2018: Enttäuschendes Geschäftsjahr für Lacke & Farben-Industrie
Bürokratie und rigide Chemiegesetzgebung gefährden wirtschaftliche Entwicklung
Der neue Präsident des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VDL), Peter Jansen, präsentierte bei der Wirtschaftspressekonferenz durchwachsene Zahlen für die rund 200 Mitgliedsunternehmen. Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sieht sich die Branche 2019 vor großen Herausforderungen. „Anspannung hat hier Besorgnis Platz gemacht. Wir können allenfalls auf eine Seitwärtsbewegung hoffen“, prognostiziert Jansen.
Hinter der deutschen Farbenindustrie liegt ein enttäuschendes Geschäftsjahr. In der Bilanz für 2018 zeigt sich die große Bandbreite der überwiegend mittelständisch geprägten Branche, deren Segmente sich in der wirtschaftlichen Entwicklung unterscheiden.
Bei den Industrielacken gab es 2018 einen teilweise starken Rückgang. Auffällig ist die negative Entwicklung bei den Autoserienlacken, die in der Menge stark ins Gewicht fallen. Die rückläufige Autoproduktion schlug unmittelbar mit einem Mengen-Minus von 8,7 % auf die Lackproduzenten durch.
Autoreparaturlacke sind im Verbrauch um 1 % gewachsen, im Wert sogar um 3 %. Der Korrosionsschutz kann sich mit 0,7 % Wachstum ebenfalls knapp im positiven Bereich halten Holz- und Möbellacke verzeichneten ein geringes Minus. Die übrigen industriellen Sektoren wie z.B. die Elektroindustrie, der Maschinenbau oder Metallerzeugnisse liefen hingegen noch recht gut.
Bei den Bautenfarben sank die Nachfrage insgesamt um rund 1,5 % auf 847.000 t, besonders die Menge verkaufter Lacke und Lasuren ging um 3,8 % zurück.
Negativ schlossen auch die Druckfarben ab. Ein überraschender Rückgang beim Verpackungsdruck verstärkte die Negativentwicklung beim Publikationsdruck und führt zu einem Gesamt-Minus im Verbrauch von 5,2 % auf 257.000 t bei einem Umsatz von 684 Mio. EUR.
Import und Export 2018 verharrten fast unverändert: Der Export verbuchte im Wert ein leichtes Plus von 1,5 % auf 3,7 Mrd. EUR, der Import wuchs um 2,3 % auf 1,1 Mrd. EUR für Farben, Lacke und Druckfarben.
2019 – Kaum Aussichten auf eine Verbesserung
Für den industriellen Sektor zeichnet sich keine Erholung des Automobilbereichs ab. Der Druckfarbenmarkt wird bei Publikationen wegen der fortschreitenden Digitalisierung bedingt weiter schrumpfen. Eine leichte Konsolidierung könnte es allenfalls im Verpackungsmarkt geben. Auf der Rohstoffseite belasten weiterhin Lieferengpässe zum Beispiel bei Photoinitiatoren das Geschäft. Insgesamt rechnet der Verband in diesem Segment mit einem Rückgang von 3,5 %.
Auch der Absatz im wichtigen Bautenfarbenmarkt stottert: Die Hersteller von Bautenanstrichmitteln rechnen mit einem Minus von über 2 %. Insgesamt hat der Markt seit 2010 gut 10 % an Menge verloren. Dieser Trend wird 2019 anhalten und sich erst in den folgenden Jahren abflachen. Gründe dafür sind vor allem ein verändertes Freizeitverhalten, die aktuelle Vollbeschäftigung und verlängerte Renovierungszyklen. Zudem führen höhere Produktqualitäten zusätzlich zu einem niedrigeren Verbrauch.
Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen
Teure Tarifabschlüsse und hohe Rohstoffpreise verstärken die negative Prognose für 2019. Noch gar nicht absehbar ist die Entwicklung beim Weißpigment Titandioxid. Eine politische und bürokratische Posse, die die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten deutschen Industrie beeinflussen kann.
Ein für die Farbenindustrie starker Hemmschuh ist die immer stärker ins Wirtschaftsleben eingreifende Bürokratie. Regularien, Vorschriften und Auflagen für Gebinde, Stoffe und Kennzeichnungen schränken den Bewegungsraum der Unternehmen zunehmend ein. Bürokratielasten und -kosten zwingen die Unternehmen zu ausufernden Organisationen und immer weiter steigenden Personalkosten.
Kein Thema hält die Lack- und Farbenindustrie so in Atem wie der Fall Titandioxid. Seit 2016 treibt die Branche die Sorge um, dass eine Einstufung des weit verbreiteten Weißpigments Titandioxid als Gefahrstoff ein für Farben, Lacke und Druckfarben unersetzlicher Rohstoff aus politischen Gründen an den Pranger stellt. Zwei Tage vor der vermutlich entscheidenden Abstimmung im REACh-Regelungsausschuss am 14. Februar, ist offen, ob der Kommissionsvorschlag die notwendige qualifizierte Mehrheit erreicht oder ob sich genug Mitgliedstaaten finden, um eine Sperrminorität zu bilden.
Eine Einstufung von Titandioxid hätte weitreichende und erhebliche unerwünschte Folgen: So müsste bspw. jeder Abfall mit einem Titandioxidgehalt von 1% oder mehr als "gefährlicher Abfall" behandelt werden. Dies gilt für eine Vielzahl von Abfallströmen, wie z.B. Kunststoffabfälle, Bauschutt wie alte Fensterrahmen, Tapeten- und Farbreste, hochwertige Papiere, Möbel, Keramik, Medikamente etc. Für solche Abfallströme würde eine Einstufung die Möglichkeiten des Recyclings drastisch reduzieren und die Kosten für Wirtschaft und Verbraucher erhöhen.
"Wir appellieren an die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten, vor einer endgültigen Entscheidung über eine Einstufung die wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu analysieren – was bisher noch nicht geschehen ist. Außerdem sollte die Kommission den Mut aufbringen, offen die Frage zu diskutieren, welchen Nutzen eine Einstufung und Kennzeichnung für die Gesundheit hätte", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie, Martin Engelmann.