Anlagenbau & Prozesstechnik

Turbokompressoren machen's möglich

20.05.2013 -

Turbokompressoren machen's möglich - Wie man 100 % ölfreie Druckluft besonders wirtschaftlich erzeugen kann. Die direkte Erzeugung und Verwendung ölfreier Druckluft in der Industrie gewinnt nicht nur aus Umwelt- und Entsorgungsgesichtspunkten an Bedeutung.

Auch verschärfte Richtlinien und höhere Sicherheitsanforderungen an die Produktion sensibler Produkte haben bei vielen Chemie- und Pharmaunternehmen wesentlich zu einem Umdenken bei der Art der Druckluftversorgung geführt.

Natürlich spielen dabei auch die Energie- bzw. Lebenszykluskosten für den Betrieb der Kompressoren eine mehr oder weniger gewichtige Rolle.

Turbokompressoren sind unter diesem Gesichtspunkt bedingt durch ihr Funktionsprinzip bzw. Bauart besonders wirtschaftlich. Sie verdichten generell ölfrei und werden ab einem Volumenstrom von etwa 10 m3/min eingesetzt; in einem Bereich von 70-100 % ihrer Leistung sind sie mittels Eintrittleitapparat regelbar.

Das Umdenken in der Industrie haben mittlerweile fast alle namhaften Drucklufthersteller registriert, so dass ölfrei verdichtende Systeme im Produktportfolio genauso standardmäßig aufgeführt sind, wie die ölgeschmierten Systeme. Die Erzeugung eben dieser qualitativ hochwertigen, ölfreien Druckluft erfolgt häufig durch:

 

 

  • ölfrei verdichtende Kolbenkompressoren
  • ölfrei verdichtende Schraubenkompressoren (2stufig, trockenlaufend oder 1stufig, wassereingespritzt)
  • ölgeschmierte Drucklufterzeugung mit angeschlossener Druckluftaufbereitung
  • Turbokompressoren

 

Letzteres System, die Turbokompressoren, wurde in der Vergangenheit als klassisches System eingesetzt, wenn es darum ging, absolut ölfreie Druckluft mit Volumenströmen ab ca. 50 m3/min besonders wirtschaftlich zu erzeugen. Einsatzgebiete waren und sind z. B. in der Petrochemie, in Raffinerien, in der Pharmazie oder in der Lebensmittelbranche.

Heutzutage werden jedoch zunehmend die Turbokompressoren neben den Schraubenund Kolbenkompressoren auch in kleineren Leistungsbereichen ab ca. 10 m3/min eingesetzt.

Grund dafür ist, dass sie neben einem höheren Wirkungsgrad auch eine klare, transparentere Kostenstruktur auf niedrigstem Niveau durch extrem niedrige Energiekosten im Voll- und Teillast- Bereich aufweisen und deutlich geringere Wartungskosten gegenüber ölfrei verdichtenden Schrauben- und Kolbenkompressoren besitzen.

Turbokompressoren, die technisch zu den Strömungsmaschinen gehören und in der Technik auch als „dynamische Verdichter" bezeichnet werden, unterscheiden sich von den sogenannten „Verdränger-Verdichtern" wie z. B. Schraubenoder Kolbenkompressoren. Der Unterschied lässt sich wie folgt erklären:

 


„Verdränger-Verdichter"

In einem "Verdränger-Verdichter" wird atmosphärische Luft durch Zufuhr von mechanischer Energie auf ein höheres Druckpotential gebracht.

Dabei werden die angesaugten und eingeschlossenen Luftmoleküle durch Verkleinerung eines Raumes, des „Verdichtungsraumes" enger zusammengepresst, "verdichtet".

 


„Dynamischer Verdichter"

„Dynamische Verdichter" erzielen eine Druckerhöhung durch Übertragung kinetischer Energie von einem rotierenden, mit Schaufeln versehenen Laufrad (Impeller) auf die in den Kanälen der Beschaufelung (Diffusoren) gerichteten strömende Luft.

Konstruktionsbedingt erfolgt zugleich eine Verzögerung der Luftgeschwindigkeit was zu einer Umwandlung der kinetischen Energie in potentielle Energie, letztendlich Druck, führt. Bei diesem Vorgang wird also kein Verdichtungsraum verkleinert wie bei den Verdränger-Verdichtern. Ein weiteres Charakteristikum ist, dass

 

  • ein Turbokompressor ein Kompressor mit einem sich verändernden Volumenstrom bei nahezu konstantem Druck ist
  • ein Verdrängerkompressor dagegen einen nahezu konstanten Volumenstrom bei veränderbarem Druck aufweist.

