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Märkte für Pflanzenschutz- und Düngemittel schrumpfen

Industrieverband Agrar warnt vor „Flickenteppich nationaler Reduktionsprogramme

14.05.2024 - Die Mitgliedsunternehmen des Industrieverbands Agrar (IVA) blicken auf ein schwieriges Jahr mit sinkenden Umsatz- und Absatzzahlen zurück – und angesichts wachsenden regulatorischen Drucks mit Sorge in die Zukunft. Dies geht aus dem neuen Jahresbericht des Verbands hervor, den er heute anlässlich seiner Mitgliederversammlung in Berlin veröffentlichte.

Das Umsatzvolumen der Hersteller von Pflanzenschutzmitteln sank 2023 um 6,2% auf 1,342 Mrd. EUR (Vorjahr: 1,431 Mrd. EUR) und liegt damit noch unter dem Wert des Jahres 2017. Im Bereich Pflanzenernährung hält die Unsicherheit an. Die Nachfrage nach dem wichtigsten Nährstoff Stickstoff sank im Geschäftsjahr 2022/2023 um weitere 5,7% auf 1,034 t (Vorjahr: 1,097 t) und hat damit die fallende Tendenz der letzten Jahre bestätigt.

Pflanzenschutzmarkt 2023: Grundsätzliche Negativtendenz
Generell ist festzustellen, dass das Jahr 2023 wie das Vorjahr von deutlich erhöhten Energie- und Rohstoffpreisen und den damit verbundenen Preissteigerungen auch für landwirtschaftliche Betriebsmittel, insbesondere Pflanzenschutzmittel, gekennzeichnet war.

Der Herbizidumsatz ist mit 599 Mio. EUR um 10,5% gesunken. Der Fungizidmarkt ist gegenüber dem Vorjahr um 0,7% auf 538 Mio. EUR gesunken. Der Insektizidmarkt liegt mit 111 Mio. EUR um 9,8% unter dem Wert des Vorjahres. Der Umsatz der „sonstigen“ Pflanzenschutzmittel wie beispielsweise Repellents, Wachstumsregulatoren, Rodentizide (Mittel zur Bekämpfung von Nagetieren) und Molluskizide (Schneckenmittel) liegt mit 94 Mio. EUR um 3,1% unter dem Wert des Vorjahres. Im zurückliegenden Jahr 2023 wurden Pflanzenschutzmittel für Haus und Garten im Umfang von insgesamt 67,2 Mio. EUR verkauft, was im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 3,6% ausmacht.

Düngemittelmarkt 2022/2023: Im Osten nichts Neues
Die „teure Vollbremsung“ aus dem Vorjahr hat sich wesentlich auch auf die Düngermärkte im vergangenen Jahr niedergeschlagen. Zwar haben sich die Preise für verschiedene Düngemittel im Vergleich zum Frühjahr 2022 deutlich nach unten korrigiert, im Kaufverhalten der Landwirte hat sich das jedoch nicht positiv abgebildet. Im Gegenteil, wie die Absatzzahlen zeigen. Die weiterhin hohe Unsicherheit und die restriktiven regulatorischen Vorgaben haben zu einer Stagnation auf den Düngermärkten beigetragen. Da die Situation in Osteuropa ebenfalls keine neuen Impulse bieten konnte, stellt sich die Situation im Düngejahr 2022/2023 im Rückblick weitgehend unverändert dar.

Bei Stickstoffdünger hat sich die fallende Tendenz der letzten Jahre auch im Jahr 2022/2023 fortgesetzt. Während im Vorjahr noch circa 1,097 Mio. t Stickstoff abgesetzt werden konnten, sank der Absatz um weitere 5,7% auf 1,034 Mio. t. Damit liegt der Absatzrückgang in etwa auf dem EU-weiten Niveau. Während beim Absatz von Harnstoff ein Plus von circa 5,6% und bei übrigen Einzelnährstoffdüngern von 6,5% zu verzeichnen war, mussten alle anderen Arten von Stickstoffdüngern Absatzrückgänge verzeichnen. So war der Rückgang insbesondere bei AHL mit über 28%  besonders deutlich. Auch der weiterhin bedeutendste Stickstoffdünger Kalkammonsalpeter verzeichnete einen Absatzrückgang von 13,7%.

Bei Phosphat konnte die negative Entwicklung aus den vergangenen beiden Düngejahren aufgehalten und der Absatz stabilisiert werden. So wurde eine Absatzsteigerung von 1% ermittelt. Die Absatzrückgänge bei den P-Einzelnährstoffdüngern (zum Beispiel Superphosphat als wichtigster P-Einzelnährstoffdünger minus 3,8%) wurden durch Zugewinne bei NP-Düngern (11,2%) kompensiert. Der Absatzrückgang bei Kali-Düngern unterbot mit minus 21,8% abermals den EU-weiten Durchschnitt. So wurde mit 0,239 Mio. t wie auch bei Stickstoff erneut der niedrigste Absatz innerhalb der letzten 10 Jahre verzeichnet. Mit weitem Abstand wichtigster Kalidünger bleibt trotz eines Rückgangs um 22,4% Kaliumchlorid. Der Absatzmarkt für Kalkdünger bleibt weiterhin stabil, wenngleich ein Absatzrückgang um 2% zu verzeichnen war. Weiterhin wichtigster Kalkdünger bleibt mit großem Abstand der Kohlensaure Kalk mit einem Absatzanteil von über 78%. Dieser konnte im vergangenen Jahr sogar gesteigert werden.

Beim Ausblick auf das Jahr äußerte IVA-Präsident Michael Wagner die Befürchtung, dass anstelle der im Europäischen Parlament gescheiterten Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR: Sustainable Use Regulation) nun ein neues Reduktionsprogramm zum einseitigen Nachteil der deutschen Landwirtschaft kommen wird. Wagner: „Unsere Sorge: ein Flickenteppich nationaler Reduktionsprogramme, die mit unterschiedlichen Maßnahmen und Ambitionen uns wieder ein Stück weiter vom ‚level playing field´ wegführen. Und wenn wir auf den Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu einem ‚Zukunftsprogramm Pflanzenschutz‘ (das den Namen zu Unrecht trägt) schauen, scheinen sich unserer Befürchtungen zu bestätigen.“

Die Rahmenbedingungen bei den Strom- und Gaspreisen für deutsche Produzenten von Mineraldüngern haben sich zwar etwas entspannt, gleichwohl bleiben Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Weltregionen mit besserem Zugang zu günstiger Energie bestehen. Unbeirrt ob dieser Bedingungen sind die im IVA vertretenen Herstellerfirmen bereit, den Weg mit erheblichen Investitionen in die Transformation zu einer klimafreundlichen Mineraldüngung zu gehen. Erste Pilotprojekte zur Herstellung klimafreundlicher grüner Düngemittel wurden gestartet.

„Für Deutschland und Europa ist das Sicherstellen einer eigenen wettbewerbsfähigen Düngemittelproduktion eine Aufgabe von geostrategischer Bedeutung. Schon heute produzieren wir hier hocheffizient und klimaschonender als in anderen Weltregionen. Damit das auch in Zukunft so sein kann, muss die Politik heute die Weichen stellen für die Verfügbarkeit von günstigen erneuerbaren Energien und für den Zugang zu ausreichend grünem Wasserstoff“, sagte Marco Fleischmann, Vorsitzender des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung und Geschäftsführer von Yara Anfang des Jahres in Berlin.

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