Strategie & Management

Patentnachfrage in Europa steigt

12.06.2024 - Digitale Technologien und saubere Energien stärken 2023 die Patentnachfrage in Europa

Patentanmeldungen stehen als wichtiger Frühindikator für Investitionen der Unternehmen in Forschung und Entwicklung. Zugleich unterstützen sie die Vermarktung von Erfindungen. Der Patent Index 2023 zeigt eine neue Höchstmarke: Beim Europäischen Patent­amt (EPA) wurden im vergangenen Jahr insgesamt 199.275 Patentanmeldungen eingereicht, +2,9 % mehr als im Vorjahr. Damit hat sich der positive Trend aus den Jahren 2021 (+4,7 %) und 2022 (+2,6 %) fortgesetzt. 

Erfinder sowie Unternehmen aus Deutschland reichten beim EPA im vergangenen Jahr 24.966 Patent­anmeldungen ein (+1,4 % ggü. Vj.). Das ist die erste Zunahme nach drei Jahren mit stagnierendem Anmeldeaufkommen. Deutschland bleibt erneut an der Spitze der europäischen Staaten und steht im weltweiten Ranking der europäischen Patent­anmeldungen weiterhin auf dem zweiten Platz hinter den USA. 2023 stammten rund 12,5 % aller beim EPA eingereichten Anmeldungen aus Deutschland.

Starkes Wachstum aus China und Korea 
Die fünf Länder mit den meisten europäischen Patentanmeldungen im letzten Jahr waren die Vereinigten Staaten – auf die 24 % des gesamten Anmeldeaufkommens entfielen – Deutschland, Japan (11 %), China (10 %) und die Republik Korea (6 %). Der Anstieg der Patentanmeldungen im vergangenen Jahr beruht vor allem auf der weiterhin starken Zunahme aus Korea (+ 21 %) und China (+ 8,8 %). Damit rückt das Land auf den fünften Platz im Länderranking vor. 
Die Zahl der Patentanmeldungen aus den 39 Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation (85.748) ist 2023 leicht gestiegen (2022: 84.225, +1,8 %) und entspricht einem Anteil von 43 % am gesamten Anmeldeaufkommen beim EPA. 57 % stammten aus anderen Regionen, insbesondere aus Asien und Amerika.

Starkes Wachstum bei Maschinen/Energie, Computertechnik und Biotechnologie
Die zahlenmäßig stärksten Technologiefelder bei den Patentanmeldungen aus Deutschland waren erneut die traditionell patentintensiven Bereiche elektrische Maschinen/Geräte/Energie, Transport (einschließlich der Fahrzeugtechnologien) sowie Messtechnik. Daneben haben deutsche Unternehmen sowie Erfinder insbesondere in zukunftsträchtigen Segmenten wie der Computertechnik (+13,5 %) und der Biotechnologie (+13,4 %) wieder deutlich mehr Patente angemeldet. Im Länder-Ranking für die Biotechnologie ist Deutschland die Nummer zwei hinter den USA. Unter den 25 anmeldestärksten Unternehmen in diesem Bereich finden sich fünf deutsche Firmen, angeführt von BASF, das auf dem achten Platz rangiert. In der Computertechnik liegt Deutschland auf Rang 3 hinter den USA und China. Unter den Top 25 in Computertechnik befinden sich mit Siemens und der Fraunhofer-Gesellschaft ebenfalls zwei deutsche Anmelder. 
In seinen traditionell anmeldestarken Technologiesegmenten hat das „Autoland Deutschland“, im Jahr 2023 seinen Spitzenplatz verteidigt, besonders im Bereich Transport: Mehr als 20 % aller im vergangenen Jahr eingereichten europäischen Patentanmeldungen in diesem Sektor stammten aus Deutschland. In der Messtechnik, die auch die für die vierte industrielle Revolution wichtigen Sensoren umfasst, meldeten nur US-amerikanische Unternehmen mehr Patente an als die deutschen Firmen (+6,5 % im Jahresvergleich). Auf dem Gebiet elektrische Maschinen, Geräte, Energie steht Deutschland weltweit an dritter Stelle beim EPA, hinter den Spitzenreitern China und der Republik Korea. Hier stiegen die Patentanmeldungen aus Deutschland um +7,7 % gegenüber dem Vorjahr. Die Firma Robert Bosch liegt im internationalen Vergleich auf Rang 12 der Patentanmelder beim EPA für Erfindungen in der Batterietechnik, einem Teilgebiet von elek­trische Maschinen/Geräte/Energie. 

Huawei erneut mit den meisten Anmeldungen, Siemens und BASF im Top 10-Ranking 
Im dritten Jahr in Folge bleibt der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei aktivster Patent­anmelder beim EPA mit 5.071 Anmeldungen. Mit Siemens (6), BASF (8) und Robert Bosch (11) konnten sich im vergangenen Jahr drei deutsche Unternehmen im Ranking der patent­aktivsten Firmen behaupten. Zudem nahmen deutsche Unternehmen wie die B. Braun Gruppe (Medizintechnik) oder auch Evonik, Bayer (Organische Feinchemie), Continental und ZF im Bereich Transport erneut Spitzenpositionen in ihren Technologiefeldern ein. Bei der Computertechnik verbesserte sich Siemens um eine Position auf den fünften Platz, die Fraunhofer-Gesellschaft rückte auf Platz 16 in der Liste der 25 aktivsten Firmen in diesem Bereich auf.

Nur wenige Frauen an Patentierungen aus Deutschland beteiligt
Bei den im letzten Jahr beim EPA eingereichten Patentanmeldungen aus Deutschland war lediglich in 22 % eine Frau als Erfinderin aufgeführt. Dies ist der zweitniedrigste Anteil unter den zwölf größeren europäischen Patent­anmeldeländern (mit mehr als 2.000 Anmeldungen pro Jahr). Er liegt auch unter dem Durchschnitt der 39 EPA-Mitgliedstaaten (27 %). Nach Technologiebereichen betrachtet schwankten die Häufigkeit der Nennung von Erfinderinnen europaweit zwischen 14 % im Maschinenbau und 50 % in der Chemie. Diese Daten machen deutlich, wie groß die Lücken noch sind, die geschlossen werden müssen, um das volle Potenzial an Erfinderinnen auszuschöpfen.

Großes Interesse in Deutschland am neuen Einheitspatent 
Seit dem 1. Juni 2023 können Erfinder das Einheitspatentsystem nutzen. Damit profitieren sie von einer kostengünstigen und einfachen Option für Patentschutz in derzeit 17 EU-Mitgliedstaaten, in denen das europäische Einheitspatent mit einheitlicher Wirkung gilt. Der Rechtsweg kann vor dem ebenfalls neu geschaffenen, zentralen Einheitlichen Patentgericht beschritten werden. Das neue System genießt bereits eine hohe Akzeptanz bei den Patentinhabern: Für 17,5 % aller europäischen Patente, die 2023 erteilt worden sind, war einheitliche Schutzwirkung beim EPA beantragt worden (insgesamt über 18.300 Anträge) – und sogar für 22,3 % aller Patente, die in der zweiten Jahreshälfte 2023 nach dem Start des Systems erteilt wurden. Patentinhaber aus Deutschland stellten über 3.400 Anträge auf einheitlichen Schutz für Patente, die im vergangenen Jahr erteilt wurden.

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