Logistik & Supply Chain

Miebach Studie über die Zukunft der Pharma Supply Chain

17.05.2024 - Die Supply Chains in der Pharmaindustrie haben sich durch unterschiedliche „Black Swan“-Ereignisse in den letzten Jahren teilweise sehr stark und unerwartet verändert. Miebachs neue globale Studie mit mehr als 300 Teilnehmenden zeigt diese Veränderungen auf.

Die Ergebnisse bieten nicht nur spannende Einblicke in die sich wandelnden Anforderungen und Prioritäten der pharmazeutischen Supply Chains, sondern es lassen sich daraus auch strategische Empfehlungen zur Bewältigung aktueller Herausforderungen und zur Nutzung aufkommender Chancen ableiten.

Die aktuelle sechste Auflage der Miebach-Pharmastudie wurde von November 2023 bis Januar 2024 mittels Online-Fragebogen durchgeführt. Die Studienteilnehmer aus Pharma- und Life-Sciences-Unternehmen kommen zum Großteil aus den Bereichen Supply Chain und Logistik, wobei 10% im Einkauf und 6% in leitenden Positionen tätig sind.

Welche Entwicklungen und Veränderungen prägen die Industrie?

Was ist aus den Top-Themen der letzten Miebach Pharmastudie von 2020 geworden? Haben Künstliche Intelligenz (KI), digitale Transformation, IoT und Robotik/Automatisierung nach der Pandemie die gleiche Bedeutung wie zuvor? Haben wir gelernt, mit Lagerengpässen umzugehen? Nachfolgend werden einige der entscheidenden Ergebnisse der aktuellen Miebach-Pharmastudie von 2024 vorgestellt.

Supply Chains kosteneffizient und transparent gestalten

In den letzten Jahren haben unerwartete und äußerst unwahrscheinliche Ereignisse, auch als „Black Swan“ Ereignisse bekannt, häufiger stattgefunden als erwartet. Beispiele hierfür sind die Covid-19-Pandemie, die Blockade des Suezkanals und der Krieg in der Ukraine. Obwohl diese Ereignisse zur „neuen Normalität“ geworden sind, haben sie immer noch einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmen.

Die Studie zeigt auf, wie wichtig es für die Unternehmen ist, die Risiken in ihrer Supply Chain zu verringern und gleichzeitig die Kosten effektiv im Griff zu behalten. Als größte Herausforderung wird von 98% der Teilnehmenden die Optimierung des Supply-Chain-Netzwerkes angesehen, gefolgt von der Erreichung einer globalen Transparenz im gesamten Netzwerk. Zusätzlich berücksichtigen mittlerweile fast alle Netzwerkanalysen den CO2-Fußabdruck von Standorten und Netzwerken, um die Nachhaltigkeit in der Supply Chain zu erhöhen.

Die Optimierung des Supply-Chain-Netzwerks ist im Vergleich zur Vorgängerstudie nochmals in ihrer Bedeutung gestiegen (in den Ergebnissen von 2020 nur an dritter Stelle). Was wir zudem als zusätzlichen Faktor in den Anforderungen unserer Kunden innerhalb unserer Projekte sehen, ist, dass der Fokus sich viel stärker von der Kostenreduzierung (an erster Stelle in 2020) auf „Störungen und Widerstandsfähigkeit in der Supply Chain“ verlagert hat.

Bezüglich des Themas „globale Transparenz“, der Grundlage für bestmögliche Netzwerkoptimierungen, sei erwähnt, dass ihre Position im Ranking im Vergleich zur Studie von 2020 unverändert an zweiter Stelle liegt. Die Herausforderungen in diesem Bereich resultieren nicht nur aus unterschiedlichsten IT-Systemen in multinationalen Unternehmen, sondern auch aus der Trennung zwischen Hersteller- und 3PL/4PL-IT-Infrastrukturen. Diese Trennung führt oft dazu, dass kein globaler „Data Lake“ geschaffen werden kann, um eine echte Sichtbarkeit zu erreichen. Die Bewältigung dieser Herausforderung ist recht schwierig, aber mit entsprechender Expertise erreichbar, wie wir in vielen ähnlichen Projekten festgestellt haben.

Die frühere Nummer 1 „Kostenreduzierung in der Supply Chain“ aus dem Jahr 2020 wurde von den beiden genannten Themen übertroffen, rangiert jedoch immer noch an dritter Stelle, was darauf hinweist, dass Kostenreduzierung nach wie vor eine wichtige Rolle in den Supply Chains der Pharma- und Life-Sciences-Branche spielt.

