Forschung & Innovation

Digitalisierung von Umwelt­simulationsanlagen ­vereinfach

Interview mit Christian Schöner, Produktmanager Software bei Weiss Technik

20.05.2022 - Unternehmen verlagern zunehmend ihre IT-Infrastruktur in die Cloud.

Die Umweltsimulationsbranche ist jedoch noch sehr zurückhaltend. Abgeschottete Rechnernetze sind dort weitverbreitet. Mit mehreren Fragen an Christian Schöner, Produktmanager Software bei Weiss Technik, klären wir, wie das Unternehmen mit der Steuerungssoftware S!MPATI online, seine Kunden von der Cloudnutzung überzeugen will.

Herr Schöner, Weiss Technik stellt Prüf­geräte und komplette Anlagen für Umweltsimulation her. Was können User damit simulieren?

Christian Schöner: Abhängig vom jeweiligen Gerät lassen sich damit Temperatur-, Klima-, Vi­brations-, Korrosions-, Emissions- Höhen-, Druck- oder eine kombinierte Stressprüfung durchführen. Weiss Technik liefert von Serienausführungen bis zu kundenspezifischen Anlagen. Gemeinsame Merkmale sind eine hohe Reproduzierbarkeit und präzise Prüfergebnisse.

Hochaktuell für die E-Mobilität sind Prüfsysteme für Lithium-lonen-Energiespeicher. Sie simulieren externe Belastungen. Zum Beispiel durch rasche Temperaturwechsel, hohe oder niedrige Temperaturen, Feuchte, mechanische Belastungen und Korrosion.

Mit Prüfgeräten allein kommen User nicht weit. Welche Software ermöglicht die Steuerung und das Management der Prüfstände?

C. Schöner: Mit unserer Steuerungssoftware S!MPATI lassen sich Prüfstände steuern und Messwerte dokumentieren. Mit S!MPATI online ist jetzt auch die Cloudanbindung einfach und sicher zu realisieren. Die Software ermöglicht das Management von Prüfanlagen – sogar standort-übergreifend. Teilweise hat sie Funktionen, die S!MPATI nicht bietet.

Für welche Prüfszenarien ist S!MPATI online besonders geeignet?

C. Schöner: Grundsätzlich kann man S!MPATI online für jede Art von Prüfszenarien im Umfeld der Weiss Technik Produkte einsetzen. Daher ist sie für jeden Betreiber von Prüfanlagen geeignet, der eine schnelle Visualisierung der Anlagenzustände und seiner Prüfdaten benötigt. Also von überall auf der Welt, zu jedem Zeitpunkt und das ohne besonders große Anforderungen an die Kundeninfrastruktur.

Welche Vorteile hat die neue Steuerungssoftware?

C. Schöner: Der wichtigste Punkt zuerst: Die Software erhöht die Sicherheit in Bezug auf Datenverluste. Alle Daten der Prüfanlagen werden über eine sichere Verbindung automatisch in die Cloud übertragen. Hinzu kommt: Der User greift bei Bedarf unabhängig vom Standort auf die Daten zu. Automatisierte Auswertungen oder Prüfberichte lassen sich schnell und einfach zu jedem Zeitpunkt von überall erstellen.

Die Prüfberichte enthalten die gesamte Prüfdokumentation, inklusive grafische Auswertungen, Prüfgutbilder und Systemprotokolle. S!MPATI online erzeugt Prüfberichte, die auf einer an die DIN EN 60068-2-38 angelehnte Word-Vorlage basieren. Die Dokumentationen entsprechen damit dem Branchenstandard. Weiterer Vorteil: Word-Vorlagen lassen sich komfortabel an die eigenen Bedürfnisse und das eigene Corporate Design anpassen.

Was leistet die Software? Wie gewährleistet sie die Ausfallsicherheit der Daten?

C. Schöner: Sie vereinfacht die cloudbasierte Organisation von Prüfungen und Anfertigung von Prüfberichten. Einer der wichtigsten Vorteile ist jedoch die redundante Datenhaltung. Das heißt: Die Software speichert Messergebnisse, Geräteinformationen und Prüfberichte in der Cloud – zusätzlich zur lokalen Datenspeicherung. Damit sind die Daten vor Verlust besser geschützt – auch wenn Feuer, Wasser, Sturm oder Schadsoftware die Informationen an einem Standort vernichten. Das entspricht auch der Regel Nr. 1 aus der Backup-Studie 2020 von Dell Technologies „Mindestens eine Kopie außer Haus lagern“.

