Anlagenbau & Prozesstechnik

Explosionsschutz für Wasserstoffverdichter

Spanische Hochdruckexperten entwickeln den Wasserstoffmarkt

03.04.2023 - Grüner Wasserstoff zum wichtigsten Energieträger werden. Dem spanischen Anbieter von Hochdrucktechnik, der bislang vor allem die Lebensmittelindustrie belieferte, entwickelte mit Unterstützung durch R. Stahl eine umfassende, Ex-geschützte Wasserstoff-Kompressorstation für das spanische Nationale Wasserstoffzentrum CNH2.

Schon seit über 20 Jahren ist Hiperbaric in der Hochdrucktechnik zu Hause. Mit der HPP (High Pressure Processing)-Technik des spanischen Maschinenbauers gelingt es, Lebensmittel und Getränke haltbar zu machen, ohne sie hohen Temperaturen oder Chemikalien auszusetzen. In diesem Sektor erarbeitete sich das Unternehmen mit Hauptsitz im nordspanischen Burgos einen Ruf als Markt- und Technologieführer.

Doch man sollte sich nie auf dem Erreichten ausruhen. Oscar Garcia, Techniker für Vertrieb und Marketing bei Hiperbaric, berichtet über die Entwicklung, die vor sieben Jahren begann: „Unsere F&E-Abteilung begann damit, darüber nachzudenken, wie unsere Kompetenz für sehr hohe Drucke, die wir bisher für das Medium Wasser einsetzten, in anderen Anwendungsbereichen nutzbar sein könnte.“ Eines der Projekte zielte auf das sogenannte Heiß-Isostatische Pressen (HIP) ab, bei dem Metall- oder Keramikteile mit Argon bei hohem Druck und hohen Temperaturen bearbeitet werden. Inzwischen vermarktet Hiperbaric die Ausrüstung für diesen Prozess bereits seit vier Jahren.

Hochdruckexpertise für Zukunftsmarkt Wasserstoff

Einer der vielversprechendsten Sektoren, in denen eine Flüssigkeit unter sehr hohem Druck benötigt wird, ist aber sicherlich die Verdichtung von Wasserstoff. Dieser Zukunftsmarkt stand daher für die Entwickler von Hiperbaric schon bald im Fokus. Erzeugt man Wasserstoff mit Hilfe von grüner Energie durch Elektrolyse von Wasser, kann er als Energiespeicher für überschüssige Wind- und Solarenergie genutzt werden. Vor allem in Gasform ist es möglich, ihn in Lagerbehälter zu füllen und über Pipelines zu transportieren. Alle Prognosen deuten darauf hin: Ein wichtiges Einsatzfeld für Wasserstoff wird in Zukunft die Versorgung von Brennstoffzellen in Fahrzeugen, Schiffen und sogar Flugzeugen sein.

Vorzeigeprojekt für das Nationale Wasserstoffzentrum

Ein herausragendes Wasserstoffprojekt von Hiperbaric entwickelte sich aus der Zusammenarbeit mit dem spanischen Nationalen Wasserstoffzentrum CNH2. Ziel war eine komplette Hochdruck-Wasserstoffkompressionslösung zur Betankung der neusten Generation von Brennstoffzellenfahrzeugen, die an einer neuen Wasserstoffanlage (in Puertollano) im Süden Spaniens eingesetzt werden sollte. Als Demonstrationsprojekt für die Bereitstellung von Wasserstoff-Betankungsdiensten für Pkw hat es einen besonders hohen Stellenwert, sowohl für Hiperbaric als auch für seinen Kunden. Hiperbaric entwickelte dazu einen Wasserstoffkompressor, der Wasserstofftanks mit einem Druck von bis zu 1.000 bar befüllen kann.

