Logistik & Supply Chain

Offener Dialog bei Planung von Logistikansiedlungen

Interview mit den Logistik-Ansiedlung-Gründern Uwe Berndt, Mainblick und Jens Tosse,

25.02.2021 - Zur Verbesserung der Kommunikation bei Logistikansiedlungsprozessen ist im Herbst 2020 ein Joint-Venture gegründet worden.

Bei anstehenden Ansiedlungsprojekten bindet dieses neugeründete Unternehmen alle beteiligten Interessengruppen kommunikativ in den Planungsprozess ein. Dadurch können sich auch die Chancen und Möglichkeiten für die Realisierung von Spezial-Logistikimmobilien der Chemie- und Pharmabranche verbessern lassen. Im Interview mit CHEManager äußern sich die Gründer der Logistik-Ansiedlung, Uwe Berndt von Mainblick und Jens Tosse, Teamtosse, zu den Zielen und Möglichkeiten. Die Fragen stellte Sonja Andres.

CHEManager: Wie ist die Lage für Logistikimmobilien allgemein und speziell im Bereich Chemie und Pharma zurzeit einzuschätzen? Hat sich die Situation durch die momentane Corona-Problematik noch verschärft?

Jens Tosse: Die Lage ist ambivalent. Zum Einen sind die Entwickler immer häufiger mit immer besser organisiertem Widerstand gegen Ansiedlungsvorhaben konfrontiert. Dieser kommt zum Teil wirklich reflexhaft beim Wort „Logistik“ zustande. Zum Anderen zeigt die aktuelle Umfrage, die der Deutsche Städte- und Gemeindebund zusammen mit der Initiative Logistikimmobilien Logix, die wir betreuen, im Herbst durchgeführt hat: Neun von zehn Kommunen sehen die Logistik als systemrelevant an. Die Skepsis gegenüber Chemie und Pharma dürfte dabei auch in den Kommunen nach wie vor hoch sein.

Was sind nach Ihren Erfahrungen die größten Hürden, die es bei der Planung und Ansiedlung von Logistikimmobilien – mit Blick auf die Chemie- und Pharmabranche – zu nehmen gilt?

Uwe Berndt: Nach unserer Erfahrung sind es zwei Aspekte, die immer wieder den Ausschlag geben: Wenn Umwelt- und Tierschutzbelange betroffen sind, kann das ein Projekt stark verzögern und zwar so sehr, dass der Entwickler sich irgendwann zurückzieht. Die zweite Hürde ist die mangelnde Kommunikation im Vorfeld und während des Projekts.
Dies fördert die Gerüchteküche und führt oftmals zur Verselbständigung des Themas, das dann ganz schnell zur Krisenkommunikation werden kann. Dem lässt sich mit einem klaren kommunikativen Konzept, planvollem Vorgehen und der Bereitschaft zu einem Dialog mit allen Interessengruppen vorbeugen.

 

„Mit einem klaren kommunikativen Konzept kann man der Gerüchteküche und Verselbständigung des Themas vorbeugen.“

 

Welche der beteiligten Gruppen sind in der Regel am schwierigsten von solchen Ansiedlungsvorhaben zu überzeugen? Worin liegt das nach Ihrer Erfahrung begründet?

J. Tosse: Das ist ganz unterschiedlich. Oftmals sind Bürgermeister und Wirtschaftsförderer für eine Ansiedlung, die Opposition ist dagegen. Es kann aber auch sein, dass sich Bürgermeister – manchmal auch nur im Vorgriff auf die vermeintliche Wählermeinung – gegen eine bestimmte, dem Bebauungsplan entsprechende Ansiedlung aussprechen.

Am schwierigsten ist es aber ohne Zweifel mit sich zunehmend radikalisierenden „Wutbügern“. Diese sind für Argumente manchmal nicht mehr zugänglich und schrecken leider auch nicht vor persönlichen Drohungen der Kommunalentscheider zurück. Dieses Phänomen ist ja leider in allen Politikfeldern zu beobachten. Es wurden dennoch pro Jahr in Deutschland in den letzten Jahren zirka 4 Mio. m² neuer Logistikfläche geschaffen. Und es gibt noch Potenzial, nämlich vor allem in der verstärkten Nutzung von Industriebrachen. Von diesen Brownfields gibt es etwa 630 Mio. m² in Deutschland. Und hier sind auch die Kommunen in der Regel aufgeschlossen für eine Revitalisierung.

Sie haben in diesen ungewissen Zeiten nun gemeinsam eine Agentur für Ansiedlungskommunikation ins Leben gerufen. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

U. Berndt: Wir beobachten beide unabhängig voneinander, dass die geplante begleitende Kommunikation solcher Ansiedlungsvorhaben oft sträflich vernachlässigt wird. Zwar gibt es die gesetzlich vorgeschriebene und auch sinnvolle Bürgerbeteiligung. Das reicht aber heute bei den zunehmend kritischen Bürgern nicht aus. Und da setzen wir an: Wir sind in der Lage, mit unseren Ressourcen und unserer Erfahrung solche Ansiedlungsprojekte von Anfang an systematisch zu begleiten. Das ist keine Garantie für eine erfolgreiche Ansiedlung – aber ein wichtiger Baustein auf dem Weg dorthin.

Wen möchten Sie mit Ihrer Dienstleistung in der Hauptsache ansprechen bzw. unterstützen?

J. Tosse: Wir arbeiten in erster Linie für Projektentwickler, die ein bestimmtes Vorhaben umsetzen möchten, aber auch beispielsweise für Eigennutzer, die eine Erweiterung am bestehenden Standort selbst in die Hand nehmen. Und wir arbeiten auch für Kommunen, die Logistik ansiedeln und dabei ihre Bürger mitnehmen und einbinden wollen.

 

„Entscheidend ist, dass das Ansiedlungsprojekt in offenem Dialog mit Beteiligten und Betroffenen entwickelt wird.“

Wo sehen Sie die entscheidenden Ansatzpunkte, um Logistikansiedlungsprojekte am Ende für alle Seiten akzeptabel und erfolgreich umsetzen zu können?

J. Tosse: Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass das Projekt in einem offenen Dialog mit Beteiligten und Betroffenen entwickelt wird. Hier wurden in der Vergangenheit bisweilen Fehler von Seiten der Projektentwickler gemacht. Dabei lernt man dann, was für die Bürger wirklich wichtig ist. Zum Beispiel hatten wir ein Revitalisierungsprojekt eines ehemaligen Südzucker-Produktionsgeländes. Den Bürgern war ganz wichtig, dass die das Gelände umgebende historische Mauer erhalten bleiben würde. Darauf wäre niemand gekommen. Das erfährt man nur im Gespräch.

 

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