Anlagenbau & Prozesstechnik

80 GHz-Radar-Füllstandmessung von LNG und LPG

Kälte-unempfindliche Füllstandsensoren für LNG-Container-, Kreuzfahrtschiffe und Fähren

05.06.2023 - LNG und LPG gehören zu den Schweröl-Alternativen in der Schifffahrt. Um den Tank-Füllstand in LNG-Container-, Kreuzfahrtschiffe und Fähren zu messen, sind besonders kälte-unempfindliche Füllstandsensoren mit 80 GHz-Radar-Messtechnik geeignet.

LNG und LPG gehören zu den vielversprechenden Quellen für eine emissionsärmere Mobilität der Zukunft: als Schweröl-Alternative auf den Weltmeeren ebenso wie anstelle von Diesel auf unseren Straßen. Wenn dieser Tage vermehrt LNG-Container-, Kreuzfahrtschiffe und Fähren vom Stapel laufen, dann gehen besonders kälte-unempfindliche Füllstandsensoren mit auf große Fahrt.

Flüssiggas boomt – allen voran in der Schifffahrt. Denn dort ist es nicht nur die bislang unerreichte Größe, die die neue Generation an Container- und Kreuzfahrtschiffen außergewöhnlich macht. Bemerkenswert sind auch die neuen Antriebskonzepte der Branche. Denn ein Teil von ihnen quert die Weltmeere heute mit Erdgas. Aber nicht nur Schiffsbetreiber erkennen die ökologischen und zunehmend auch ökonomischen Vorteile von Liquefied Natural Gas (LNG) und Liquefied Petroleum Gas (LPG) gegenüber konventionellen Treibstoffen. Auch für Lkw-Flotten wird Flüssiggas attraktiver. Durch Abkühlen auf minus 162 °C verflüssigt, erreicht die Dichte von LNG stattliche 450 kg/m³: Das ist 600-mal mehr, als zuvor in ursprünglicher Form. Jedoch ist das Volumen um das 600-fache reduziert. Mit einem LNG-Schiff lässt sich deutlich mehr Energie von A nach B transportieren als mit einem vergleichbaren Öltanker.

Sicherheit an erster Stelle

Beim Umgang mit verflüssigten Gasen steht Sicherheit an erster Stelle. Der Stoff ist nicht nur tiefkalt, sondern brennbar und explosiv. Automatisierungssysteme spielen daher bei Lagerung, Lieferung und Einsatz an den Abfüllanlagen eine besondere Rolle. Gelieferte Sensordaten wiederum bilden die Basis für deren Qualität und Zuverlässigkeit. Ihre Auswertung hilft, potenzielle Risiken zu reduzieren. Sie schaffen Sicherheit und stehen daneben zur Verfügung, um Prozesse optimal auszulasten und um Zeit sowie Kosten zu reduzieren.

Im Einsatz auf See und bei der Regasifizierung sind es nicht nur die extremen Temperaturen, die den Messgeräten einiges abverlangen. Die Produkte der Petrochemie sind durch die Bank schwierig zu messen und zeichnen sich durch kleine Dielektrizitätskonstanten (DK) aus. Je kleiner der DK-Wert, desto anspruchsvoller wird die exakte Radarmessung. Die Füllstand- und Druckmesstechnik, die hier sicheren und zuverlässigen Durchblick verschafft, muss daher gleich unter mehreren Aspekten bestens gewappnet sein.

Mechanisch entkoppelt

80 GHz-Radarsensoren vom Typ Vegapuls 6X eignen sich zur berührungslosen Messung, da sie den Füllstand unabhängig von Temperatur, Druck und Dichte erfassen. Vom Gehäusekopf bis hin zur Messzelle sind sie robust gefertigt und bis ins letzte Detail hochwertig ausgestattet. Kernstück ist ihr Metallaufbau aus beständigem Edelstahl, der die empfindliche Elektronik im Gehäuseinneren thermisch entkoppelt. Aufgrund der sichereren Abschirmung vom Prozess ermöglicht der Sensor einen Einsatz bis zu Prozesstemperaturen von -196 °C. Das besonders geschützte Gehäuse sowie die frontbündige Antennenabdeckung aus PTFE eignen sich neben kryogenen Anwendungen auch für sicheres Messen in aggressiven Medien, seien es Säuren, Laugen oder abrasive Medien.