In vielem gleichen die Herausforderungen bei der Entwicklung der Wasserstoffkompressionslösung denen, die der Anlagenbauer schon seit Jahren bei seinen Food-Projekten zu meistern hatte. So war etwa auch in diesem Fall hohe Effizienz gefragt, um die Betriebskosten gering zu halten. „Wir hatten aber auch besondere Anforderungen zu erfüllen, die mit den spezifischen Eigenschaften von Wasserstoff zu tun haben“, erinnert sich Luis Ángel Ramos, „insbesondere die Vermeidung von übermäßigem Wärmeentzug sowie ein besonders hohes Sicherheitslevel, um einen sicheren Betrieb für Mensch, Material und Umwelt zu gewährleisten.“

Ölfreier Wasserstoff auch nach der Verdichtung

Neben der komfortablen Bedienbarkeit war es gerade die maximale Sicherheit, auf die CNH2 besonderen Wert legte. Der Anlagenbauer konnte dies überzeugend umsetzen. Die wichtigsten Komponenten der Kompressoreinheit sind der Hochdruckvervielfacher, der über verschiedene Abschnitte zur Durchführung der Verdichtung verfügt, sowie verschiedene Systeme, die die Einheiten sicher, effizient und zuverlässig machen. Eines der Hauptmerkmale dieser Einheit ist, dass sie dank des Verzichts auf Ölschmierung eine maximale Wasserstoffreinheit bewahrt.

Explosionsschutzexpertise vom Marktführer

In Sachen Sicherheit nutzten die spanischen Entwickler die Ex-Schutz-Expertise des Unternehmens R. Stahl mit Hauptsitz in Deutschland. Die Partner arbeiteten im Rahmen dieses ersten gemeinsamen Projekts an drei verschiedenen, sich ergänzenden Systemen zusammen:

  • eine Steuerung 8150/5, Zone 1, ATEX für dezentrale E/A 1718 (bereitgestellt von Rockwell)
  • ein Bedienfeld 7145/5, Zone 2, ATEX für die HMI
  • eine explosionssichere Steuereinheit bestehend aus:
    - 1 Ex d-Gehäuse 8264/-995-3.. 0 (730 x 730 x 330)
    - 1 Ex d-Gehäuse 8264/-935-3.. 0 (730 x 480 x 330)
    - 1 Ex e-Gehäuse 8150/5-E-0730-0480-330-1111
    - 1 Ex e-Gehäuse 8150/5-E-0480-0360-330-1111

Auch diverse Isolationsmodule wurden in den Steuerungen installiert (z.B. Relais-Modul IS 9270/11-16-14s Ref. 9270A; Binärausgang IS 9275/10-24-48-11s Ref. 9275B; Transmitter-Versorgungseinheit IS 9260/23-11-10s SIL Ref. 9260B). Jedes der Teile ist gemäß der europäischen ATEX-Richtlinie zertifiziert.

Der Hauptschaltschrank wurde für den Betrieb in der ATEX Zone 1 vorbereitet. Dazu wurde eine physische Trennung zwischen dem Wasserstoffkreislauf und der Verdichtungsanlage sowie der Hydraulikanlage und den Schaltschränken vorgenommen. Ein Belüftungssystem erneuert kontinuierlich die Luft in der Anlage, um eine kritische Wasserstoffkonzentration in der Verdichtergruppe zu vermeiden. Dies wird mithilfe diverser Messgeräte zur Erkennung von Lecks sichergestellt.

Komprimierter Wasserstoff für die gesamte Wertschöpfungskette

Inzwischen wurde der Wasserstoffkompressor inklusive aller Steuer- und Bedieneinheiten als 20-Fuß-Standardcontainer an den künftigen Betriebsstandort geliefert. Sobald dort auch die Elektrolyseure in Betrieb gehen, wird die 1.000-bar-Hochdrucklösung den produzierten Wasserstoff so verdichten, dass damit 100 Pkw-Tanks täglich befüllt werden können. Weniger hochkomprimiert wird der Wasserstoff, wenn Fahrzeuge des Schwerlastverkehrs betankt werden. Dazu bietet das Unternehmen ein Kompressorenmodell, das bis zu 500 bar erreicht. Die auf den jeweiligen Einsatzfall abgestimmte Verdichtungslösungen können an vielen weiteren Stellen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette zum Einsatz kommen.

Autorin: Lucia Taravilla, Sales Managerin bei R. Stahl Spanien

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