Wie sieht die Pumpe der Zukunft aus?
Überführung einer Pumpe ins Industrie 4.0-Zeitalter
Wie passt die Pumpe in ein Zeitalter der Digitalisierung? Ist es überhaupt möglich, ein hydraulisches Element Industrie 4.0-tauglich zu gestalten? KSB sagt ja.
Die Optimierung von Pumpen, sprich die genaue Kenntnis des Lastprofils und die Abstimmung auf den Betriebspunkt, ist für KSB seit jeher Aufgabe Nummer 1. Davon zeugen die vielen Varianten an Pumpengehäusen, Werkstoffen und die individuelle Anpassung des Laufrades. Aber während eines Pumpenlebens können sich die Bedingungen verändern und es kommt häufig vor, dass die Pumpe nicht mehr im optimalen Betriebspunkt läuft. Dies gilt im Übrigen auch für neu installierte Pumpen. Die KSB-Experten beschäftigen sich daher schon seit einigen Jahren damit, wie man eine Pumpe einfacher optimieren kann, also ohne aufwendige Analytiken oder gar einen Austausch der Pumpe.
Die Digitalisierung bietet hier hervorragende Ansatzpunkte, die jedoch Zeit für die Entwicklung und für die Übertragung in die Praxistauglichkeit benötigt. „Es geht darum, jahrzehntelange Erfahrung und Know-how in einen Algorithmus und eine Software zu überführen“, erklärt Dr. Thomas Paulus, Leiter „Programme Office Digitalisation & Startup-Projects“ bei KSB. „Dies kann nicht in einem einzigen Schritt geschehen, sondern erfordert mehrere Komponenten und Aspekte. Wenn man diese Einzelteile jedoch zusammenführt, erhält man ein intelligentes und praxisnahes Konzept, das einen wirklichen Mehrwert für den Betreiber mit sich bringt.“
Schritt Nummer 1 – die digitale Überwachungseinheit
Im Markt hat sich mittlerweile die KSB-Überwachungseinheit ‚PumpMeter‘ bewährt, die im Klartext anzeigt, was im Innern einer Pumpe vorgeht. Diese Einheit besteht aus Drucksensoren und einer Auswerte- und Anzeigeeinheit an der Pumpe. Rund um die Uhr messen zwei Sensoren in der Pumpe die Drücke auf der Saug- und auf der Druckseite. Der PumpMeter berechnet mit diesen Daten den Differenzdruck und ermittelt den derzeitigen Betriebspunkt, den es in Echtzeit permanent aktualisiert. In der typischen Kennliniendarstellung in vier Vierteln bekommt der Betreiber den Bereich angezeigt, in dem die Pumpe betrieben wird. Blinkt im Display ein linkes oder rechtes äußeres Segment, besteht Handlungsbedarf – entweder wegen extrem niedrigem oder zu hohem Förderstrom. Ein blinkendes drittes Viertel der Kennlinie steht für den optimalen Betriebsbereich. Ein linkes (zweites) Segment steht für langfristigen Optimierungsbedarf. Dank dieser Darstellung kann der Betreiber den Betriebspunkt bei der Inbetriebnahme sofort beurteilen und die Pumpe entsprechend einstellen. So sieht der Pumpennutzer auf einen Blick, ob gegebenenfalls die Verfügbarkeit gefährdet ist und ob die Pumpe effizient und damit kostensparend arbeitet. Ein aufleuchtendes EFF-Zeichen (steht für Energieeffizienz) zeigt überdies Potenzial für eine signifikante Energieeinsparung an.
Schritt Nummer 2 – Algorithmen interpretieren Schwingungsverhalten
Nun soll diese Analyse noch vereinfacht werden. Statt der medienberührten Messung über den PumpMeter sollen in Zukunft Schwingungen aufgenommen und diese Betriebsdaten über Mobilfunk in eine Cloud überführt werden. Dies hätte zwei Vorteile: Zum einen sind medienberührte Messungen gerade bei chemischen Produkten nicht immer ganz einfach. Zum anderen besteht beim Zugriff über eine Cloud die Möglichkeit, dass sich der Techniker weltweit über den Zustand einer Pumpe informieren kann und nicht mehr direkt vor Ort sein muss.
Diese Pilotanwendung läuft derzeit schon bei 100 ausgewählten Projektpartnern mit großem Erfolg. „Beispielsweise sind hier einige Automobilzulieferer dabei, die dem Projekt sehr aufgeschlossen gegenüberstehen.“ Noch laufen die Messungen mit dem PumpMeter parallel, um die Werte des Schwingungsaufnehmers zu verifizieren. Gleichzeitig optimiert das KSB-Team die zugrunde liegenden Algorithmen weiter, aber: „Aus diesen Ergebnissen lässt sich schon heute leicht erkennen, ob die Umstellung auf einen geregelten Betrieb sinnvoll ist, ob man die Einstellungen oder die Fahrweisen ändern muss oder ob sich der Kauf einer neuen Pumpe empfiehlt“, erklärt Paulus. Die Betriebsdaten werden über ein Portal in die Cloud gestellt. KSB verarbeitet die Daten und der Anwender erhält ein automatisch generiertes PDF mit eindeutigen Empfehlungen und eventuellen Verbesserungsvorschlägen für seine Pumpe.
