Anlagenbau & Prozesstechnik

Energiesparen durch isolierte Armaturen

27.09.2011 -

CITplus - Industrielle Prozesse und technische Verfahren verlaufen fast ausnahmslos unter Aufnahme bzw. Abgabe von Energie. Neben der kontrollierten Energieabgabe an Verbraucher entstehen speziell bei schlecht oder nicht isolierten Rohrleitungseinbauten, wie z.B. Armaturen, große Wärmeverluste. Die BOA-H-Reihe des Frankenthaler Pumpen- und Armaturenspezialisten KSB minimiert nicht nur diese Verluste, sondern besitzt noch weitere clevere Details, wie dieser Beitrag zeigt.

Im Zuge der Modernisierung und Ertüchtigung von Chemiestandorten in Europa wurden vielfach die Prozesse optimiert und an effizienten Verfahren gearbeitet. Nicht immer wird den Nebenprozessen, also der Versorgung mit Heißwasser, Dampf oder Wärmeträgerölen, genauso viel Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei bieten auch diese Nebenprozesse viel Potential zum Energieeinsparen. Scheinbar kleine konstruktive Änderungen können dabei zum durchschlagenden Erfolg führen. So sind zwar Rohrleitungen häufig bis zum Flansch isoliert, die Armatur selbst bleibt jedoch unberührt. Bei Prozesstemperaturen von 300 °C können dann schnell große Wärmeverluste entstehen. Diese Verluste summieren sich Jahr für Jahr, schließlich sind die Armaturen häufig 10 oder 15 Jahre im Einsatz. Bedenkt man, dass an großen Standorten nicht selten Tausende dieser Absperrarmaturen ihren Dienst verrichten, gewinnt die Isolierung von Armaturen um so mehr an Bedeutung.
Der Hintergrund: Herkömmliche Ventile, deren Oberteile als Bügel ausgeführt sind, können nur bis zum Bügelansatz isoliert werden. Für den Anwender muss die Hubanzeige sichtbar sein, zudem darf ein bewegtes Teil oft nicht isoliert werden. Einer der Hauptgründe für diese Konstruktion ist ein Handrad mit bedienerfreundlichen Temperaturen, diese werden allerdings mit hohen kon­struktionsbedingten Wärmeverlusten erkauft. Mit dieser unbefriedigenden Situation wollte sich der Pumpen- und Armaturenspezialist KSB nicht länger abfinden. Die verbesserte Absperrarmaturenreihe BOA-H aus Sphäroguss wurde bewusst für die Vermeidung bzw. Minimierung dieser Verluste entwickelt. Das Absperrventil BOA-H weist geringste Abstrahlverluste und gleichzeitig beste Handhabbarkeit auf. „Wir erreichen dies mit einer Kombination aus einer einfach zu isolierenden Grundgeometrie und der Reduzierung des Wärmestroms durch den Einsatz geeigneter Werkstoffe sowie einer Wärmesperre zum Handrad", erklärt Dieter Hanewald, Armaturenspezialist bei KSB. Besonders beim Einsatz mit Mediumstemperaturen um die 300 °C, z. B. in Anlagen, die mit Wärmeträgerölen betrieben werden, zahlt sich eine optimale Isolierbarkeit für den Kunden schnell aus.

Umfangreiche ­Untersuchungen
Bis die perfekte Konstruktion gefunden wurde, waren einige Testverfahren und Untersuchungen nötig. Zahlreiche Temperaturmessungen von 50 °C bis hin zu 350 °C und die dazugehörigen Berechnungen von Temperaturverläufen an Bügeln und Spindelmuttern wurden gestartet. Der Aufwand hierfür hat sich gelohnt. Die Abstrahlleistung an der Armatur BOA-H konnte drastisch reduziert werden. Besonders im Fokus der Entwickler stand die Temperatur des Handrades. Während bei herkömmlichen Absperrventilen der Bügel gleichzeitig als eine Art Kühlrippe dient und damit zu niedrigen Temperaturen am Handrad führt, entfällt diese bei der bügellosen BOA-H-Reihe. Stattdessen setzt der Frankenthaler Konzern auf zwei Kniffe, wie Gregor Rauch, verantwortlich für die Versuche, erklärt: „Zunächst wurden Spindelmutter und Handrad aus schlecht wärmeleitenden Materialen gefertigt, d. h., dies verringert die Wärmeleitfähigkeit um 75 % gegenüber der bisherigen Konstruktion. Hinzu kommt, dass die freiliegenden Spindelmutteroberflächen glatt ausgeführt sind und so gegenüber dem Bügeldeckel mit seiner ungünstigen porigen Gussoberfläche die Abstrahlleistung auf ein Minimum reduziert werden konnte. Die Hubanzeige ist ebenfalls integriert und dient zusätzlich als Wärmesperre zum Handrad, indem die geringen Flächen der Stege nur bedingt die Wärme weiterleiten."
Energiesparen lohnt sich
Wie sehr sich dieses konstruktive Detail in einer Großproduktion für Papier auswirkt, zeigt ein Beispiel. In der Produktion wird in 8.000 Betriebsstunden pro Jahr 300 °C-heißes Wärmeträgeröl zur Beheizung von speziellen Kalander-Walzen eingesetzt. In der Anlage kommen in einem Primärkreis mit gasbefeuerten 1.000 kW Thermalkessel und fünf Sekundärkreisen insgesamt 12 x DN100 und 10 x DN50 BOA-H Absperrarmaturen zum Einsatz. „Die zur Erzeugung der verlorenen Wärmeenergie benötigten Kosten belaufen sich bei den getesteten Bügelventilen auf 870 Euro, bei KSB BOA-H Armaturen nur auf 210 Euro", rechnet Hanewald vor. „Das macht eine Ersparnis von 75 %#." Kunden haben auf der KSB Homepage die Möglichkeit ihre Ersparnis auf einem eigens dafür entwickelten Rechner zu ermitteln.

