VCI fordert mehr Tempo beim Aktionsplan “Niedrigwasser Rhein”
Verband der Chemischen Industrie appelliert an die Politik die vereinbarten Maßnahmen mit deutlich mehr Nachdruck voranzutreiben
Mit Pragmatismus und Kooperation kämpfen die Unterzeichner des Aktionsplans „Niedrigwasser Rhein“ seit 36 Monaten um eine effektive Binnenschifffahrt auch bei niedrigen Wasserständen auf Deutschlands größter Wasserstraße. Die mit den niedrigen Wasserpegeln verbundenen Probleme müssen dringend durch entsprechende Infrastrukturmaßnahmen beseitigt werden. Der 8-Punkte-Plan von 2019 ist ein probater Ansatz, denn beim Blick auf die Umsetzung der acht Handlungsfelder zeigen sich Fortschritte. Aber diese Erfolge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch erheblicher Handlungsbedarf besteht.
Besser als in früheren Jahren sind mittlerweile die Wasserstandsvorhersagen. Die Unternehmen haben ihrerseits Lagerkapazitäten erhöht und Umschlagsmöglichkeiten erweitert. Parallel dazu haben sie gemeinsam mit Logistikdienstleistern die Entwicklung niedrigwassergängiger Schiffe vorangetrieben. Und nicht zuletzt haben sie Vorbereitungen getroffen, wenn extremes Niedrigwasser es notwendig macht, die Waren auf andere Verkehrsträger zu verlagern. Außerdem haben die Unternehmen ihr Krisenmanagement optimiert.
Die aktuelle Niedrigwasserlage macht aber abermals deutlich: Solange die Infrastruktur auf dem Rhein nicht verbessert wird, stellen die bekannten Engpässe im Rhein, z.B. bei Kaub, die Industrie weiterhin vor große logistische Herausforderungen. Die Probleme im Schienengüterverkehr und der Lkw-Fahrermangel erschweren die Verlagerung auf Schiene oder Straße zusätzlich.
Die schnelle Realisierung der sog. Abladeoptimierungen an Mittel- und Niederrhein ist daher von großer Bedeutung, damit die Schiffe die Engstellen bei Niedrigwasser mit mehr Ladung passieren können. Doch leider konnte die im Aktionsplan vereinbarte Beschleunigung der Abladeoptimierungen bislang nicht erreicht werden. Ganz im Gegenteil: Die geplante Fertigstellung wurde nach derzeitigem Stand auf 2033 im Mittelrhein und im Niederrhein sogar auf 2037 verschoben. Diese Verzögerungen bereitet der chemisch-pharmazeutischen Industrie zunehmend Sorgen.
Das Bundesverkehrsministerium muss nun alles daransetzen, die vereinbarten Maßnahmen mit deutlich mehr Nachdruck voranzutreiben. Langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren bremsen die Verwirklichung, wie bei allen Infrastrukturprojekten in Deutschland. Besonders kritisch ist in diesem Fall die Personalsituation bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Viele der für die Abladeoptimierungen notwendigen (und vorhandenen) Stellen konnten bisher noch nicht besetzt werden. Es fehlen bspw. Bauingenieure und Techniker. Die Politik sollte die Gründung einer privatrechtlich organisierten „Infrastrukturgesellschaft Wasserstraße“ prüfen. Diese könnte die WSV konsequent und strategisch bei der Personalsuche unterstützen und Mitarbeitende zu wettbewerbsfähigen Konditionen gewinnen. Eine solche Infrastrukturgesellschaft könnte auch speziell für Planung und Bau der Abladeoptimierungen an Mittel- und Niederrhein eingerichtet werden.
Die auf den Rhein angewiesenen Industriestandorte brauchen eine klare Perspektive, dass die Abladeoptimierungen rasch in Angriff genommen werden. Drei Jahre Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ sind ein guter Anlass, die Fortführung des Aktionsplans zu bekräftigen.
Autor: Tilman Benzing, VCI, Frankfurt am Main
„Die mit den niedrigen Wasserpegeln verbundenen Probleme müssen dringend beseitigt werden.“
Konzertierte Aktion
Der Bundesverkehrsminister hat 2019 mit Vertretern der Stahl-, Chemie- und Mineralölindustrie, den Produzenten mineralischer Massenrohstoffe und des Binnenschifffahrtsgewerbes einen „8-Punkte-Plan“ erarbeitet. Ziel ist es, zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein auch bei extremem Niedrigwasser sicherzustellen.
Die chemische Industrie verantwortet rund 10 % der gesamten Beförderungsmenge im deutschen Binnenschiffsverkehr. Das entspricht etwa 223 Mio. t. Für die Branche ist der Rhein die wichtigste Binnenwasserstraße. Die Betriebe im Westen und Südwesten Deutschlands sind durch sie mit Überseehäfen wie Rotterdam verbunden.
Auch wenn die Unternehmen darauf eingestellt sind, witterungsbedingte Einschränkungen des Wasserstraßentransports in begrenztem Umfang auszugleichen, hat die sowohl hinsichtlich ihrer Dauer als auch der Wasserstände extreme Niedrigwasserperiode gezeigt, dass Ereignisse dieser Art in den betroffenen Industrieprozessen weder durch kurzfristige Verkehrsverlagerung auf andere Verkehrsträger noch durch eine erweiterte Vorratsplanung beherrscht werden können.
Soweit durch den Klimawandel bedingt eine Wiederholung und Häufung dieser Art von Ereignissen erwartet werden muss, hat dies ohne geeignete Gegenmaßnahmen unweigerlich Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Bevölkerung, die Standortentwicklung der Unternehmen und die Wirtschaftsentwicklung Deutschlands.
Der Plan benennt nachfolgend in vier Handlungsfeldern kurz-, mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen, mit dem den klimawandelbedingten Herausforderungen für die Industriestandorte am Rhein und seinen Nebenflüssen begegnet werden soll.
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