Schritt Nummer 3 – Optimierung des Betriebspunktes mit MyFlow
Doch wie lassen sich diese Verbesserungsvorschläge umsetzen? Die klassische Variante wäre es, den Servicetechniker von KSB anzurufen. Aber wie wäre es, wenn es auf Basis der oben egewonnenen Erkenntnisse möglich wäre, die Pumpe per Software anzupassen und nicht über eine mechanische Anpassung des Laufrads?
„Das ist tatsächlich mit unserer MyFlow-Technology möglich“, so Daniel Gontermann, Leiter Produktmanagement für Antriebe und Mechatroniklösungen bei KSB. Sie ist eine Kombination aus dem KSB SuPremE-IE5-Motor und dem Antrieb MyFlow Drive, der auf der bewährten Plattform des Drehzahlreglers PumpDrive basiert. Üblicherweise passt man bei ungeregelten Pumpen die Fördermenge und die Förderhöhe durch Abdrehen des Laufrads an den berechneten Betriebspunkt an. Nun geschieht dies über die Änderung der Drehzahl.
Die MyFlow-Technologie bringt im Alltag bereits jede Menge Vorteile mit sich: Weil die Betriebsspannung des IE5-Synchronreluktanzmotors durch den motormontierten Minimalfrequenzumrichter moduliert wird, kann man den Motor weltweit an fast allen existierenden Stromnetzen betreiben. Das stellt auch für global operierende Anlagenbauer einen großen Vorteil dar, da sie bei der Auswahl der Pumpe keine Rücksicht mehr auf die lokale Netzspannung nehmen müssen. Dank werkseitig definierter Drehrichtung entfällt auch der üblicherweise notwendige Aufwand für die Drehrichtungskontrolle.
Schritt Nummer 4 – Pumpenanpassung per Software
„Diese Vorteile erleichtern die Arbeit eines Betreibers ungemein, machen aber natürlich allein noch keine Pumpe Industrie-4.0-tauglich“, räumt Gontermann ein. „Doch dies ist die Basis für den nächsten entscheidenden Schritt, die Pumpenoptimierung über das Virtual Impeller Trimming.“
Denn im weiteren Produktlebenszyklus kann die Drehzahl einfach per Smartphone individuell angepasst werden – Pumpenoptimierung mit Virtual Impeller Trimming. „Damit lässt sich die Pumpe über eine Softwareanwendung näher an ihren optimalen Betriebspunkt bringen“, so der Pumpenspezialist. Dabei ist, anders als bei der mechanischen Anpassung des Pumpenlaufrades, kein Eingriff in den Betriebsablauf nötig. So lässt sich bei Abweichung des tatsächlichen Q / H-Punktes von den Planwerten die Energieeffizienz schnell und wirtschaftlich optimieren, oder auf eine anlagenbedingte Veränderung des Arbeitspunktes reagieren. „„Da eine Drehzahlveränderung immer mit einer Leistungsveränderung einhergeht, sind durchaus auch große Einsparungen möglich“, beschreibt Gontermann das Potenzial.
Die Pumpenoptimierung mit Virtual Impeller Trimming funktioniert schnell und komfortabel per Smartphone oder Tablet über ein Bluetooth-Gateway. „Besondere Berücksichtigung bei der Entwicklung galt der Sicherheit, daher baut die KSB-FlowManager-App eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung auf, mit der sichergestellt wird, dass zum einen die richtige Pumpe angesprochen wird und zum anderen, dass nur die Person eingreift, die dazu auch die Erlaubnis hat“, erläutert Gontermann.
„Das Schöne daran ist, dass man nun die Individualisierung der Pumpe innerhalb der Beschaffungskette viel später nach hinten schieben kann. Damit einher geht natürlich auch eine Reduzierung der Varianten“, nennt er einen weiteren Aspekt, der in Zukunft eine große Rolle bei der Pumpenauswahl spielen dürfte. Mit einer individuellen Festdrehzahl decken jetzt weniger Baugrößen den gesamten Kennfeldbereich ab – bei praktisch gleichem Wirkungsgrad und NPSH-Wert. So wird die Variantenkomplexität der Hydrauliken um mehr als 50 % reduziert, was in der Planung und Verwaltung Zeit und Kosten spart. „Allein die Reduzierung der Komplexität durch weniger Varianten wird das Thema Virtual Impeller Trimming nach vorne bringen“, ist Gontermann überzeugt.
Ausblick
Von den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung werden daher zunächst die Erstausrüster, also OEMs, profitieren, die damit u.a. ihre Lagerhaltung drastisch reduzieren. Dennoch zeigt dieser Weg, in welche Richtung sich die Pumpentechnologie bewegen wird. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck“, bekräftigt Paulus. „Unsere Anwender werden diese nur akzeptieren, wenn die Technologien in der täglichen Arbeit einen Mehrwert bringen und vor allem auch praktikabel sind.“ Der letzte Punkt gehört sicher zu den größten Herausforderungen. Hier bewährt es sich, dass sich KSB frühzeitig auf den Weg in die digitale Zukunft aufgemacht hat. „So wie wir seit Jahrzehnten das Optimum hinsichtlich Leistung und Effizienz aus der Pumpe herausholen, gehen wir nun auch bei der Entwicklung der Algorithmen und der Software vor. Ohne unser langjähriges Pumpen-Know-how wäre die Überführung einer Pumpe ins Industrie 4.0-Zeitalter schlicht nicht möglich“, sind Paulus und Gontermann überzeugt.