Kompromisslose Sicherheit
Daneben weist die Konstruktion weitere Vorteile auf: So ist dank der langen Spindelmutter eine maximale Isolierdicke ohne Einschränkung des Bedienkomforts möglich. Zusätzlich ist die Hubbegrenzung als Sollbruchstelle ausgelegt. Bei einer extremen Überbeanspruchung durch Fehlbedienung (z. B. Zusatzhebel) bricht die Spindelmutter im Bereich der Hubbegrenzung. Dadurch wird eine unzulässige Krafteinleitung und Zerstörung im Ventil sicher verhindert, das Ventil bleibt jedoch weiterhin dicht und voll einsatzfähig. Selbst ein Öffnen und Schließen ist am Spindelmutterstumpf mit einer handelsüblichen Rohrzange noch möglich. Dies gibt zusätzliche Prozesssicherheit.
Selbstverständlich verfügt das BOA-H-Absperrventil, zu dem auch noch der Schmutzfänger BOA-S und das Rückschlagventil BOA-R gehören, über klassische Eigenschaften, die in anspruchsvollen Umgebungen nötig sind, wie kompromisslose Sicherheit und Langlebigkeit. So ist z. B. der Faltenbalg bei voll geöffneter Armatur gekammert und auf diese Weise vor Druckstößen geschützt. Dadurch ist sogar bei extrem hohen Druckspitzen ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet.
Darüber hinaus verfügen die Armaturen über die KSB-bewährten Attribute, wie etwa das Farbleitsystem am Handrad, mit dem eine schnelle Ersatzteilbestellung möglich ist, ohne die Isolierung von der Armatur zu entfernen. Ausführung und die Abdichtung am Kegel sind außerhalb der Isolierung eindeutig erkennbar. Auch die Stellungsanzeige mit Hubbegrenzung für einen optimalen Durchfluss und die Feststellvorrichtung als Schutz vor unbeabsichtigtem Betätigen bleibt serienmäßig bei allen Nennweiten bestehen.

Ausblick
Vor Kurzem wurde die BOA-Reihe noch einmal erweitert. In Ergänzung zum bewährten Drosselkegel, der hervorragende Durchflusswerte mit einer guten Drosselfunktion vereinigt, wurde ein neuer, sitzgeführter Kronenkegel entwickelt. Dieser eignet sich für extrem anspruchsvolle Anwendungsfälle und ist dank seines Aufbaus aus Federstahl schwingungsdämpfend. Der sitzgeführte Kegel schützt das Ventil vor Vibrationen, die durch hohe Druckgefälle oder bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten entstehen, wie sie in verschiedensten Fällen vorkommen. Zudem steht für diese Ausführung ein Endlagenschalterset als nachträglich montierbares Ersatzteilkit zur Verfügung.
Bei der Suche nach Energieeinsparpotentialen im Prozess werden Armaturen häufig unterschätzt. Dabei senkt eine optimale Isolierung der Absperramaturen, wie sie jetzt bei BOA-H-Armaturen verwirklicht wurde, die Wärmeabstrahlung drastisch. Da die Ventile der Baureihe BOA-H nicht teurer in der Anschaffung als herkömmliche Ventile sind, lohnt sich ein Wechsel. In den meisten Fällen hat sich das Ventil allein durch die verringerten Energiekosten in vier bis fünf Jahren amortisiert.