Instandhaltung ist ein integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette und ein strategischer Erfolgsfaktor
Technik allein sichert keinen Erfolg - Instandhaltung ist Chefsache!
Für den Unternehmenserfolg ist ein Höchstmaß an Sicherheit und Verfügbarkeit der Produktionsanlagen genauso entscheidend wie ein Höchstmaß an Qualität der erzeugten Produkte - und dabei spielt die Anlageninstandhaltung eine wesentliche Rolle. Als Antwort auf diese Anforderungen zeichnet sich daher auch ein Paradigmenwechsel in der Instandhaltung ab, der durch eine hohe Bedeutungszunahme dieser Aufgabe geprägt ist. Die traditionelle Sichtweise der Instandhaltung als Kostenfaktor oder auch als Rettungstruppe bei Produktionsausfällen wird abgelöst. Sie wird immer mehr als integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette und strategischer Erfolgsfaktor gesehen. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Sichtweise muss auf den obersten Managementebenen der Unternehmen beginnen und von dort unterstützt werden. Eine rein technische Sichtweise kann die Erfolgspotentiale in der Instandhaltung nicht wirklich ausschöpfen.
In den meisten Unternehmen hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die Instandhaltung ein bedeutender Wertschöpfungsfaktor ist und sogar hilft, Kosten zu sparen, und so maßgeblich zum Geschäftserfolg beiträgt. Denn die Beherrschung zunehmend vernetzter, hoch komplexer und weitgehend automatisierter Prozesse erfordert eine ebenso ausgerichtete, hochqualifizierte Instandhaltung und das dazu erforderliche Personal und Management. Nur so können Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Zuge der Globalisierung bei gleichzeitig steigendem Kostendruck wahren und Arbeitsplätze gesichert werden. Aber - die Instandhaltung als Kernkompetenz eines Unternehmens kann nur effizient sein, wenn sie als Querschnittsdisziplin von Technik und Betriebswirtschaft auf allen Ebenen und in allen Prozessen des Unternehmens effizient umgesetzt wird!
Bedeutung der Instandhaltung
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Instandhaltung ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Dies drückt sich zum einen in den direkten Instandhaltungskosten aus, die in Europa (alte EU) bei ca. 1.500 Mrd. € pro Jahr liegen (Deutschland: ca. 250 Mrd. €). Unter Berücksichtigung der indirekten Instandhaltungskosten, die auf das Vier- bis Fünffache der direkten Kosten geschätzt werden, fallen Kosten in einer Größenordnung von 9.000 Mrd. € an. Zum anderen sind in der Instandhaltung ca. 10 Mio. Erwerbstätige beschäftigt, gleichzeitig sichert sie die Arbeitsplätze von ca. 40 Mio. Erwerbstätigen.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird die Instandhaltung heute als interne oder fremdbezogene wettbewerbsrelevante Serviceleistung angesehen. Diese sichert eine hohe Anlagenverfügbarkeit, die zeitnahe Instandsetzung der Anlagen, die flexible Abrufbarkeit von Instandhaltungsleistungen und die Reduzierung von Instandhaltungszeiten. Die Instandhaltung trägt so zur dauerhaften Reduzierung der Produktionsgesamtkosten, zur Verminderung des Ausfallrisikos der Anlagen, zu einer höheren und verlässlicheren (Arbeits-, Umwelt-, Anlagen-)Sicherheit und Produktqualität sowie zu einem effizienten Asset Management bei. Der Begriff Asset Management repräsentiert dabei nicht nur die instand zu haltende Anlage, sondern vielmehr den Wert, der durch effizientes Instandhaltungsmanagement gesichert wird.
Instandhaltung ist ein strategischer Erfolgsfaktor
Diese Botschaft ist allerdings noch längst nicht bei allen Unternehmen angekommen. Hier ist vor allem die Instandhaltung selbst in der Pflicht. Sie muss lernen, ihre Botschaft und ihren Anteil an der Wertschöpfung im Unternehmen in der „Sprache des Controllers" deutlich zu machen. Die Geschäftsführung will nichts über technische Details oder eingekaufte Schwachstellen hören, sondern aufgezeigt bekommen, wie sich diese Punkte in der Bilanz oder im Deckungsbeitrag auswirken. (Das Forum Vision Instandhaltung, FVI, hat hierzu einen ersten Ansatz entwickelt.) Fehlendes Grundverständnis für die Problemstellungen in der Instandhaltung auf der Managementebene macht die Situation nicht einfacher.
