Anlagenbau & Prozesstechnik

Mahl- und Veredelungsverfahren von Kieselerde

Energieeffizientes Schraubengebläse stellt definierte Prozessbedingungen in Luftstrahlmühle sicher

28.02.2012 -

CITplus - Für ein neues Mahl- und Veredelungsverfahren von Kieselerde benötigt Hoffmann Mineral 5.000 Normkubikmeter ölfreie Druckluft pro Stunde mit einem Druck von 0,8 bar und einer definierten Temperatur. Die effizienteste Lösung fand der Hersteller bei Atlas Copco: Dessen Schraubengebläse ZS 132 ist so exakt regelbar, wie es der Prozess erfordert, und braucht ein Drittel weniger Energie als die nächstbeste angebotene Lösung, um den erforderlichen Volumenstrom bereitzustellen.

Unsere Branche zeichnet sich durch sehr hohen Automatisierungsgrad aus", sagt Dr. Karlheinz Schmidt, Geschäftsleiter Produktion und Technik beim Kieselerde-Verarbeiter Hoffmann Mineral in Neuburg an der Donau. „Wir investieren viel, auch antizyklisch, und wachsen stetig."
Die jüngste Investition betrifft eine Luftstrahlmühle samt Sichter, mit der Kieselerde-Agglomerate, die in einem vorangehenden neuen Prozessschritt durch Wärmebehandlung entstanden sind, wieder zerschlagen werden. „Der Clou daran ist, dass diese Mühle nicht mechanisch arbeitet, wie fast alle anderen, sondern mit Druckluft", erklärt Schmidt. „Das Verfahren ist weitaus schonender, und zwar für unser Produkt ebenso wie für die Maschinen." Denn mechanische Mühlen - sogenannte Prallmühlen - arbeiten sehr abrasiv: Nach wenigen Tausend Betriebsstunden sind die Anlagen verschlissen; der Abrieb verunreinigt zudem die hergestellten Produkte. „Die werden dadurch grau und leitfähig", führt der Ingenieur aus. „Beides ist aber bei diversen Anwendungen unserer Kunden nicht erwünscht." Die Produkte des Unternehmens werden industriell als Zusatzstoffe für Gummi (rd. 70 %), Farben und Lacke verwendet. Eine Spezialanwendung ist etwa eine Gummikomponente in speziellen Kondensatoren, die zu 60 % aus Kieselerde und 40 % aus Kautschuk besteht. Leitfähigkeit wäre hier absolut fehl am Platze. Am bekanntesten ist Kieselerde wohl in Form von Pillen für Haut, Haare und Nägel, obwohl Hoffmann Mineral damit nur einen geringen Anteil am Umsatz erzielt.
Anders als in den Prallmühlen, werden die Kieselerde-Agglomerate in der Luftstrahlmühle durch Injektion und Aufprallwirkung schonend zerkleinert: Das Produkt fällt von oben in einen großen Behälter, von unten wird komprimierte Luft aus vier Düsen eingeleitet. Dadurch entsteht in der Maschine ein Fließbett: Im Fallen trifft Produkt auf Produkt; nur durch Reibungsenergie entsteht eine „sehr schöne Mahlung", wie Schmidt sagt. Die Hälfte des Erzeugnisses ist kleiner als 2 - 3 µm; kein Korn hat einen Durchmesser über 40 µm. Die Mühle wird wegen ihres Verfahrens auch „Fließbett-Gegenstrahlmühle" genannt. Hoffmann Mineral arbeitet zusätzlich mit einem Sichter, in dem die gemahlenen Körner klassiert werden; zu grobe fallen zurück in die Mühle, die feinen ergeben das fertige Produkt.

Anlage produziert schlagzähen ­Füllstoff für Polyamid
4,5 Mio. € hat das Unternehmen in die neue Kieselerde-Veredelungsanlage investiert, die seit Sommer 2011 in Betrieb ist. Nötig wurde die Anlage, weil Kunden insbesondere aus der Automobilindustrie nach einem Füllstoff für schlagzähe Polyamid-Mischungen fragten, um Glasfasern in Kunststoffen ersetzen zu können. So entwickelte Hoffmann Mineral zwei neue Produkte, „Silfit" und „Aktifit". Silfit kann auch Titandioxid teilweise ersetzen, zum Beispiel in Farben und Lacken. Außerdem wird es als Füllstoff für kautschukbasierte Hochseekabel verwendet, wo die fehlende Leitfähigkeit ein Muss ist. Beide Produkte stellt Hoffmann Mineral - anders als die bisher angebotenen Materialien - in einem kontinuierlichen Verfahren her. Dieses arbeitet unter anderem mit einer Wärmebehandlung, durch die das Mineral weiß wird, aber auch versintert. Dadurch entstehen größere, harte Klumpen, die wieder zerkleinert werden müssen. Genau dafür wurde die neue Luftstrahlmühle benötigt.
Karlheinz Schmidt, promovierter Verfahrenstechniker, hat das gesamte Verfahren vom „Labor- auf den Produktionsmaßstab" hochgerechnet. Großen Wert legte er auf die Wirtschaftlichkeit, was für ihn insbesondere möglichst niedriger Energiebedarf heißt. „In den ganzen Prozess sind verschiedene Druckluftanwendungen eingebunden: neben der Luftstrahlmühle noch fünf pneumatische Fördersysteme", erläutert er. „Alle laufen rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche, und 'fressen' wegen des hohen Druckluftbedarfs die Energie geradezu." Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sagt er das und ergänzt, dass mechanische Mühlen im Vergleich viel sparsamer seien; aber mit ihnen wäre ein derart hochwertiges Produkt eben auch nicht herzustellen: „Schneeweiß" seien die seit Sommer 2011 hergestellten Füllstoffe, und nicht grau wie bei normalen Mühlen. „Also haben wir uns am Markt ganz genau umgesehen, um die effizienteste Lösung für die Drucklufterzeugung in der Luftstrahlmühle zu finden", sagt der Manager. Fünf Angebote hat er eingeholt.