Ein interessanter Trend ist auch an den Plätzen 7 (Track&Trace) und 8 (Outsourcing) erkennbar. Die niedrige Platzierung erklären wir mit erfolgreich implementierten T&T-Prozessen und logistischen Auslagerungen in vielen Unternehmen. Die Beziehung zwischen Herstellern und ihren Logistikdienstleistern (3PL) scheint sich in den letzten Jahren stabilisiert zu haben, aber 4PL-Projekte sind manchmal nicht so erfolgreich, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Einzelheiten dazu finden sich auch in der aktuellen Miebach-Outsourcingstudie.

Resilienz in der Supply Chain erhöhen mit KI

Ein aktueller Trend besteht darin, die Widerstandsfähigkeit der Supply Chain zu verbessern. Dies spiegelt sich auch in der gestiegenen Nachfrage nach S&OP- und IBP-Ansätzen sowie in der Notwendigkeit wider, den vollständigen digitalen Werkzeugkasten von Big Data und dessen Analyse mithilfe KI-basierter Tools zu nutzen.

Um jedoch in der typischerweise ausgelagerten Pharma-Supply-Chain Transparenz zu erlangen, ist ein kooperativer Ansatz zum Erhalt der notwendigen Daten erforderlich. Der notwendige Startpunkt für die Erreichung einer Echtzeit-Sichtbarkeit in einem einzigen „Control Tower“ wird erst durch einen globalen „Data Lake“ geschaffen und hierzu wird die Kooperation aller Beteiligten benötigt.

Die gute Nachricht? Die Werkzeuge für die nächsten Schritte der Analyse sind bereits vorhanden. Die Integration von KI-basierten Modulen ist bereits möglich und kann die Widerstandsfähigkeit der Supply Chain weiter verbessern. Der langfristige Ansatz wird dann voraussichtlich „echte“ KI in die Planung einbeziehen und einen kontinuierliche Optimierungsansatz der Supply Chain des jeweiligen Unternehmens ermöglichen. Wir sind davon überzeugt, dass dies der einzige Weg sein wird, um dem Wettbewerb stets einen Schritt voraus zu sein.

Zu implementierende Technologien für den Unternehmenserfolg

Die Namen der Technologien, die Unternehmen bereits implementiert haben bzw. noch implementieren wollen, haben sich in den letzten Jahren nicht grundlegend geändert, aber in der aktuellen Studie wird die Bedeutung einiger von ihnen deutlicher.

Die großen Schlagworte KI und Big Data sind immer noch die nächsten großen Aufgaben auf der Liste. Andere IT-Systeme wie Warehouse-Management-Systeme sind bereits sehr gut integriert und bleiben essenzielle Technologien, die regelmäßig aktualisiert werden müssen.

Nach Erfahrungen von Miebach in Supply-Chain-Projekten sind Lagerautomatisierung und die Nutzung von „Control Towern“ weiterhin sehr gefragt und sind oft bereits implementiert – zumindest teilweise.

Schlusslichter im Ranking sind RFID, „Internet of Things“ und Blockchain. Diese Technologien versprechen zwar seit vielen Jahren eine Verbesserung der Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Sicherheit, doch werden sie bislang eher für Nischenanwendungen genutzt und warten weiterhin auf den großen Durchbruch.

Bestandsoptimierung mit Raum für Verbesserungen

Die Bestandsoptimierung ist der Bereich mit dem größten angenommenen Potenzial für Verbesserungen basierend auf den Ergebnissen der Umfrage. Dies ist angesichts der Herausforderungen, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, sowie des „Just-in-Case“-Ansatzes, der dadurch entstanden ist, nicht überraschend. Die Optimierung des Bestands ist entscheidend, da sie nicht nur Kosten und Platzbedarf, sondern auch die Widerstandsfähigkeit, die OEE („overall equipment efficiency“) und indirekt die verbleibende Haltbarkeit nach der Produktion beeinflusst.

In den meisten Fällen ist eine Bestandsoptimierung auf mehreren Ebenen zwingend erforderlich. Es ist auch wichtig, die Auswirkungen des Lagerbestands auf die Produktionsversorgung nicht zu unterschätzen. Idealerweise sollte im Vorfeld eine Simulation mit einem digitalen Zwilling durchgeführt werden, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Dies ermöglicht es, verschiedene Szenarien zu testen, und somit Versorgungsprobleme zu vermeiden.

Was sind die Auslöser für Veränderungen?

Die Ergebnisse in der nachfolgenden Abbildung zeigen sehr gut die Veränderungen aufgrund unerwarteter Entwicklungen in den letzten Jahren. Es ist keine Überraschung, dass die meisten aktuellen Veränderungen durch die Störungen und Volatilität der letzten Jahre ausgelöst wurden. Auch der Druck zur Kostensenkung war nach den „Just for Safety“-Maßnahmen nach der Pandemie zu erwarten.

