Nachlese zum 7. VIP 3000 Symposium 2014
26.11.2014 -
Am 7. Symposium des Vereins Interessengemeinschaft Pharmabau 3000 e. V. (VIP 3000) trafen sich am 25. und 26. September Planer, Ausrüster, Unternehmer und Zulieferer aus der Pharmaindustrie und benachbarten Disziplinen in den Räumen der Frankfurter Niederlassung der Imtech Deutschland GmbH und Co. KG - und alle hatten das gleiche Ziel: „Keep it simple!" Dieses Thema stand im Mittelpunkt des Pharmabau-Flashmobs 2014.
Das Motto des VIP 3000-Symposiums lautete „Keep it simple!". Die Veranstaltung zeigte neue Wege im Pharmabau auf und bot Perspektiven zur Vereinfachung, ohne den Qualitätsanspruch zu verlieren. Ziel der Aktion: Die Zukunft einfacher machen, Trends besprechen, Erfahrungen austauschen, Experten kennenlernen und das Wissen erweitern. Die Veranstaltung diente dem Zweck, bei Expertenvorträgen und im Erfahrungsaustausch neue Wege zu finden, die die anspruchsvollen Projekte für Reinraum und Pharmabau vereinfachen. Organisiert war die Veranstaltung nach Art eines Flashmobs, eines Blitzauflaufs, der als ein geplantes Zusammentreffen von vielen Menschen zur Durchführung einer ungewöhnlichen Veranstaltung bekannt ist. In diesem Fall engagierten sie sich für bestimmte Themen der Veranstaltung, die Weiterentwicklung von Reinraum und Pharmabau und entwickelten in Teamveranstaltungen gezielte Lösungsansätze dazu.
Motto: Keep it simple!
Die Welt wird immer komplexer. Fast täglich spürt man in der Reinraumbranche, wie die Spannungen im Dreieck von Qualität, Kosten und Zeit größer werden. Keep it simple! zeigt neue Wege und Perspektiven zur Vereinfachung auf - ohne den Anspruch zu verlieren. Die Veranstalter stellten eine Plattform zum Austausch bereit, in der Branchenkenner von den Erfahrungen der Experten profitieren konnten. Angesprochen werden sollten insbesondere Fachleute aus der Pharmaindustrie und ihren benachbarten Disziplinen, die sich für die Weiterentwicklung von Reinraum und Pharmabau engagieren.
Ralf Gengenbach, Vorstandsvorsitzender des VIP 3000, konnte an dem Symposium in Frankfurt etwa 70 Teilnehmer begrüßen. Neun Redner beleuchteten die Technologien und Herausforderungen, die Planer und Bauherren heute bei der Realisierung moderner pharmazeutischer Anlagen beachten sollten. Sie berichteten aus ihrer Praxis und mit Blick in die Zukunft, um den interessierten Teilnehmern interessante Einblicke und Hinweise für die anstehenden Projekte mitzugeben.
Fachbeiträge und Kompetenzen
Die Teilnehmer des VIP 3000 Symposiums konnten aus einer Fülle verschiedener Themen auslesen. Die vorgestellten Projekte lieferten Anschauungsmaterial, um die Trends aus neuen Perspektiven zu sehen. Die fundierten Fachbeiträge steuerten den informativen Anteil zur Veranstaltung bei. Teamveranstaltungen und die VIP 3000 Night als Informationsaustauschbörse dienten dem Networking, bei dem die Mitglieder sich frei zu ihren aktuellen Projekten äusserten.
In dem einleitenden Referat Cradle-to-Cradle plädierte Architekt Thomas Rau für mehr Nachhaltigkeit im Pharmabau, da die Erde kein unendliches Wachstum ermögliche. Er setzte sich dafür ein, die weitere Verwertung der eingesetzten Rohstoffe bereits bei der Planung einzubeziehen und sich wieder auf eine erhöhte Lebensdauer der Produkte zu konzentrieren.Prof. Dr. Enrico Grothe, Hochschule Albstadt-Sigmaringen, hob am Beispiel einer Fabrikplanung die Herausforderungen hervor, denen viele Bereiche der Wirtschaft unterworfen sind. Mehrere Faktoren tragen dazu bei:
- Der Wandel von einem nationalen Wettbewerbsmarkt zum globalen Markt
- Der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt
- Höhere Umweltauflagen für die Produktion und die Produkte
- Der Übergang von einer produktbezogenen zu einer aufgabenbezogenen OrganisationTeamwork und Networking bei der Planung neuer Fabriken
Labore - Dynamische Entwicklung oder Stillstand? - der Vortrag von Dr. Christoph Heinekamp stellte das „Labor der Zukunft" vor, das die verschiedenen Bereiche der Naturwissenschaften wieder zusammenführt. Begegnungsräume erleichtern die Kommunikation, die in Zukunft gross geschrieben wird. Heinekamp empfahl, flexibel zu planen und in den Projekten Platz für Erweiterungen einzuräumen. Denn Forschungsprojekte ändern sich in der pharmazeutischen Industrie und auch der Markt wächst rasch.