Ölfreie Druckluft mit 0,8 bar effizient erzeugt
Gefordert war ein Kompressor oder Gebläse, mit dem ein Betriebs-Überdruck von etwa 0,6 - 1 bar bereitgestellt und ein Volumenstrom von 5.000 Normkubikmetern in der Stunde ölfrei verdichtet werden könnte, da die Luft in der Mühle direkt mit der Kieselerde in Berührung kommt und schon das kleinste Tröpfchen Öl die Charge unbrauchbar macht. „Außerdem sollte der Motor drehzahlgeregelt arbeiten können, die Maschine sollte auf Druck und Volumen regelbar sein und mit einer Kühlwassertemperatur von 40 °C gespeist werden können." Sie sollte in das Prozessleitsystem eingebunden werden und „auf den Punkt" laufen können, um den Prozess in jeder Sekunde mit exakt der benötigten Menge Druckluft versorgen zu können. Fündig wurde er bei Atlas Copco - in Form eines ölfrei verdichtenden Schraubengebläses des Typs ZS 132, dessen Drehzahl über einen separaten Frequenzumrichter geregelt wird. „Die installierte Leistung beträgt 132 kW", sagt Schmidt, „das liegt mit weitem Abstand unter den 200 kW der nächstbesten Lösung, die uns von einem anderen Lieferanten angeboten worden war." Bei Volllast ein lockeres Drittel weniger Energie also. „Der Vorteil ist, dass die Maschine für 0,3 - 1,2 bar ausgelegt ist und genau den Druck erzeugen kann, den wir brauchen. Bei einem anderen Schraubenverdichter hätten wir auf 3 bar komprimieren und wieder entspannen müssen, das kam nicht in Frage." Auch ein alternativ angedachtes Drehkolbengebläse schied aus: Es hätte nur 0,9 bar liefern können und wäre an seine Grenzen gestoßen. „Da liefen wir Gefahr, den Prozess nicht unter Kontrolle zu haben."

Prozess benötigt heiße Druckluft
Denn die Mühlen müssen sehr gut ausgelegt, der aufzubringende Druck muss exakt definiert sein. Etwa 500 kg Kieselerde pro Stunde werden per Differenzialdosierwaage zugegeben und in der Mühle bei Temperatur zerkleinert. Für diesen Prozess liefert das ZS-Gebläse Zuluft mit 0,8 bar und einer ebenfalls definierten Temperatur von über 100 °C, die über eine aus dem Prozess vorgewärmte Zuluft sichergestellt wird. Bei der Konzeption der Anlage machte sich Schmidt zunutze, dass die Luft bei der Verdichtung ohnehin erwärmt wird: Er kühlt sie einfach nicht wie üblich ab. Stattdessen arbeitet er mit vorgewärmter Zuluft, um die Druckluft mit der benötigten Temperatur in die Mühle einleiten zu können. Die Nutzung der warmen Luft ist energetisch sehr vorteilhaft, findet Karlheinz Schmidt: „Wir haben ohnehin zu viel niederkalorische Abwärme. Die stellen wir zukünftig kostenlos der Stadt für ein neues Fernwärmenetz zur Verfügung." Oberhalb der Mühle wird das gemahlene Material dann mit leichtem Unterdruck zum Sichter hin abgesaugt.
Auf dem Betriebsgelände selbst setzt der Ingenieur übrigens eher auf „Nahwärme": Bei der Umstellung von einem Fünf-Tage-Betrieb auf Rund-um-die-Uhr-Prozesse wurde die Abwärme an die Stellen gebracht, wo sie im Prozess benötigt werden. Hoffmann Mineral richtet entsprechend immer mehr dezentrale Druckluftstationen ein, um die Wärme der Kompressoren direkt an den Linien nutzen zu können. „Unter anderem haben wir gerade einen neuen öleingespritzten GA-Schraubenkompressor von Atlas Copco angeschafft, mit 90 Kilowatt installierter Leistung, und ihn so aufgestellt, dass wir mit dessen Abluft im Winter direkt die Produktion beheizen können."
Denn so viel ist am Ende unseres Besuchs in Neuburg klar: Selbst wenn die Geschäfte mit Kieselerde stabil laufen - zu verschenken hat man auch in dieser Branche nichts. Abgesehen von ein bisschen Abwärme.

Firmeninfo
Hoffmann Mineral gehört zur Unternehmensgruppe Hoffmann und wurde 1903 gegründet. Das Unternehmen ist bis heute inhabergeführt. Rund 450 Mitarbeiter in drei Gesellschaften erwirtschafteten im Jahr 2010 einen Umsatz von etwa 100 Mio. €. Hoffmann Mineral stellt jährlich 55.000 Tonnen Kieselerde aus verschiedenen Tagebaubetrieben in der Nähe der Stadt her, die zu diversen Produkten veredelt werden.

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Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH

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