Dynamik in Sicht  

Einen Unterschied macht auch die gute Dynamik des hochfrequenten Radarsensors. Weil verflüssigte Gase aufgrund ihrer kleinen DK-Zahlen die ausgehenden Sendesignale nur sehr schwach reflektieren, müssen sie in der Lage sein, auch kleinste Reflexionen zuverlässig zu erfassen. Mit 120 dB gelingt den 80 GHz-Radarsensoren von Vega dies besonders sicher, da sie über einen hohen Dynamikbereich verfügen. Dies gilt speziell für Messungen von Kohlenwasserstoffen. Praktisch alle Medien in der Petrochemie, von Rohöl bis hin zu tiefkalten Flüssiggasen, messen sie trotz deren geringen Reflexionseigenschaften mit hoher Zuverlässigkeit.

Fokussiert bis auf den Behälterboden

Kryobehälter sind zumeist gut isoliert. Typisch für Flüssiggasanwendungen ist die Vorgabe, dass Sensoren über eine Armatur vom Prozess trennbar sein müssen, ohne dass hierfür der Prozess unterbrochen werden muss. Gerade auf Flüssiggastanks an Land ist diese Anforderung Pflicht. Für Radarfüllmessgeräte bedeutet das, dass sie montiert auf Kugelhähnen eingesetzt werden. Zur den Stärken des Vegapuls 6X zählt seine Fokussierung. So ist der Einfluss auch durch Kugelhähne deutlich geringer. Er verursacht keinerlei Störreflexionen. Sicher misst der 80 GHz-Radarsensor die exakte Füllhöhe auch vorbei an Behältereinbauten und ist dabei sogar unempfindlich gegen Kondensat und Anhaftungen.

Im Kielwasser

Den weltweit boomenden LNG-Anwendungen kann der Hersteller heute mit ausgereifter Mess-Technologie für kryogene Anwendungen begegnen. Sowohl für die Förderung, das Verarbeiten als auch für Lagerung und Lieferung von LNG und LPG bieten der Radarsensor ein hohes Maß an Sicherheit. So fußt nicht zuletzt ihr robuster Aufbau auf Erfahrungen mit der Vorgängergeneration an Radarsensoren. Über 10 Jahre lang meisterte diese im Frequenzbereich von 26 GHz schwierige Prozessbedingungen auf hoher See. Mit neuer 80 GHz-Technologie konnte jedoch eine weitere Technologiestufe erreicht werden. Der neue Radarsensor kompensiert niedrige Dielektrizitätszahlen so zuverlässig, dass auch im maritimen Einsatz auf DK-Wert-Tabellen endgültig verzichtet werden kann.

Umfassendes Sicherheitskonzept

In puncto Sicherheit wartet der Füllstand­sensor mit entscheidenden technischen Neuerungen auf: Er ist mit einem umfassenden Sicherheitskonzept ausgestattet. Seine funktionale Sicherheit ist gewährleistet, indem er die Anforderungen des korrespondierenden Integrity Level erfüllt. Der zertifizierte Sensor weist außergewöhnliche SIL-Kennzahlen auf und bietet die notwendige Betriebssicherheit, um Risiken in sicherheitsgerichteten Anwendungen zu minimieren. Ein weiterer Fokus liegt auf der immer bedeutender werdenden Cybersecurity. Hier erfüllt der Vegapuls 6X konform nach IEC 61511 die strengsten Anforderungen an sichere Kommunikation und auch Zugangskontrolle. Er gewährleistet damit ganzheitliche Sicherheit von Prozess und Leitsystem.
Wichtiger dritter Punkt seiner umfassenden Sicherheitsausstattung ist ein System zur Selbstdiagnose. Es erkennt lückenlos, ob die sichere Funktion des Sensors beeinträchtigt wurde und leistet einen wesentlichen Beitrag zur höheren Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit des Sensors.

Zentral über diesen wichtigen Eigenschaften steht ein neuer Radar-Chip – in zweiter Generation direkt aus dem Hause Vega. Weil am Markt kein Chip verfügbar war, der alle Anforderungen erfüllt hätte, machte sich das Forschungs- und Entwicklungs-Team an die Arbeit, diesen selbst von Grund auf zu designen. „Das Ergebnis fasst ziemlich komplett unsere Radarerfahrung aus drei Jahrzehnten zusammen“ lobt Vega-Produktmanager Jürgen Skowaisa das Ergebnis. „In diesem Umfang und seiner Funktionalität ist der Chip weltweit eine Besonderheit.“ Es zeichnen ihn sein geringer Energieverbrauch, seine hohe Empfindlichkeit, die skalierbare Architektur und universelle Einsetzbarkeit aus. Ganz ohne zusätzliches Kabel lassen sich das Antennensystem und der Chip direkt miteinander verbinden.