Ein Praxisbeispiel für eine neue pharmazeutische Fertigung stellte Christoph Bohn, Holopack Verpackungstechnik, anhand des Projekts „Pharma 2020", mit dem bei Holopack, Experte für sterile und aseptische Abfüllung mit der „Blow-Fill-Seal-Technologie", Projekte einfach und flexibel in die Praxis umgesetzt werden.
Dr. Bruno Lindemann, Imtech Deutschland, demonstrierte anhand praktischer Beispiele, wie sich mittels komplexer Computersimulationen der Energieverbrauch in Industriegebäuden berechnen lässt, um so effektive und kostengünstige Lösungen zu finden. So liegt es seit einigen Jahren im Trend, die Abwärme aus der pharmazeutischen Produktion als Energie zum Beheizen der Räume zu nutzen. Lindemann wies darauf hin, dass heute kostengünstige Simulationen für Gebäudetechnik exakte Ergebnisse liefern, während man früher viel experimentieren musste.
Dr. Udo Weber, Geschäftsführer von Weber und Partner in Berlin, leitete mit einem Referat über das Inbetriebnahme-Management für hochtechnisierte Gebäude den zweiten Teil des Symposiums ein. Wie lässt sich ein komplexes Bauprojekt realisieren, ohne dass ein Chaos ausbricht? Weber plädierte für eine systematische Planung und rief den Anwesenden die bekannte Regel wieder ins Gedächtnis, bei hochtechnisierten Gebäuden immer von hinten nach vorne zu planen. Er empfahl, auf die Kostenwahrheit, die Kostentransparenz und die Termintreue sowie auf eine transparente Darstellung von Risiken zu achten. Als Beispiel nannte er den Berliner Flughafen, bei dem es von Anfang an ein unvollständiges Inbetriebnahme-Management gegeben habe. Eine systematische Inbetriebnahme bilde jedoch die Basis für einen reibungslosen Betrieb und für eine optimale Abstimmung aller Komponenten der Haustechnik aufeinander.
Die systematische Planung beruht auf einer guten Projektkommunikation und verlangt eine Optimierung der Schnittstellenplanung, Gewerkeplanung und Bauterminplanung. Nur wenn klar sei, welche Anforderungen bei der Inbetriebnahme erfüllt sein müssen, könnten darauf aufbauende Aufgaben gelöst werden. Unabdingbar sei eine Matrix, die alle Gewerke umfasst. Diese Gewerke müssten schon früh ins Projekt einbezogen werden, da dies die Prozessdynamik stabilisiere und gemeinsame Einsparungen ermögliche. Der Zeitplan müsse von der technischen Seite und nicht vom Erscheinen der Handwerker bestimmt werden.
Über Anforderungen an Reinräume in Krankenhäusern und Apotheken sprach Nikolaus Ferstl. Wenn es um Reinräume geht, kann Ferstl auf seine Erfahrungen sowohl als Pharmabauer wie auch als Anwender verweisen: Zunächst plante und baute er Reinräume, seit einiger Zeit ist er Technischer Leiter des Universitätsklinikums Regensburg. Die Klinik, die sich auf die Versorgung schwerster Fälle spezialisiert hat, unterhält Reinräume für die Forschung, für die Herstellung von Arzneimitteln, für Laboruntersuchungen oder als OPs. Sobald es um Arzneimittelherstellung in Reinräumen der Kliniken geht, müssen die gleichen Anforderungen erfüllt werden wie bei herkömmlichen Pharmafirmen, die Arzneimittel herstellen. Das Uniklinikum selber stellt spezielle Arzneimittel und Stammzellen her, man unterhält auch Tierlabore. Wer sich mit Reinraumbau befasse, so Ferstl, müsse immer interdisziplinär denken und alle Beteiligten einbeziehen. Nur so könne die notwendige Sicherheit gewährleistet werden.