Aber wir waren überrascht von der demografischen Entwicklung auf dem zweitletzten Platz. Der Arbeitskräftemangel hat bereits viele Regionen beeinflusst, und in vielen unserer Produktions- oder Distributionslogistikprojekte ist mittlerweile ein höherer Automatisierungsgrad vorteilhaft, zumindest als zukünftige Möglichkeit bei der Gestaltung neuer Standorte. Wir nehmen an, dass der Grund darin liegt, dass die Zusammenhänge noch nicht damit in Verbindung gebracht wurden, dass einige der Vorteile der Automatisierung Hand in Hand gehen mit der Bewältigung von Herausforderungen durch demografische Veränderungen, da nur so mit weniger Personal die gleiche Durchsatzleistung erbracht werden kann.

Fazit und Ausblick: Was können wir in der Zukunft erwarten?

Aktuell befinden wir uns an einem entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Pharma-Supply-Chains. Mit der digitalen Transformation ergeben sich unerwartete Innovationsmöglichkeiten, die in anderen Branchen oftmals schon erprobt sind. Die regelmäßige Optimierung des Netzwerks mit gründlichen Netzwerkanalysen sowie die Multi-Echelon-Bestandsoptimierung (MEIO) sind aber auch von entscheidender Bedeutung für den Wettbewerbserfolg in der Pharma-Supply Chain.

Eine kollaborative Prognose und Planung ermöglicht zusätzlich die End-to-End-Optimierung der Supply-Chain-Prozesse, einschließlich organisatorischer Strukturen.

Die Werkzeuge dafür sind bereits da und nutzen häufig schon KI-Module und Big-Data-Ansätze. Allerdings wird das Ergebnis erst dann seine volle Wirkung entfalten können, wenn eine globale Sichtbarkeit innerhalb der Supply Chain durch vollständig und in Echtzeit verfügbare Daten vorliegt – nehmen Sie die Zukunft Ihrer Supply Chain in die Hand, um dem Wettbewerb voraus zu sein!

 

Der vollständige Pharma-Supply-Chain-Studienreport und auch die erwähnte Outsourcing-Studie können auf der Miebach-Website unter dem dort angegebenen Formular angefordert werden:

Pharma Supply Chain Study 2024: https://www.miebach.com/de/en/news-and-resources/global-new-miebach-study-about-the-future-of-pharma-supply-chains-available/   

Outsourcing Study 2023: https://www.miebach.com/de/en/news-and-resources/global-miebach-study-logistics-outsourcing-2023/

Autor: Achim Sponheimer, Director & Partner, Global Head of Industry Pharma & Life Sciences, Miebach Consulting

 

Den redaktionellen Beitrag aus CHEManager 5/2024 lesen Sie hier.


_________________
ZUR PERSON
Achim Sponheimer ist globaler Head of Industry für Pharma & Life Sciences sowie Partner der Miebach Gruppe. Neben seiner Branchenspezialisierung besitzt der Wirtschaftsingenieur umfassende Expertise in der Detailplanung und Realisierung von Pharmalogistik, u.a. auch im GMP-Produktionsbereich in Deutschland und Europa. Vor seinem Einstieg bei Miebach in 2005 war Sponheimer für Gillette in Irland und Deutschland tätig.


__________________
Über Miebach: 27 Büros. Vier Kontinente. Ein Fokus. Bei Miebach gestalten wir Supply-Chains für die reale Welt. Supply Chains, die vorausschauen, mitdenken und agieren können. Supply Chains, die sich anpassen, anstatt zu scheitern. Wir sind der Partner, der alle Kompetenzen innerhalb der Supply Chain vernetzt - Strategie und Engineering, digital und global - von der Quick-Win-Optimierung bis hin zur Big-Win-Transformation. Über 50 Jahre Projekterfahrung gepaart mit unserem stark verwurzelten ingenieurwissenschaftlichen Fähigkeiten ermöglichen es uns, Supply Chains zu entwickeln, die komplexe Zusammenhänge durchbrechen, jedes noch so kleine Detail betrachten, Innovationen inspirieren und Kreativität mit Logik verbinden. Wir erkennen Ihr Potential und erfüllen Ihre größten Versprechen. Was könnte Ihre Supply Chain für Sie tun? Wozu ist Ihre Supply Chain fähig?

 
Sponsored by

Miebach

Kontakt

Miebach Consulting GmbH

Untermainanlage 6
60329 Frankfurt am Main
Hessen, Deutschland

+49 69 273992 0