4PL-Dienstleister bringt Transportlogistik und chemische Industrie zusammen
Interview mit Kirry Mukherji, Log4Chem
Eine sehr komplexe Aufgabe in der Industrie ist der Transport flüssiger Chemikalien. Viel Erfahrung und Spezialistentum verlangen die Handhabungs- und Sicherheitsanforderungen für chemische Produkte. Welche Vorteile bringt einem Verlader die Übertragung der Transportkoordination auf einen in diesem Bereich spezialisierten 4PL-Dienstleister? Zu den Herausforderungen und Besonderheiten, die einen 4PL-Dienstleister in der chemischen Branche bewegen, befragte Sonja Andres, CHEManager, den Geschäftsführer der Log4Chem, Kirry Mukherji.
CHEManager: Herr Mukherji, worin bestehen im Transport von flüssigen Chemikalien die besonderen Herausforderungen?
Kirry Mukherji: Die chemische Industrie in Europa unterliegt vielen Gesetzen und ist stark kontrolliert; nicht ohne Grund hat sie das beste Sicherheitsranking in der Welt. Darüber hinaus gibt es Peaks in den Produktionen, die zwingend beseitigt werden müssen, sowie kurzfristige Änderungen der Sendungsströme. Dies stellt große Herausforderungen an die Logistik dar und bedarf eines maßgeschneiderten Transportequipments und spezialisierter Fachkräfte.
Auf der anderen Seite wurde in die Logistikinfrastruktur nicht genug investiert. Inzwischen hat jeder ein Bewusstsein für den Fahrermangel und fehlenden Ausbau des Schienennetzes in Europa. Dieser Engpass wird noch Jahre andauern.
Diese Anforderungen und damit Herausforderungen der chemischen Industrie und der Transportlogistik haben wir verstanden. Wir schaffen jeden Tag Lösungen, die zu beiden Welten passen.
Chemieunternehmen sind im Allgemeinen eher zurückhaltend, wenn es um die komplette Auslagerung von Logistikdienstleistungen geht, da Kontrollverluste sowie zusätzlich höhere Kosten befürchtet werden. Welche Vorteile kann dennoch gerade im Chemiebusiness die Abwicklung über einen 4PL-Dienstleister bieten?
K. Mukherji: Genau das ist der Vorteil unseres Businessmodells, unserem Kunden nicht die Kontrolle wegzunehmen, sondern mit vollem Einblick zu ergänzen. Dies macht uns im 4PL Geschäft der chemischen Industrie einzigartig. Technologie wird erwachsen; Informationen werden in der Cloud gespeichert und sind für alle Stakeholder zur gleichen Zeit zugänglich – Beschleunigung der Kommunikation ohne Umwege mit gemeinsamen Zugang.
Höhere Kosten muss unser Kunde nicht befürchten. Wir können sogar beweisen, dass wir durch unsere Verbesserungen mehr Einsparungen liefern als Kosten zu produzieren.
In Gesprächen mit unseren Kunden stellen wir fest, dass sich nach wie vor ein veraltetes Bild eines 4PL-Dienstleisters hält und es hier noch einiger Aufklärungsarbeit bedarf.
Log4Chem wurde im Rahmen eines Joint-Ventures der Logistikunternehmen Bertschi, Hoyer und VTG als unabhängiges Dienstleistungsunternehmen gegründet, speziell auch um die Lieferkette im Bereich der Chemielogistik effizienter zu machen. Wie sehen Sie die Entwicklung von Log4Chem in Bezug auf diesen Aspekt „Effizienz“?
K. Mukherji: Zu Beginn noch skeptisch beäugt konnten wir uns gegenüber den Transportdienstleistern beweisen, indem wir auch ihnen einen Mehrwert in Form einer gesteigerten Effizienz und Reduktion von operativen Kosten boten.
Von Beginn an war das Geschäftsmodell von Log4Chem darauf ausgerichtet, die Transportflüsse zwischen den Transportdienstleistern je nach Auslastung auszubalancieren. Was den Dienstleistern untereinander nicht möglich ist, übernehmen wir als neutraler Partner.
Zum Beispiel sind die Dienstleister in der Lage, mit unserem dynamischen Preis- und Allokationsmodell pro Relation die Sendungen auf das eigene Geschäft maßzuschneidern. Dies führt zu einer erhöhten Flexibilität, da nicht erst der nächste Tender abgewartet werden muss. Demnach senken wir neben dem Risiko auch die Kosten und erhöhen gleichzeitig die Effizienz und Flexibilität aller Beteiligten.
