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Dr. Carsten Suntrop und Bernhard Muhler, CMC²: Strategic Environmental Due Diligence, ihr Sinn und Zweck

Ökologische Komponenten beim Unternehmenskauf

15.11.2010 -

Die Erweiterung der Environmental Due Diligence um strategische Aspekte erhöht bei Unternehmensakquisitionen in der chemischen Industrie die Qualität des ermittelten ökologischen Unternehmenswertes erheblich.

Die Due Diligence (Kaufbewertung eines Unternehmens) hilft dem akquirierenden Unternehmen, die markt- und geschäftsgetriebene strategische Planung für eine Unternehmensakquisition finanziell, juristisch, inhaltlich, technisch und ökologisch abzusichern. Die Daten der Due Diligence helfen dann dem akquirierenden Unternehmen, die Trefferquote für ein zu akquirierendes Unternehmen erheblich zu erhöhen. Da bei der Due Dilligence neben technischen und finanziellen Informationen auch ökologische Daten von sehr großer Bedeutung sind, hat sich besonders in der chemischen Industrie die Integration der Environmental Due Diligence (EDD) in die gesamte Due Diligence etabliert.
Die EDD soll möglichst alle umweltrelevanten Probleme und finanzielle Risiken erfassen, die von einem Standort ausgehen oder auf diesen einwirken. Bisher wurde die EDD vorrangig eingesetzt, um klassische Umweltrisiken, wie z.B. Altlasten im Boden oder Grundwasser, Abfallentsorgung oder Abwassersysteme zu identifizieren bzw. anschließend zu quantifizieren.

Strategic Environmental Due Diligence

Die neuere Auffassung trägt auch der Erfahrung aus der Vergangenheit Rechnung, indem die Akquisitionsanalyse um strategische, ökologische Komponenten zu einer Strategic Environmental Due Diligence erweitert wird. Dazu zählen besonders in der chemischen Industrie Themengebiete wie ökologische Markttrends, Auswirkungen von Gesetzesvorschlägen wie z.B. Reach, Risk Assessments, Sustainable Supply Chain Management und Sonderthemen wie Emissionszertifikate.
Auf operativer Ebene werden ökologische Unternehmenswerte in Form möglicher oder fiktiver Risiken bereits in Unternehmensbewertungen einbezogen. Hierbei handelt es sich zumeist um negative Werte wie Altlasten im Anlagevermögen oder nachhaltige Schäden innerhalb des Betriebes. Die für die chemische Industrie erfolgskritischen strategisch-ökologischen Werte werden aus den allgemeinen qualitativen Unternehmenswerten der marktgerichteten Due Diligence abgeleitet (Konkurrenzsituation, Qualität der Lieferanten, Einhaltung von Prozessen, Kunden und Ruf des Unternehmens). Die Übertragung dieser Werte auf den ökologischen Bereich ergibt strategisch-ökologische Werte wie

  • Nachhaltigkeit der Partnerschaften in der Wertschöpfungskette,
  • Nachhaltigkeit des Managens und Standardisierens der Supply Chain,
  • ökologische Früherkennungsmechanismen (um zum Beispiel auf mögliche Risk Assessments frühzeitig eingehen zu können),
  • proaktive Nutzung von ökologischen Marktmechanismen wie die Emissionszertifikate oder
  • das Innovationsmanagement für ökologische Produkte, Prozesse und Dienstleistungen.

Die EDD hat das Ziel, alle Risiken und Kosten offen zu legen, die aus Sicht der Ökologie den wirtschaftlichen Erwerb des Unternehmens beeinflussen. Dazu wird die derzeit genutzte EDD um zwei Ebenen erweitert - zum einen um die strategische Ebene und zum anderen um die Sichtweise der Chancen. Die neue Sichtweise der EDD resultiert dann in einer Matrix aus ökologischen Chancen und Risiken auf der operativen und strategischen Ebene.
Diese in der Abbildung dargestellte erweiterte Sichtweise der EDD soll den Käufer eines Unternehmens auch in die Lage versetzen, Erhöhungen des Verkaufspreises (Kursänderungen) durch die ermittelten ökologischen Chancen einschätzen zu können (Unternehmenswertobergrenze).