Selbst der Ansatz der Lebenszykluskosten muss noch an diese Anforderungen angepasst werden, da die Nutzungsdauer der Maschinen und Anlagen und damit ihr Lebenszyklus hoch dynamisch und auch von äußeren Rahmenbedingungen wie der Marktentwicklung abhängig ist.
Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass sich die Maschinen und Anlagen und/oder die auf ihnen gefertigten Produkte im Lebenszyklus verändern und somit die Lebenszykluskosten an diese neuen Rahmenbedingungen permanent angepasst werden müssen. Dies erfolgt heute noch im Wesentlichen rein reaktiv durch die Instandhaltung. Hier muss jedoch die Aktion von der Instandhaltung ausgehen. Die Instandhalter müssen hierfür sensibilisiert und auch entsprechend ausgebildet werden.
Außerdem werden die Instandhalter noch hauptsächlich für Feuerwehreinsätze belohnt. Die schnelle Beseitigung von Ausfällen ist noch immer wichtiger als die Vermeidung und Beseitigung von Fehlern. Wer als „Retter der Produktion" belohnt wird, hat oft wenig Motivation, vermeidend aktiv zu werden. Denn dann wird seine Leistung nicht wahrgenommen. Hier muss die Geschäftsführung umdenken und nicht weiter die Task-force-Einsätze belohnen, sondern für die Vermeidung solcher unplanmäßiger Stillstände und Ausfälle eintreten. Das wird die Kultur und den Stellenwert der Instandhalter im Unternehmen radikal verändern. Alle Punkte zusammengenommen führen zur „ersehnten" Wertschätzung der Instandhalter und die Instandhaltung wird als gleichwertiger Partner im Unternehmen akzeptiert.
Moderne Instandhaltung - Ein Paradigmenwechsel
Die hoch automatisierten, stark verketteten Produktionsmittel müssen mit der höchstmöglichen Effizienz betrieben werden. Die Anforderungen an ihre Verfügbarkeit steigen somit immer weiter. Produktionsausfälle kann sich ein Unternehmen nicht mehr leisten, denn es besteht nahezu keine Möglichkeit, verlorene Zeit wieder gut zu machen. Moderne Instandhaltung muss deshalb mit hoher Flexibilität die Zeitfenster nutzen, die ihr innerhalb des Produktionsprozesses offen stehen. Eine rein reaktive Instandhaltung kann in diesem hochkomplexen Produktionsumfeld nicht mehr bestehen. Hier helfen u. a. Methoden der zustandsbasierten Instandhaltung, die zu jeder Zeit mittels Condition Monitoring den Zustand wichtiger und störungsanfälliger Anlagenteile überwachen. Welche Strategie zum Einsatz kommt wird zunehmend risikobasiert festgelegt. Dabei wird das Risiko eines Ausfalls für den Geschäftserfolg bewertet, indem die potentielle Häufigkeit eines Ausfalls und seine Auswirkungen untersucht werden.
Als logische Konsequenz steigen auch die Ansprüche an das Instandhaltungspersonal. Instandhalter sind heute hochqualifizierte Spezialisten, die über ein umfangreiches und interdisziplinäres technisches Fachwissen verfügen müssen - welches ständig aktualisiert werden muss. Nur hochqualifiziertes Personal kann die komplexen Aufgaben der modernen Instandhaltung meistern und damit eine hohe Verfügbarkeit garantieren. Die Realität sieht momentan leider noch anders aus. Ingenieure verfügen zumeist über eine einseitige, nur auf die Technik fokussierte Ausbildung - und damit auch eine Denkweise, die betriebswirtschaftliche Aspekte ausblendet. Teilweise fehlen rechtliche Kenntnisse, soziale Kompetenzen oder Kenntnisse über die Auswirkungen und Konsequenzen schlechter bzw. mangelnder Instandhaltung. Deshalb sind viele Instandhalter nicht fähig - oder nicht willens -, ihre Leistung der Unternehmensführung zu „verkaufen", also ihren Beitrag zum Geschäftserfolg zu quantifizieren. Daraus resultiert sein „Image-Problem".
