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Weltweite Standards im Chemikalienrecht?

Kurzinterview mit Robert Feierl rund um REACH und Biozid-Produkte

23.09.2010 -

Die Chemieindustrie ist international einer Vielzahl an Regularien unterworfen. Welche Herausforderungen stellen die unterschiedlichen Initiativen zur Produktverantwortung an die Unternehmen? Dr. Andrea Gruß befragte Robert Feierl, REACh-Experte und Organisator internationaler Seminare und Kongresse rund um REACh und Biozid-Produkte, die bereits seit dem Jahr 1996 alle Themen rund um das Chemikalienrecht und den Handel mit Chemikalien aufgreifen.

CHEManager: Bis zum 1. Dezember 2010 müssen alle Stoffe mit mehr als 1.000 t/a Produktions- oder Importmenge bei der ECHA registriert werden. Was ist zu tun?

R. Feierl: Die genannte Frist gilt im Übrigen auch für all jene Stoffe, die gemäß der Gefahrstoffkennzeichnung mit R 50/53 eingestuft sind ab einer Menge von 100 t/a und jene mit CMR Eigenschaften ab 1 t/a. Wichtig ist, dass die Unternehmen bis Dezember nicht nur die Registrierungsunterlagen erstellt, sondern diese auch durch den Flaschenhals, das IT-System „REACh-IT" der ECHA, gebracht und die Registriernummer erhalten haben. Gerade bei gemeinsamen Einreichungen wird es hierfür sicherlich zeitlich sehr eng werden.
Auch nach Abschluss des Registrierungsverfahrens wird da noch über mehrere Monate eine intensive Kommunikation mit der ECHA notwendig sein. Und auf einige Unternehmen wartet schon der nächste große Arbeitsblock: Denn ab März/April 2011 wird es verstärkt zu Rückfragen der ECHA kommen. Sie wird auf die Testvorschläge zu Anhang IX und X antworten und es werden sich erste Konsequenzen aus der Neubewertung der übermittelten Daten für einzelne Stoffe ergeben.

Über REACH hinaus ist die Chemieindustrie international weiteren Regularien zur Produktverantwortung unterworfen. Welche Entwicklungen beobachten Sie? Vor welchen Herausforderungen stehen die Unternehmen?

R. Feierl: Harmonisierend wirkt, dass immer mehr inhaltliche Vorgaben in Brüssel formuliert werden. Zur Umsetzung auf nationaler Ebene bedarf es dann oft nur noch verwaltungsorganisatorischer bzw. sanktions-technischer Begleitmaßnahmen.
International sind derzeit für die Chemieindustrie neben REACh weitere Hürden parallel zu überwinden. So wird die USA in den nächsten Monaten TSCA (Toxic Substances Control Act) überarbeiten, wobei die Details hier noch nicht bekannt sind. Auch GHS verlangt kurzfristig viel Einsatz der Unternehmen, sei es bei der Umstufung von Stoffen nach den neuen Einstufungskriterien bis zum 1. Dezember oder für die Meldung in das Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis. Hier ist die Deadline der 3. Januar 2011.
Auch auf der Biozid-Produkte-Front der EU wird das Regime überarbeitet. Mehr Initiativen wie derzeit von der OECD Task Force on Biocides, die die Harmonisierung der Test-Methoden innerhalb der OECD-Staaten begonnen hat, um Duplizierungen zu vermeiden, wären begrüßenswert. Denn die Vielzahl paralleler, bürokratischer Anforderungen bringt besonders die KMU in Bedrängnis.

Insbesondere der Trend zur „defacto Regulierung" bereitet mir große Sorgen. Diverse Gremien formulieren Bedingungen, - genau genommen ohne Rechtsverbindlichkeit - die dann zur Erfüllung der REACh-Verpflichtungen verlangt werden, sie heißen dann Leitfäden oder Business-Rules. Mit der Verwaltung auf Grundlage der Gesetze (Legalitätsprinzip) oder der ordentlichen Kundmachung (Publizitätsprizip) einer ordentlichen Rechtsordnung hat dies nur noch rudimentär zu tun. Ob sich dieser Trend wieder umkehrt bzw. welche Konsequenzen noch daraus folgen werden, hängt nicht zuletzt davon ab, wie diese „defacto Regulierungen" vollzogen werden. All diese Herausforderungen waren auch Anlass, dass wir mit verschieden Ministerien und Interessenvertretern qualifizierte Schulungs- und Informationsangebote entwickelt haben, um Orientierungshilfen, insbesondere für KMU, anzubieten.

Wie ist es um die internationale Harmonisierung des Chemikalienrechts bestellt? Kann das Projekt SAICM (Strategic Approach to International Chemicals Management) dazu beitragen?

R. Feierl: Das Konzept SAICM wurde als politisches Instrument beim Johannesburger Implementierungsplan des Weltgipfels für Nachhaltigkeit beschlossen. Es verlangt eine Reduzierung möglicher negativer Auswirkungen von Chemikalien bis zum Jahr 2020. Als freiwilliges Konzept sollte es Ziel von SAICM sein, sich über konkrete Inhalte und erzielte Ergebnisse rasch Akzeptanz zu verschaffen. Dabei wird auch entscheidend sein, wie verschiedene gleich gelagerte Industrieinitiativen, wie beispielsweise die Globale Produktverantwortung (GPS) oder SUSCHEM eingebunden werden können. Gelingt dies rasch, kann SAICM sicherlich einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Harmonisierung leisten. Große Hoffnungen setze ich hierbei auf die Industrieinitiative GPS. Ausgehend von Elementen des - gerade in unseren Breiten stark gelebten - Responsible Care Konzepts sollen weltweit vergleichbare Sicherheitsstandards für Produktion und Handhabung von Chemikalien etabliert werden. Die Synergien mit REACh und GHS liegen hier auf der Hand. 

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Feierl Herzele GmbH

2361 Laxenburg
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