Sustainable Supply Chain Management

Die relativen ökologischen Chancen und daraus resultierenden Wettbewerbsvorteile, insbesondere im Thema „Sustainability", werden in Zukunft zu einer Differenzierung im Wettbewerb führen. Die Unternehmen werden mit zwei Entwicklungen konfrontiert:

  • Strategisches Wachstum hängt von der Stärke der relevanten Wertschöpfungskette mit einem entsprechenden Management der beteiligten Akteure ab
  • die ansteigende Bedeutung nachhaltiger Produkte vor dem Hintergrund wachsender sozial-ökologischer Ansprüche an Unternehmen

Diesen Entwicklungen wird u.a. mit dem Management von nachhaltigen Wertschöpfungsketten begegnet. Bedingt durch die sinkenden Fertigungstiefen verliert der einzelne Produktionsstandort immer mehr an Bedeutung, die gesamte Kette dagegen nimmt an Bedeutung zu. Dieser Trend hat auch Auswirkungen auf die integrierte Sichtweise des Umweltmanagements. Als Konsequenz hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Umweltbelastungen und -risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren, zu optimieren, zu standardisieren und zu managen. Im Rahmen der EDD gilt es diese strategischen Wettbewerbsvor- und nachteile herauszuarbeiten, darzustellen und zu bewerten. In einem konkreten Case konnte mit Sustainable Supply Chain Management (SSCM) einem Unternehmen langfristig geholfen werden, das Produkt DMS vor einem EU Risk Assessment zu bewahren.

Die Einbindung des Prüfbereiches SSCM ermöglicht die Beantwortung der folgenden wichtigen Fragen innerhalb einer Environmental Due Diligence:
Existiert für das Produkt eine integrierte Kette mit vielen verschiedenen beteiligten Organisationseinheiten oder Unternehmen?
Wie groß ist die ökologische Komplexität in dieser integrierten Kette (Anzahl von Kunden und Lieferanten, Vielfalt der Stoffe, Vorgaben für Fertigung und Transport, Lieferzeiten und -modelle)?

  • - Wie groß ist die ökologische Variabilität in dieser integrierte Kette (verschiedene Produktverpackungen, Bedarfskontinuität, Anzahl der Transportwege)?
  • Welche Standards und Vorgaben existieren in der Wertschöpfungskette (Umweltstandards, Sicherheitsstandards, Qualitätsstandards, Human-Standards)?
  • Welche Informations- und Kommunikationsflüsse existieren innerhalb der Kette zwischen den Beteiligten zum Thema Sustainability?
  • Welche ökologischen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente sind für die Produkte und Geschäftsfelder des zu erwerbenden Unternehmens etabliert?
  • Wie durchgängig ist das Risikomanagement in der Kette implementiert?

Fazit

Die Einbindung der strategischen Sichtweise in die Environmental Due Diligence (EDD) erweitert den Blickwinkel auf das zu kaufende Unternehmen, besonders in der chemischen Industrie, erheblich. Mit der Erweiterung der EDD können neben kurzfristigen ökologischen Defiziten wie Altlasten auch weitergehende Risiken und damit einhergehende Investitionen transparent gemacht werden. Neben der Risiko- und Kostenbetrachtung erscheint es jedoch auch sinnvoll zu sein, die ökologische Chancen- und Potentialbetrachtung in die EDD einzubeziehen. Dies hilft den Unternehmen, auch Kaufpreisobergrenzen deutlicher zu identifizieren. Aus dieser Ergänzung ergibt sich eine neue, auf Strategie und Chancen gerichtete EDD. Je mehr ein Unternehmen entsprechende Maßnahmen zum nachhaltigen Management seiner Supply Chains einsetzt, desto weniger Kosten entstehen für Investitionen und vermeintliche ökologische Risiken. Das professionelle nachhaltige Managen der Supply Chain trägt besonders in der chemischen Industrie zur Stabilisierung des Unternehmenswertes bei.

 

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