Sobald man auf der Betreiberseite eines Krankenhauses Platz nehme, riet er den Zuhörern, solle man ein Inbetriebnahme-Management einfordern, um alle Eventualitäten abzudecken. Ein solches Bauprojekt erfordere eine perfekte Planung, weil man die Patienten im Nachhinein nicht nach Hause schicken könne. Wichtig sei, sich bereits frühzeitig klarzumachen, welche Funktionalitäten das Gebäude erfüllen soll und wer der Ansprechpartner in den Behörden für Genehmigungen ist.
Pharmabau - keep it simple, dieser Titel ist irreführend, wenn man Referent Norbert Schönbrod von der Carpus+Partner folgt. Denn die Projekte, an denen Planer und Ingenieure im Pharmabau beteiligt sind, gestalten sich besonders diffizil.
Für Schönbrod ist Teamwork essentiell, „denn 90 % aller Ideen kommen durch direkte Kommunikation zustande", wie er betonte. Gerade im Gespräch mit anderen entwickelten sich neue Projekte. Solche Projekte im Pharmabereich seien immer interdisziplinär und auf mehrere Jahre angelegt. Daher erfordere es ein aufeinander abgestimmtes Team, bei dem auch die Rollenverteilung klar geregelt sei. Da die Mitarbeiter der Pharmafirmen oft keine Experten für Bauvorhaben seien, arbeitet Carpus+Partner mit Workshops, in denen die wichtigsten Rahmenbedingungen wie Spezifikationen oder der Kostenrahmen festgelegt werden. Dadurch erhöhe sich die Motivation und die Identifikation aller Projektbeteiligten. Als Beispiel nannte er ein Projekt im Pflanzenschutzbereich von Bayer.
Abschluss-Plenardiskussion
Networking wurde aber auch in der abschliessenden Plenardiskussion ganz aktiv gelebt. Man diskutierte über das Thema des Symposiums: Keep it simple! Alles sollte so einfach wie möglich geplant und gebaut werden. Klingt ganz einfach. Aber ist es das wirklich? Vor allem wenn weiterhin hohe Ansprüche erfüllt werden sollen.
Sind die Prozesse denn handkehrum heute zu kompliziert aufgebaut?
Ralf Gengenbach gab die Antwort: „Technik selbst kann nicht einfach sein. Woran wir allerdings arbeiten können, sind die Prozesse. Dabei ist es wichtig, von vornherein die Schnittstellen genau zu betrachten und alle Beteiligten zusammenzubringen. Wo das ver-
säumt wird, muss oft sehr aufwändig nachgebessert werden." Pharmabauer leben davon, komplexe Anforderungen zu erfüllen. Wenn sie nicht dazu in der Lage wären, komplizierte Prozesse zu planen, wären sie nicht gefragt. Auf der anderen Seite müsse das Geschehen für den Kunden einfach und verständlich strukturiert sein, meinte ein Teilnehmer. Im Anlagenbau müsse man gemeinsam mit dem Kunden in einem geführten und moderierten Prozess alles erarbeiten. Denn der Pharmahersteller könne ja nicht wissen, was state-of-the-art ist. Dazu seien Bautechniker und Experten ausgebildet. Dem Kunden müsse in einem vorgegebenen permanenten Prozess klargemacht werden, was erforderlich sei und wie man es umsetzen könne.
Häufig erlebe man aber, dass der Kunde gar keine Zeit mehr habe, die Spezifikationen mitzuplanen. Der Kunde investiere viel Zeit um den Finanzplan zu erstellen, stecke z. B. den Rahmen ab mit ca. € 20 Mio. und fordere dann vom Erbauer ein Fast-Track-Verfahren, das sich im Kostenrahmen bewege, ohne genau zu wissen, was er wolle. Denn für eine gezielte Planung fehlten ihm die Leute. Im Pharmabereich seien die besten Lösungen daher nur gemeinsam zu finden.
Ralf Gengenbach fragte: „Weiss der Nutzer, was er will? Kann man so flexibel wie möglich bauen?"
Die Antwort sah ernüchternd aus. Die Flexibilität muss oft strikten Vorgaben des Bauherrn geopfert werden.
Viele Experten des Symposiums sehen einen Trend in der Nachhaltigkeit, darin, einer Wiederverwertung von Produkten Vorschub zu leisten, sowie darin, die Produkte nacheinander verschiedenen Nutzungen zuzuführen.
Ein wachsendes Marktsegment ergibt sich aus dem Umbau bestehender Gebäude. Aktuellen Zahlen zufolge ist in Deutschland bereits ein grosser Anteil der Industriebauten renovierungsbedürftig.
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