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherzustellen, muss die Qualifikation der Mitarbeiter permanent angepasst werden. Diese Aufgabe erscheint auf den ersten Blick als gewaltig; sie ist jedoch unabdingbar, um im Wettbewerb zu bestehen. Jedes Unternehmen muss sich auf den Weg machen und diesen Schritt wagen. Dies fällt umso leichter, wenn der Weg nicht alleine gegangen werden muss. Strategische Partnerschaften mit Anlagenherstellern und spezialisierten Dienstleistern ermöglichen die Arbeit entsprechend der Anforderungen und des Wissens zu teilen. So entstehen völlig neue Formen der Zusammenarbeit, in denen alle Partner den gemeinsamen Geschäftserfolg im Fokus haben.
Die komplexen Herausforderungen der Instandhaltung lassen sich in Zukunft nur meistern, wenn es gelingt, Betreiber, Hersteller, Dienstleister und Forschungseinrichtungen an einen Tisch zu bringen. Das Instandhaltungsmanagement der Zukunft erfolgt IT-unterstützt und nutzt modernste Technologien wie beispielsweise Telediagnose, Expertensysteme, Grafische Informationssysteme (GIS), mobile Systeme auf Basis von RFID und Wissensmanagement-Tools, etc. und hat z.B. Zugriff auf Web-Kataloge für die Beschaffung von Ersatzteilen. Durch den Einsatz dieser Systeme können Prozesse automatisiert, beschleunigt und im globalen Verbund online vernetzt werden. Instandhaltung wird immer wissensintensiver. Für ein Unternehmen ist es daher unabdingbar, das Wissen und die Erfahrungen der Mitarbeiter soweit wir möglich zu erhalten und am jeweiligen Bedarfsort den Bedarfsträgern zur Verfügung zu stellen.
Ein möglicher Ansatz ist, das dokumentierbare Wissen auf einer so genannten Wissensplattform zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren übernimmt diese Plattform die Rolle eines Kommunikationsförderers, indem sie auch Informationen darüber bereitstellt, wer im Unternehmen Ansprechpartner für spezifische Themen- und Wissensgebiete ist. Zudem stehen Netzwerke wie das FVI zum Informations- und Erfahrungsaustausch bereit.
Fazit: Moderne Instandhaltung ist Chefsache
Ebenso wie die Instandhaltung selbst hat auch der Beruf des Instandhalters in vielen Unternehmen immer noch ein Imageproblem. Das mag am fehlenden Grundverständnis für die Bedeutung der Instandhaltung innerhalb des Produktlebenszyklusses und deren Wertschöpfungsbeitrag liegen, an mangelnder Kenntnis des eigenen Produktionsprozesses, an gewachsenen „starren" Strukturen und Abläufen innerhalb des Unternehmens, aber auch an fehlenden oder ungeeigneten Instrumenten, um den „Erfolg" der Instandhaltung zu bestimmen und zu bilanzieren.
Es hat keinen Sinn, moderne Überwachungstechnologien einzuführen, um die Verfügbarkeit der Produktionsanlagen zu steigern, so lange die Geschäftsführung die Instandhaltung nicht als integralen Bestandteil der Wertschöpfungskette betrachtet. Ist dieser Sinneswandel erst einmal vollzogen - durch Einsicht oder einen kostspieligen Schaden - muss die Belegschaft mit auf den neuen Weg genommen werden. Unterstützt wird der Erfolg eines modernen Instandhaltungskonzepts durch eine Unternehmenskultur, die auf qualifizierte und motivierte Mitarbeiter baut, die sich als Teil des Ganzen verstehen und nicht vor Verantwortung und Eigeninitiative scheuen. Zusammenarbeit und Teamgeist sind gefragt bei der Implementierung moderner Instandhaltungskonzepte, nicht Zuständigkeitsdenken und Rivalität zwischen einzelnen Abteilungen. Doch: am Anfang des Weges steht immer zuerst eine unternehmerische Vision, die sich dann in klaren Zielen manifestiert.