 

Entsprechend der Hauptströmungsrichtung in Turbokompressoren unterscheidet man Radial- und Axialkompressoren. Heutzutage werden in der Druckluftbranche vorzugsweise Turbokompressoren in Radialbauweise eingesetzt. In Abhängigkeit des benötigten Betriebsdruckes sind die Turbokompressoren dabei mehrstufig ausgelegt. Im Regelfall ist die Mehrstufigkeit wie folgt:

 

  • zweistufig für Höchstdrücke von 4 bis 9 bar(ü)
  • drei und mehrstufig für höhere Drücke

 

 


Turbokompressoren sind besonders langlebig und wartungsarm

Das Herzstück eines jeden Turbokompressors ist der Impeller. Moderne Turbokompressoren setzen hier extrem langlebige Impeller aus Titan ein. Das dreidimensionale Titan-Laufrad mit rückwärts gekrümmten Schaufeln wird bei der Herstellung aus dem „Vollen" gefertigt und arbeitet im Gegensatz zu „älteren" Stahl- und Guss-Impellern verschleißfrei und ist unempfindlich gegen Staub, Partikel und Korrosion.

Ein weiterer Vorzug ist seine geringe Masse, welche den Energieaufwand in der Beschleunigungsphase deutlich reduziert. Die hohe Festigkeit erlaubt Umfangsgeschwindigkeiten von max. 600 m/s gegenüber nur ca. 400 m/s bei Guss- oder Stahl- Varianten. Ein Grund, warum moderne Turbokompressoren bei Betriebsdrücken bis ca. 9 bar nur zwei gegenüber den sonst üblichen drei Verdichterstufen benötigen.

Das reduziert die Zahl der Bauteile, den Wartungsaufwand und die Kosten. Die hohen Umfangsgeschwindigkeiten verlangen konstruktiv nach einer besonderen Lagerung der Verdichtungswelle.

Heutzutage setzt man Mehrsegment- Gleitlager, so genannte Kippsteinlager, auf der Ritzelwelle ein. Diese laufen verschleiß- und berührungsfrei im Ölbad und halten unter normalen Bedingungen unbegrenzt.

Labyrinth-Dichtungen auf den Ritzelwellen und ein getriebeseitiger Unterdruck garantieren hohe Dichtigkeit und eine verschleißfreie, dauerhafte Konstruktion ohne Reibungsverluste und ohne Wartungskosten durch Fortfall von Dichtungswechseln.

Das horizontal geteilte Gussgehäuse der Anlagen erleichtert den Zugang zu allen beweglichen Teilen und vermindert Wartungszeiten und -kosten gegenüber vertikal geteilten Gehäusen drastisch.

 


Energiesparregelung bietet an den Druckluftbedarf angepasste Liefermengen

Wurden früher die Turbokompressoren ausschließlich als Grundlastkompressoren eingesetzt, bieten Energiesparregelungen die Möglichkeit, die erzeugte Liefermenge dem aktuell benötigten Druckluftbedarf anzupassen und dies bei nahezu konstanten Betriebsdruck mit einer Druckdifferenz von ungefähr 0,1 bar.

Zur Regelung werden dabei so genannte Regelungen mittels „Eintrittleitapparat" eingesetzt. Der Eintrittsleitapparat hat die Funktion, dass bei sinkendem Netzdruck die Lufteintrittsdüse geöffnet wird und dem Turbo eine größere Luftmenge zur Verfügung steht.

Die Liefermenge steigt. Steigt der Netzdruck, verringert der Eintrittsleitapparat den freien Querschnitt der Lufteintrittsdüse, die durchströmende Luft erhält dabei einen Vordrall und stellt dem Turbo eine geringere Luftmenge mit deutlich gesenktem Energiebedarf zur Verfügung.

Beste Regelung für schwankenden Luftbedarf (ca. 70-100 % Regelbereich) und zur Anpassung an veränderte Randbedingungen wie zum Beispiel Ansaugtemperatur (Sommer/ Winter) und Luftfeuchte.

Durch die permanente Messung der aufgenommenen Strommenge wird der Turbo dabei sicher vor der Pumpund Schluckgrenze geschützt. Neben dieser „mechanischen" Regelung werden moderne Turbokompressoren zudem durch hochintelligente, elektronische Anlagen-Steuerungssysteme geregelt und überwacht.

 


Intelligente Steuerungssysteme bieten ein enormes Energie-Einsparpotential

Diese elektronischen Kompressor- Steuerungssysteme zeigen mittels LCD-Klartext-Display ständig alle wichtigen Betriebsparameter, Betriebswarnungen und Störungen an und überwachen zudem alle Funktionen des Turbokompressors.

Ein Selbsttest vor jedem Anlauf und eine Wartungs- und Stördiagnose sind selbstverständlich und optimieren den Betrieb. Außerdem lassen sich weitere informative Betriebsdaten, wie prozentuale Auslastung, Druckverlauf in Diagrammform und produzierte Druckluftmenge als Tages- oder Wochendiagramm abrufen.

Diese modernen, im Kompressor eingebauten Steuerungen können zudem durch „Übergeordnete Steuerungssysteme" überwacht und somit noch wirtschaftlicher gemacht werden.

So ist es heutzutage möglich, mittels verbrauchsabhängig arbeitender Verbundsteuerung die Energiebilanz von Kompressor-Mehrfachanlagen entscheidend zu verbessern.