Wie wichtig der Schutz vor Verlust von Prüfdaten ist, geht aus einer Forderung des Gesetzgebers hervor: In vielen Branchen müssen für den Qualitätsnachweis die Prozessdaten lückenlos rückverfolgbar sein. Datenverluste machen eine Rückverfolgbarkeit unmöglich und können je nach Szenario ein kostspieliges und unnötiges Risiko sein, welches man frühzeitig adressieren sollte. Beispielsweise mit Produkten wie S!MPATI online.

Labore für Umweltbericht verwenden aus Sicherheitsgründen oft noch Computer ohne Internetanbindung. Zudem sind alte Softwareversionen weit verbreitet. Welche Lösung hat Weiss Technik für Altsysteme? Wie erfolgt die Digitalisierung der Prüfschränke?

C. Schöner: Die Cloudversion ist bis S!MPATI 2016 abwärtskompatibel. Zudem unterstützt sie unsere Prüfschränke ab Baujahr 1999. Altsysteme lassen sich damit einfach mit der Cloud verbinden. Die Installation der neuen Software ist keine Raketenwissenschaft. Der User beantragt bei Weiss Technik einfach ein Konto dafür. Anschließend lädt er eine von Weiss Technik selbst entwickelte Gate-way-Software von der Weiss-Website herunter und installiert diese. Nach dem Aufruf des Gateways gibt der User die zuvor beantragten Kontoinformationen ein und meldet sich mit seinen Zugangsdaten an. Fertig: Die Software steht zur Nutzung bereit.

Unternehmen aus der Umweltsimulations­branche haben viele Vorbehalte vor der Cloudanbindung ihrer Systeme. Wie schützt Weiss Technik die sensiblen Daten?

C. Schöner: Die Nutzung der Cloud ist untrennbar mit dem Vertrauen in den Anbieter der Cloudlösung verbunden. Weiss Technik sorgt mit einer Reihe von Maßnahmen für höchste Datensicherheit. Die Sicherheit beginnt deshalb schon vor der Speicherung in der Cloud. Das Gateway übernimmt die Übertragung der Daten. Dieses stellt die Verbindung zwischen dem lokalen S!MPATI und der Cloud her. Dank Inhouse-Programmierung ist ein sauberer Code ohne Hintertüren zu unbefugten „Mitlesern“ gewährleistet.

Ein starker Vorteil für die Betreiber der Prüfschränke: Selbst bei monatelang laufenden Prüfungen gehen bei einer Unterbrechung der Verbindung zur Cloud keine Daten verloren. Die Software speichert sämtliche Daten auf dem lokalen Rechner in einer Temporärdatei und überträgt alle so gepufferten Daten automatisch in die Cloud, sobald die Unterbrechung nicht mehr existiert.

Ein weiteres Sicherheitsmerkmal verhindert das Einschleusen von Schadsoftware in die Cloud. Der User greift nur webbasiert auf die Clouddaten zu. Das Hochladen von Viren oder Trojaner durch einen kompromittierten Computer ist somit so gut wie ausgeschlossen.

Zudem ist jeder Cloudservice nur so sicher wie seine Hosting-Plattform: S!MPATI online nutzt das bewährte Microsoft Azure. Renommierte Unternehmen aus verschiedenen Branchen nutzen bereits diesen sicheren Cloudservice. Durch automatische Updates sind die Nutzer immer auf den neuesten Stand. Der Datenspeicherort liegt in Europa und entspricht den Bestimmungen der DSGVO.

Multifaktor-Anmeldung ist ein wichtiges ­Sicherheitsmerkmal. Wie sieht die Multifaktorlösung hier aus? Wie wird die Sicherheit der Datenübertragung gewährleistet?

C. Schöner: Multifaktor Authentifizierung ist heutzutage ein wichtiges Sicherheitskriterium für Cloud Systeme. Dieses stellt sicher, dass sich ein Nutzer nicht nur über ein Passwort, sondern auch über einen zweiten Weg authentifiziert (Multi Faktor). S!MPATI online bietet hierfür den Kunden optional die Möglichkeit, sich zusätzlich zu Ihrem Passwort per Mail zu authentifizieren. Daher ist ein Login erst dann möglich, wenn auch die Mail bestätigt wurde. Wir legen bei den Daten unsere Kunden natürlich extremen Wert darauf, dass die Datenübertragung bzw. die gesamte Kommunikation (API, Datenzugriffe, IoT Kommunikation) so sicher wie möglich gestaltet ist. Für diesen Anspruch nutzen wir einen Schlüsselaustausch mit RSA 2048bits und eine Verschlüsselung der Kommunikation mit SHA256 (RSA), des Weiteren stehen TLS1.2 und TLS1.3 zur Verfügung. Damit entsprechen wir dem Stand der Technik.

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