Werkstoff für hohe Ansprüche, Kühnheit und Eleganz
Verglasungen aus Polycarbonatplatten erhöhen die Sicherheit, Beständigkeit und Ästhetik von Stadien
Die Architektur der großen Ballsport- und Leichtathletikarenen hat sich in den vergangenen 50 Jahren enorm gewandelt. Mit neuen Materialien werden immer kühnere Dach- und Fassadenkonstruktionen verwirklicht. Ganz vorn dabei: monolithische und Hohlkammerplatten aus Polycarbonat, die sich mit ihren ästhetischen und robusten Eigenschaften in diesem Marktsegment etabliert haben.
Moderne Sportstadien müssen hohe Ansprüche erfüllen. Wenngleich noch nicht alle Coronabeschränkungen aufgehoben sind, haben die Spiele der EURO 2020 gezeigt, dass die Attraktivität großer Veranstaltungen ungebrochen ist. Ob Fußball, Leichtathletik, Olympia oder auch Konzerte: die Besucher strömen wieder in die Arenen und erwarten ein ebenso spannendes wie komfortables Erlebnis – bei jedem Wetter. Bau, Wartung und Unterhalt der Arenen sind teuer, und während die Architekten mit spektakulären Entwürfen wetteifern, suchen die Bauherren und Betreiber nach kostensparenden, wirksamen Lösungen. Gleichzeitig sind hohe Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.
Vielseitiger, fester und leichter als Glas
Technische Thermoplaste haben sich in diesem Umfeld als vorteilhafte Problemlöser erwiesen, darunter ist Polycarbonat (PC) das Material der Wahl für Verglasungsanwendungen aller Art. „Vom leichten, schnell schließenden Stadionschiebedach über UV-beständige Sonnenschutzsegel bis hin zur puckfesten Trennwand – unsere Plattenprodukte aus Lexan-Polycarbonat nehmen es mit jeder Herausforderung auf“, sagt Peter van den Bleek, European Product Manager bei SABIC Functional Forms.
Die PC-Halbzeuge bieten einen großen Designspielraum für komplexe Strukturen und große Spannweiten. Sie lassen sich vielseitig weiterverarbeiten, problemlos umformen, biegen, bohren und sägen. Dabei sind sie äußerst biegesteif sowie 250-mal leichter als Glas, was auch den Installationsaufwand reduziert. Und dank ihrer Schlagzähigkeit – die Platten sind praktisch unzerbrechlich – minimieren sie das Risiko von Schäden durch Vandalismus, Hagelschlag oder hohe Schneelasten. Darüber hinaus umfasst das Produktangebot schon seit Längerem Ausführungen mit diversen Spezialbeschichtungen, um bspw. die dauerhafte Witterungsbeständigkeit und Abriebfestigkeit der Anwendungen zu optimieren oder die Selbstreinigung der Oberflächen zu fördern. Neuere Sorten mit Infrarot-Sonnenschutz können Hitzestaus in den Arenen verhindern, während PC-Hohlkammerplatten sich wiederum durch hohe thermische Isolierfähigkeit auszeichnen, was in kälteren Regionen/Jahreszeiten Heizenergie sparen hilft. Im Bauwesen haben sich generell außerdem halogenfrei flammwidrig ausgerüstete Typen durchgesetzt.
PC-Hohlkammerplatten für Stadiondächer
Seit dem ersten 1979 in Split (Kroatien) errichteten Stadiondach mit Hohlkammerplatten aus Lexan Thermoclear hat sich das leichte und robuste Material in weltweit mehr als 50 Sportarenen bewährt. Beispiele finden sich auf allen Kontinenten, von den Olympiastadien in Barcelona, Chongqing und Sydney über die Mehrzweckarena do Grêmio im brasilianischen Porto Alegre, bis hin zum Peter-Mokaba-Stadion in Polokwane (Südafrika). Für die Fußballeuropameisterschaft 2004 in Portugal wurden mit diesem Halbzeug allein sechs Stadien überdacht. Die Liste wächst mit jeder Olympiade und Fußballmeisterschaft, doch auch das Material entwickelt sich weiter.
„Die PC-Hohlkammertechnologie begann mit klassischen Stegdoppelplatten – zweilagigen Produkten mit senkrechten Stegen, die für gute Steifigkeit sorgten, ohne die charakteristische Transparenz des Materials zu beeinträchtigen“, erläutert Thorsten Keller, Key Account Leader von SABIC. „Für die heutigen Stadiondächer kommen meist drei bis fünfwandige Typen zum Einsatz, die Wind- und Schneelastdrücke bis 7.000 N/m² aushalten und höchste Standards an UV- und Witterungsbeständigkeit sicherstellen, einschließlich ausgezeichneter Hagelschlagzähigkeit.“ Und bei den Stegen gibt es inzwischen X-Strukturen für noch mehr Stabilität. Davon profitieren u.a. das freihängende Dach des Stadions von Slaski Chorzów in Polen und das 35.200 m² große Dach des Dragão-Stadions in Porto. Eine Reihe optionaler Tönungen und Beschichtungen runden die Vielseitigkeit ab.