In Zeiten diverser existierender digitaler Plattformen für die Transportlogistik – wie beurteilen Sie generell die Notwendigkeit, Chemietransporte über einen 4PL-Dienstleister abzuwickeln?
K. Mukherji: Unsere Arbeitsweise und unser Service entwickeln sich zusammen mit den Neuerungen auf dem Markt. Nur mit immer besseren und marktfähigen Technologien können wir das volle Potenzial einer Lieferkette ausschöpfen. Wir nutzen digitale Plattformen, die frei für den Markt zur Verfügung stehen. Jedoch haben unsere Kunden durch Log4Chem die Möglichkeit, eigene und langandauernde Systemimplementierungen zu umgehen.
Unser langfristiger Mehrwert ist eine Kombination aus modernster digitaler Technologie und der Erfahrung, diese in richtiger Weise zu nutzen. Es sind aufregende Zeiten. Die Digitalisierung generiert viele neue Daten. Wir sind in der Lage, diese Daten zu verstehen und in optimierte Prozesse umzuwandeln. Damit bilden wir die Grundlage für bedeutsame Managemententscheidungen.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Portfolio?
K. Mukherji: Die Anforderungen an Nachhaltigkeit sind gleichbedeutend mit den Anforderungen an Sicherheit und Qualität (SQAS). Es ist keine separate Funktion oder Abteilung, sondern eine Arbeitsweise, die von der gesamten Organisation gelebt werden muss. Wir sind von der Einstellung unserer Kunden hinsichtlich der Nachhaltigkeit in ihrer Produktionsumgebung überzeugt und es ist in unserer Verantwortung, diesem Ansatz nicht nur zu folgen, sondern ihn zu erweitern. Die Effizienz und die Einsparungen, die wir in unserem eigenen Fachbereich erzielen, ergänzen die Nachhaltigkeitsinitiativen unserer Kunden.
Hierzu möchte ich nochmals auf das Thema Effizienz eingehen: Wir können für uns in Anspruch nehmen, dass wir durch die intelligente Zuweisung von Sendungen an die optimalen Spediteure einen signifikanten Beitrag zur Reduzierung der Leerkilometer leisten.
Beobachten Sie regionale Unterschiede in der Nutzung Ihrer Leistungen? Falls ja, worauf führen Sie dies zurück?
K. Mukherji: Wir spüren die Unterschiede weniger in der Regionalität, sondern mehr in der Kultur der Unternehmen. Traditionelle Unternehmen, die bisher wenige Tätigkeiten auslagern, sind in den Gesprächen generell zurückhaltender. Den Einstieg haben wir meist, indem wir klein starten, eine Beziehung aufbauen und uns durch unsere Leistung beweisen. Dadurch können wir die Zusammenarbeit nachhaltig ausbauen. Wir verkaufen kein Produkt von der Stange, sondern eine individuell auf die Bedürfnisse des Kunden maßgeschneiderte Lösung.
Die Digitalisierung arbeitet hier auch zu unserem Vorteil, denn sie zwingt selbst traditionelle Verlader zu mehr Zusammenarbeit. Das bedeutet eine Veränderung der Kultur.
Zwischenzeitlich arbeitet Log4Chem mit dem US-amerikanischen 4PL-Dienstleister CLX Logistics zusammen. Worin sehen Sie die Vorteile dieser Kooperation für Ihre Kunden aus der chemischen Industrie?
K. Mukherji: Wir konnten im vergangenen Jahr unsere Partnerschaft mit CLX Logistics ausbauen. CLX ist einer der marktführenden 4PL-Dienstleister in den USA und ist in Europa mit einem Standort vertreten, der den Fokus auf Benchmarking legt.
Unser Vorteil ist, dass wir aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung in Europa Synergieeffekte nutzen können, ohne in Konkurrenz zu treten. Wir bauen unsere Reichweite aus und können nun auch die amerikanischen Kontinente mit CLX besser erreichen. Zwischen Europa und Amerika wird es immer Unterschiede in der Arbeitsweise geben. Die Zusammenarbeit ermöglicht es uns daher, regional zu bleiben und uns zusätzlich global auszurichten. Diese Kombination vereint das Beste aus beiden Welten.