Eine Branche steuert um

Noch ist Flüssiggas als Schiffstreibstoff eine Nische. Auf See fahren die Containerriesen in der Mehrheit nach wie vor mit einer Mischung aus Schwer- und Dieselöl, weil das Umrüsten auf LNG teuer wäre. Doch die Gesetzgebung wird strenger, und LNG gilt in der Transportbranche als Sprit der Zukunft. Mit einem Reigen an Vorteilen: Vom Feinstaub, der gegen Null geht, bis hin zu erheblich geringerer Emission von Treibhausgasen. Im Havariefall schädigen weder LNG noch LPG die Wasserqualität der Meere, noch sind sie giftig für Wasserorganismen. Wird es kritisch, dann besteht, solange keine Funke in der Nähe ist, die große Chance, dass sich die Gase einfach verflüchtigen und verdunsten.

Auch auf See sind für den sicheren Betrieb von Prozessen einige Messwerte bedeutender als andere – zumal, wenn es sich um eiskalte und auch brennbare Transportgüter handelt. Gerade bei der Verbesserung der Betriebssicherheit der kritischen Anlagen eines Schiffes gewinnen die kontinuierliche Messung von Füllständen und Prozessdrücken sowie die Überwachung mehrerer Stufen des Verflüssigungsprozesses an Bedeutung. Anwendungen in jedwedem Tank gewinnen auf dieser Grundlage an Effizienz und werden sicherer. Denn Sicherheit ist auch auf See kein konservierbarer Zustand, sondern bleibt ein kontinuierlicher Prozess.

Fazit

Quasi durch die Bank weisen die Produkte der Petrochemie besonders kleine Dielektrizitätszahlen auf und sind schon deshalb eine Herausforderungen für die Füllstandmesstechnik. Die Vega-Radarsensor messen hochfokussiert und berührungslos. Aufgrund ihrer Temperaturentkopplung vom Prozess bleiben sie selbst bei extremen Prozesstemperaturen bis -196 °C sicher und zuverlässig. Die Messergebnisse werden weder von Vereisung noch von Kondensatbildung am Antennensystem beeinträchtigt. Das besonders geschützte Gehäuse und die frontbündige Antennenabdeckung aus PTFE ist nicht nur optimal für kryogenen Anwendungen sondern erlaubt auch das Messen von Säuren, Laugen oder abrasive Medien. Vom Gehäusekopf bis zur Messzelle sind die Sensoren robust ausgelegt. Ihr Kernstück ist ein Metallaufbau aus beständigem Edelstahl, das für eine sichere Entkopplung der empfindliche Elektronik im Sensorgehäuse sorgt. Die Vegapuls 6X sind mit einem Sicherheitspaket ausgestattet und weisen neben SIL auch die strenge Zertifizierung für Cybersecurity nach der IEC 62334 auf. Sie messen mit einem besonders hohen Dynamikbereich und erfassen dadurch auch kleinste Signale, so dass auch Medien mit schlechten Reflexionseigenschaften zuverlässig erfasst werden.

Autorin: Claudia Homburg, Marketing, Vega Grieshaber

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LNG und LPG
Zwei der bekanntesten Flüssiggase sind LNG (liquefied natural gas) und LPG (liquefied petroleum gas).
LNG ist eine farblose und geruchlose Flüssigkeit, die aus Erdgas gewonnen wird. Es entsteht durch die Abkühlung von Erdgas auf etwa -162 °C, wodurch es in flüssiger Form vorliegt und sein Volumen um das 600-fache reduziert wird. Dies ermöglicht den kosteneffizienten Transport und die Lagerung von Erdgas. LNG besteht zu 98 % aus Methan.
LPG ist eine Mischung aus Propan und Butan und ist bereits bei normaler Umgebungstemperatur und einem Druck von 2 bis 8 bar flüssig. Es wird aus fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas gewonnen.
LNG wird hauptsächlich für den Transport und die Speicherung von Erdgas verwendet, während LPG in Heizungs-, Koch-, Autogas- und industriellen Anwendungen eingesetzt wird.

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