusammen (die Kosten sind als Richtwerte zu betrachten).
Auch die Laufradanpassung ist eine Möglichkeit, die Leistung einer Kreiselpumpe anlagenspezifisch zu optimieren. Das verringert die Leistungsaufnahme der Pumpe. Das Einsparpotenzial liegt je nach Reduzierung der Pumpen- und Motorleistung zwischen 10 und 40 %. Das Anpassen kostet je nach Laufradgröße bis zu 1.000 €.
Interaktionsfähige E-Pumpen
Der Einsatz drehzahlregelbarer Antriebe kann nicht nur Energie und Kosten einsparen, sondern macht die Pumpe zudem interaktionsfähig. Eine mit Sensoren und mikroelektronischen Bauteilen bestückte Pumpe steht dann als Aktor zur Verfügung, kann sozusagen „handelnd" auftreten und den Prozessverlauf mitbestimmen.
Über die kommunikationsfähige, parametrierbare Pumpe wird beispielsweise sichergestellt, dass ein Medium mit dem gewünschten Druck oder dem erforderlichen Volumenstrom zu einem bestimmten Zeitpunkt im Reaktor zur Verfügung steht. Oder dass zwei Komponenten exakt vermischt zu richtigen Zeit präzise zudosiert werden.
Im Vergleich zu mechanischen Regelkonzepten wie dem Drosseln lässt sich die Durchflussmenge mit einem drehzahlvariablen Antrieb wesentlich genauer steuern - bei kürzeren Reaktionszeiten. Die E-Pumpe passt also bei Bedarfsschwankungen die Fördermenge wesentlich schneller und exakter dem aktuellen Bedarf an. Drehzahlregelbare Pumpen arbeiten deshalb nicht nur energieeffizienter, sie helfen auch, Prozesse zu stabilisieren.
Hemmnisse überwinden
Es stellt sich die Frage, wieso Betreiber nicht alle genannten Optimierungsmöglichkeiten bereits umsetzen. Es gibt diverse Erklärungsansätze dafür:
- Entscheidung nach Amortisationszeit: Viele Unternehmen geben für alle Investitionen eine maximale Amortisationszeit von zwei bis drei Jahren vor. Die Amortisationszeit ist aber im Grunde ein reines Maß für das Risiko einer Maßnahme, ermöglicht jedoch keine Aussage über die Rentabilität. Dafür muss die Kapitalwertmethode herangezogen werden.
- Fehlendes technisches Grundverständnis: Der Energieverantwortliche kann die Berechnungen nicht so aufbereiten, dass sie von Entscheidern ohne technisches Grundverständnis verstanden werden.
- Sparzwang: Investitionen, die nicht unbedingt notwendig sind, werden abgelehnt.
- Fehlendes Personal: Energieeinsparpotenziale sind bekannt, jedoch fehlt die Zeit zur genaueren Betrachtung und Umsetzung.
- Investition nur bei Defekt: Häufig wird nur bei einem Anlagenausfall über eine Reinvestition nachgedacht. Dann muss die neue Anlage schnell verfügbar und möglichst billig sein. Lebenszykluskosten werden nicht betrachtet.
- Mangelnde Aufschlüsselung der Kostenstellen: Viele Unternehmen kennen nur ihren gesamten Energieverbrauch, der Energieverbrauch in den einzelnen Anlagen wird nicht erfasst. Auch die Personalkosten für Wartung alter Anlagen werden häufig nicht anlagenbezogen ermittelt. Ohne Kenntnis des Energieverbrauchs und der Personalkosten der aktuellen Anlagen können ineffiziente Anlagen nicht erkannt werden, eine Anlagenoptimierung ist nicht wirtschaftlich darstellbar.
Dieser Beitrag beruht auf einem Trendberichte zur Achema, den die Dechema von internationalen Fachjournalisten zusammenstellen lässt.