Eine besonders brillante und konsequente Umsetzung dieses Potenzials führt die Johan-Cruyff-Arena in Amsterdam vor Augen. In diesem Mehrzweckstadium finden auch große Konzerte und diverse kleinere Veranstaltungen statt, sodass eine wetterunabhängige Nutzung gewährleistet werden muss. Die Arena erhielt daher als Europas erstes Stadion ein ca. 20.000 m² großes Schiebedach aus Lexan Thermoclear-Platten. Dank der Leichtigkeit der PC-Platten lassen sich die beiden, je 500 t schweren Dachhälften innerhalb von 20 min schließen. Darüber hinaus nutzt das Stadion (großes Foto) als erste Großanwendung in Europa die Solar-Control-IR-Technologie ein, um infrarotes Sonnenlicht zu absorbieren und auf diese Weise an heißen Sommertagen die Wärmeentwicklung im Inneren der vier Rolltreppenaufgänge um bis zu 40 % zu reduzieren.
Spezialausführungen für besondere Effekte
Neben unterschiedlich getönten, transluzenten und lichtstreuenden (opalweißen) Ausführungen erfüllt die Hohlkammerplattentechnologie auch spezifische Sonderanforderungen. So verfügen Lexan-Thermoclear-Plus-Platten über einen beidseitig erhöhten UV-Schutz für den Einsatz in besonders sonnenreichen Regionen. Spezielle Easy-Clean-Versionen haben eine patentierte hydrophobe Beschichtung für Oberflächen, die sich bei normaler Beregnung von selbst reinigen. Die Beschichtung reduziert die Oberflächenspannung bei Kontakt mit Wasser und erhöht damit dessen Kontaktwinkel, sodass sich größere Tropfen bilden, die Schmutz abtragen und eine nahezu fleckenfreie Oberfläche hinterlassen. Und die besonders hochsteifen SunXP-Typen vereinen eine innovative, robuste X-Struktur mit höchster UV-Beständigkeit, deren Schutz gegen Vergilbung und Transparenzverlust 15 Jahre garantiert wird.
Die X-Struktur ist auch ein Merkmal der neuartigen Lexan-Thermoclick-Platten, die mit einer neunwandigen Konfiguration an den markanten orangen Eingangsfassaden des BBVA Compass Stadium von Houston eine neue Dimension der Wärmeisolierung eingeleitet haben. Im Vergleich zu herkömmlichen Doppelscheiben-Isolierverglasungen bietet diese Hohlkammerlösung einen überragenden U-Wert von 1,0 W/m²K für Energieeinsparungen von bis zu 17 %. Hinzu kommen die charakteristische Hochschlagzähigkeit des polymeren Materials, eine UV-Schutzbeschichtung der Außenseite sowie gute Lichtdurchlässigkeit und Lichtstreuung für ein angenehmes Ambiente in den Eingangsbereichen. Ihren Namen verdanken die Platten einer speziellen Nut-und-Feder-Schnappverbindungstechnik, die nicht nur das Budget für die Installation entlastet, sondern mit 1.000 mm auch doppelt so hohe Plattenbreiten gegenüber traditionellen Hohlkammerprodukten ermöglichen und dabei ohne vertikale Zwischenprofile auskommen, was der Ästhetik der repräsentativen Fassaden entgegenkommt.
Das Click-System wurde in einer fünfwandigen Ausführung auch für die Fassade der Arena da Baixada in Curitiba (Brasilien) gewählt, in der mehrere Spiele der Fußballweltmeisterschaft 2014 sowie die Endrunde der FIVB Volleyball World League ausgetragen wurden.
Leichte und formbare monolithische Lösungen
Die Story wäre aber nicht komplett ohne die monolithischen PC-Platten der Lexan-Exell-D-Produktfamilie, die dank ihrer vielseitigen Formbarkeit äußerst elegante Verglasungskonstruktionen erschließen. Ein typisches Beispiel ist das Aviva Stadium in Dublin mit seiner spektakulären geschwungenen Architektur. Das prämierte Design nutzt die praktisch unzerbrechlichen und UV-stabilen Platten für die Fassade und die Aufgänge der Arena. Nur halb so schwer wie vergleichbares Glas reduzieren sie die erforderliche Anzahl der tragenden Stützen. Dies und ihre hohe Transparenz maximieren den Tageslichteinfall auch bei trübem Wetter, was weniger künstliche Beleuchtung zugunsten entsprechend geringerer Stromkosten erfordert. Die massiven Platten wurden kalt in Form gebogen, erfüllen die Normen für Sicherheitsverglasung und Brandschutz und zeichnen sich durch Langzeitbeständigkeit gegen Witterungseinflüsse bei großer Steifigkeit und Dimensionsstabilität aus.
Zu den Sportstätten, die von diesem vorteilhaften Eigenschaftsprofil profitieren, zählen u. a. auch das „große Grün“ der Arena Pantanal in Cuiabá (Brasilien) und der gigantische ‚Kürbis‘ des Soccer City Stadium in Johannesburg mit einem insgesamt 14.000 m² großen, umlaufenden Dach.
Fazit
„Robuste, leichte und transparente Polycarbonatplatten erfüllen ein breites Spektrum an konstruktiven und ästhetischen Anforderungen für Stadionverglasungen bei hoher Kosteneffizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit“, schließt Eric Gervais, Business Development Manager Building & Construction, SABIC Functional Forms. „Ihre hohe Designfreiheit hat in den vergangenen drei Jahrzehnten zu einer Stadionarchitektur geführt, die in ihrer Kühnheit und Eleganz mit traditionellen Materialien wie Glas kaum denkbar wäre. Dank des geringen Gewichts reduzieren sie den Installationsaufwand, und ihre geringe Anfälligkeit für Witterungs- und Bruchschäden minimiert die Instandhaltungskosten. Sie liefern außerdem wirksame Lösungen für den Sonnenschutz ebenso wie für wärmeisolierende, energiesparende Verglasungen.“ (mr)
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