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Rekord-Energiepreise treffen die Chemieindustrie unmittelbar

Geschäftsführer des Chemieparkbetreibers InfraLeuna, Christof Günther, im Kurzinterview

07.12.2021 - Mehrere Chemieunternehmen in Ostdeutschland erwägen wegen hoher Energiepreise ihre Anlagen abzuschalten. Wie geht der Standortbetreiber InfraLeuna mit der Entwicklung am Energiemarkt um?

Einige Chemieunter­nehmen in Ostdeutschland erwägen laut dem VCI-Landesverband Nordost­chemie, wegen Rekord-Energiepreisen ihre Anlagen abzuschalten. Wie geht ein Standortbetreiber wie InfraLeuna mit der Entwicklung am Energiemarkt um, und was droht der Chemieindustrie, wenn die Gaspreise weiter steigen? Oliver Pruys hat den Geschäftsführer des Chemieparkbetreibers, Chris­tof Günther, gefragt.

CHEManager: Welche Auswirkungen haben die gestiegenen Gaspreise auf die Unternehmen am Chemiestandort Leuna?

Christof Günther: Wir haben bei den Strommarktpreisen und insbesondere bei den Erdgasmarktpreisen eine dramatische Entwicklung. In der absoluten Höhe und mit diesen steilen Anstiegen waren diese Preise so noch nie da. Die Situation trifft die Chemieindustrie unmittelbar. Die Unternehmen sind sehr nah am Markt und insbesondere durch die Coronakrise ist die Beschaffung sehr kurzfristig geworden. Bei vielen Unternehmen fehlte die Planungssicherheit. Vor einem Jahr war es von den Unternehmen nur schwer vorauszusehen, ob und wie viel sie in diesem Jahr produzieren würden. Langfristige Einkaufsverträge konnten sie unter diesen Umständen nicht vereinbaren. Deshalb kommt die drastische Preissteigerung ganz unmittelbar bei den Unternehmen an.

Wie können die ansässigen Unternehmen auf diese Situation reagieren?

C. Günther: Am Chemiestandort Leuna betrifft das Problem der hohen Preise fast alle Unternehmen. Die InfraLeuna als Energieversorger am Standort stellt Energie in Form von Strom oder Dampf entsprechend den Anforderungen zur Verfügung. Dazu wird im eigenen Kraftwerk Erdgas verfeuert. Dank der Nutzung von Abhitzedampf aus exothermen Prozessen sind wir als Standortbetreiber in der Lage, die Preisentwicklung am Markt für die Kunden noch etwas abpuffern zu können.

Die Energie macht in der Chemieindustrie in vielen Fällen einen Kostenanteil von 30 und mehr Prozent aus. Dadurch verändert sich die Kalkulation insgesamt und es stellt sich die Frage, ob man unter diesen Bedingungen noch wirtschaftlich weiterproduzieren kann. Ein prominentes Beispiel aus Sachsen-Anhalt sind derzeit die Stickstoffwerke Piesteritz. Dort wurde die Produktion reduziert. Nur wenn es gelingt, die gestiegenen Energiepreise unmittelbar an die Kunden weiterzugeben, können die Anlagen der chemischen Industrie wirtschaftlich weiter betrieben werden. Damit entsteht natürlich ein Kostenschub für die weiterverarbeitenden Industrien, der letztlich auch uns alle als Endkunden treffen wird. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Folgen der Preisentwicklung: Die Chemie arbeitet im stoffwirtschaftlichen Verbund. Stellt man eine Anlage ab, dann fehlt für andere Anlagen der Rohstoff. Nimmt ein Unternehmen eine relevante Position innerhalb dieses Verbundes ein, müssen andere ihre Produktion auch abstellen.

Was droht der Chemieindustrie, wenn die Gaspreise auf diesem hohen Niveau bleiben bzw. noch steigen?

C. Günther: Wenn wir in den nächsten beiden Quartalen nicht eine deutliche Ermäßigung der Energiepreise sehen, werden wir bald die Konsequenzen spüren – vermutlich sowohl in Form von reduzierter Industrieproduktion als auch stark steigender Preise für Industrieprodukte.

 

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