Diese Steuerungen arbeiten mit höchster Flexibilität ausschließlich in Abhängigkeit vom jeweils aktuellen Druckluft-Bedarf und ohne Vorwahl bestimmter Kompressor- Gruppen für vordefinierte Zeitblöcke.

Sie können eine Vielzahl von Kompressoren aller Fabrikate und Systeme verbrauchsabhängig zu- und abschalten und verfügen zusätzlich über Zubehörein- und -ausgänge, mit denen die Peripherie wie z. B. Druckluftkältetrockner, Pumpensysteme, etc. überwacht und geregelt werden können.

Diese Steuerungen bieten dabei Transparenz und höchsten Bedienkomfort durch Grafikdisplays, leicht erfassbare Menüstrukturen zur Eingabe aller Parameter, diverse Sprachvarianten und höchste Betriebssicherheit.

Sie können in übergeordnete Leittechniken über Mod-Busanbindung, Profibus und offenem Schnittstellenprotokoll eingebunden werden. Der Installationsaufwand solcher Steuerungen kann denkbar einfach sein.

 


Druckluftverbraucher regeln sich selbst

Ein weiteres Highlight, was eine solche „übergeordnete Steuerung" bieten kann, ist die so genannte „Druckband-Optimierung".

Hierbei werden Druckaufnehmer an den Druckluftverbrauchern positioniert. Diese Druckaufnehmer messen den Druck direkt an den Verbrauchern, dort, wo der Druck benötigt wird. Basierend auf diesen Messwerten wird dann von hinten nach vorne, das heißt von den Verbrauchern zur Steuerung eine Einstellung vorgenommen.

Die Druckluftverbraucher parametrieren sich sozusagen eigenständig immer unter Berücksichtigung aller Einflüsse, die auf das Druckluftsystem einwirken. Vorteil ist, dass alle negativen Einflussgrößen, die auf den Druck innerhalb des Systems einwirken können, bereits in der Druckmessung am Drucksensor der Verbraucher beinhaltet sind.

Eine unnötige, teuere Höherverdichtung oder ein zu geringer Betriebsdruck, hervorgerufen durch „Druckfresser" innerhalb des Systems werden so ausgeschlossen. Produktionsqualität und Energiebedarf sind somit immer im Optimum.

 


Wärmerückgewinnung auch bei Turbos

Was bei Schraubenkompressoren schon lange Stand der Technik ist, darauf muss bei Turbos nicht verzichtet werden: Das Nutzen der Abwärme des Kompressors zu Heizzwecken - und dies fast zum Nulltarif!

Beim Betrieb eines Turbokompressors wird die zugeführte Energie fast vollständig in Wärme umgewandelt und muss durch Kühlung abgeführt werden.

Diese abgeführte Energie wurde in der Vergangenheit nur sehr selten genutzt. Erst in der letzten Zeit, bedingt durch die immer weiter steigenden Kosten für Heizöl, Gas und Strom verändert sich die Einstellung der Druckluftanwender zu alternativen Energieformen.

Seitens der Drucklufthersteller hat man sich schon seit längerem auf diesen Trend eingestellt und bietet auch für Turbokompressoren Systeme zur Wärmerückgewinnung an.

Diese sind oftmals bereits standardmäßig im Kompressor integriert, oder es sind zumindest Anschlüsse zur Anbindung vorgesehen. Dabei holt ein Turbokompressor die meiste Energie aus den hohen Drucklufttemperaturen, die beim Verdichtungsprozess entstehen.

Kühlwasser kühlt die bis zu 200°C erwärmte Druckluft in den einzelnen Druckstufen wieder auf ca. 40-50°C ab.

So ist es möglich, mittels Wärmetauschern bis zu ca. 75 % der eingesetzten Motornennleistung zu nutzen. Dies spart bares Geld! Wie hoch das Einsparpotential mittels Wärmerückgewinnung sein kann, zeigt die Tabelle.

 


Realisierte Projekte

Und so kann eine moderne Druckluftstation mit Turbokompressoren aussehen. Auf Kundenwunsch wurden durch Almig realisiert:

 

 

  • ölfreie Druckluftversorgung mittels moderner Turbokompressoren
  • Volumenstromanpassung der Kompressoren an den aktuellen Druckluftbedarf mittels Eintrittsleitapparate
  • Steuerung der Turbokompressoren durch eine übergeordnete, verbrauchsabhängige Verbundsteuerung
  • Datentransfer aller Komponenten an eine zentrale Leittechnik
  • Wärmerückgewinnung

 

Mit der Baureihe Dynamic verfügt Almig eine ölfreie, zweistufige Turbokompressoren im Leistungsbereich von 65-370 kW mit Volumenströmen von 9,7-65,5 m3/min bei einem Verdichtungsenddruck bis 9 bar.

 


Kontakt:
Dipl.-Ing. Volker Thomassen, Produkt Manager
Almig Kompressoren GmbH, Köngen
Tel.: 07024/802-0
Fax: 07024/802-106
info@almig.de


Tab.: Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung bei Turbokompressoren