Feuchtemessung in Reinräumen
29.10.2015 -
Eine Herausforderung in der Biotechnologie und Medizinbranche stellt die Feuchtemessung in H2O2-sterilisierten Räumen dar.
Reinräume und kontaminationsfreie Bereiche sind für Unternehmen der Biotechnologie-, Medizin- und Kosmetikbranche eine absolute Notwendigkeit. Die Herstellung medizinischer Instrumente, von Pharmazeutika oder manchen Kosmetika muss unter genau geregelten Bedingungen erfolgen. Und auch in der Biotech-Branche müssen neben Reinräumen auch kleinvolumigere Bereiche wie Isolatoren oder Inkubatoren sterilisiert werden. Keimfreiheit ist in diesen Bereichen ein Muss. Hersteller und Labore stehen also vor der Herausforderung, zuverlässige Reinigungs- und Sterilisationsmittel einzusetzen, die sich gut in den Arbeitsablauf integrieren und handhaben lassen.
H2O2 als Mittel der Wahl
Ein effektives Reinigungs- und Desinfektionsmittel ist gasförmiges Wasserstoffperoxid (H2O2). Es eignet sich sowohl für die Anwendung in größeren Reinräumen als auch kleineren Bereichen. Gasförmiges H2O2 weist eine hohe toxische Wirkung auf Bakterien und Pilzsporen auf und hat sich daher in den letzten Jahren als Mittel der Wahl in der Pharma-, Biotechnologie- und Kosmetikbranche etabliert. Der Vorteil von H2O2: es zersetzt sich rückstandsfrei in Wasser und Sauerstoff. Im Gegensatz zu anderen Sterilisationsmitteln ist eine Kontamination von zu sterilisierenden Oberflächen oder Produkten damit sehr unwahrscheinlich. Der Nachteil: die Handhabung ist in der Praxis nicht immer einfach.
Zur Sterilisation von Produkten oder Oberflächen wird normalerweise eine 30-% Wasserstoffperoxid-Lösung verdampft. Im Produktionsprozess ist es wichtig, die zur Desinfektion notwendige H2O2-Konzentration schnellstmöglich zu erreichen. Eine zu hohe H2O2-Konzentration in der Raumluft kann jedoch schnell zu einer ungewollten Sättigung führen. Ist der Sättigungspunkt erreicht, schlägt sich auf den Raumoberflächen Kondensat nieder, das auch flüssiges Wasserstoffperoxid enthalten kann. Dieses kann dann Oberflächen und Produkte im Reinraum oder dem Inkubator angreifen.
Sättigung vermeiden
Eine ungewollte Sättigung und damit Kondensation kann jedoch durch eine genaue Feuchtemessung vermieden werden. Die molekulare Struktur von Wasserstoffperoxid (H2O2) ähnelt der von Wasserdampf (H2O). Der Sättigungsdampfdruck des Gasgemisches wird durch das Mischungsverhältnis der Gase bestimmt. Der Sättigungsdampfdruck von Wasserstoffperoxid liegt relativ niedrig – bei feuchter Luft führt dies mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einer Sättigung und Kondensation. Kapazitive Dünnfilmpolymer-Feuchtesensoren sind in der Lage, verlässliche Feuchtemessungen vor und während des Einbringens von gasförmigem H2O2 vorzunehmen – unabhängig von der Höhe der VHP-Konzentration. Mit einer direkten Feuchtemessung in einem H2O2-Luft-Gemisch kann der Anwender den tatsächlichen Sättigungsgrad des Gasgemisches überwachen.
Der beste Einbauort für den Sensor ist hierzu oft ein Lüftungsschacht.
Wasserstoffperoxid und Wasser haben beide polare Moleküle, durch die die Kapazität eines Polymersensors verändert wird. Misst der Sensor nun den tatsächlichen H2O2-Sättigungsgrad (0 – 100 %), so kann er direkt zur Steuerung des Sterilisationsprozesses eingesetzt werden. Eine genaue Messung des Sättigungsgrades ist besonders dann wichtig, wenn Kondensation und damit nasse/feuchte Oberflächen vermieden werden sollen. Eine Sättigung der Raumluft mit H2O2 bis zur Kondensation und zum Auftreten nasser Oberflächen verbessert zwar den Dekontaminationseffekt, durch den aggressiven Feuchtigkeitsfilm kann es aber auch zu Beschädigungen von Produkten oder Ausrüstung kommen.
Schutz des Sensors
Werden hohe H2O2-Konzentrationen benötigt, die eine Kondensation wahrscheinlich oder unvermeidbar machen, so sollte der Feuchtesensor zusätzlich durch einen katalytischen Filter geschützt werden. Die Funktionsweise dieser Filter beruht auf der Aufspaltung von H2O2 in Wasser und Sauerstoff. Um die Installation zu vereinfachen empfehlen sich hier Sensoren, die den Katalysator direkt eingebaut haben, zum Beispiel der Vaisala Humicap 180. Solche Sensoren können auch dann zum Einsatz kommen, wenn der tatsächliche Wasserdampfgehalt in dem gasförmigen Wasserstoffperoxid gemessen werden soll.
Vollständige Sättigung der Raumluft mit H2O2 und die daraus resultierende Kondensation werfen auch ein weiteres Problem auf. Da in diesem Fall auch die Sensorenoberfläche benetzt ist, zeigen die Feuchtesensoren einen Feuchtewert von 100 % an, bis Sensoren und Filter vollständig abgetrocknet sind. Je nach Verlauf der Luftströme im Raum und dem Sättigungsgrad der Umgebungsluft kann der Trocknungsprozess einige Zeit in Anspruch nehmen. In dieser Zeit kann der Sensor dann nicht mehr auf die tatsächlichen Veränderungen in seinem Umfeld reagieren. Abhilfe schafft hier eine Sonden-Aufheizfunktion. Sie hält die Temperatur an der Sensorenoberfläche und am Filter über dem Taupunkt und verhindert so die Sättigung an Filter und Sensor. In Umgebungen, in denen das Risiko einer Sensorbetauung besteht, ist die Aufheizfunktion daher unverzichtbar, um laufend korrekte Informationen über den Feuchtewert zu erhalten.
Reinigung und Haltbarkeit
Ein Problem beim Langzeiteinsatz von Sensoren ist die möglicherweise einsetzende Drift, das heißt die wachsende Ungenauigkeit der Sensoren. Einen Ausweg bietet die chemische Sensorreinigung. Hierbei wird der Feuchtesensor automatisch in vorgegebenen Intervallen aufgeheizt – die störenden Chemikalien verflüchtigen sich dann aus dem Polymer des Sensors. Die chemische Sensorreinigung trägt dadurch zu einer höheren Langzeitstabilität der Sensoren bei. Die Leistung des Sensors wird wieder auf ein Niveau gebracht, das dem von Luft ohne chemische Belastungen entspricht. Außerdem verlängert sie das erforderliche Kalibrierintervall bei H2O2-Messungen ohne katalytischen Filter.
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen, dass gasförmiges Wasserstoffperoxid ein zuverlässiges Reinigungs- und Desinfektionsmittel für Branchen mit hohen Hygieneansprüchen ist. Auch wenn die Handhabung in der Praxis nicht immer einfach ist, kann die richtige Sensorenausrüstung helfen, den Desinfektionsprozess deutlich genauer zu steuern und damit auch Fehler zu vermeiden.