Silicon Economy: Dortmunder Start-up digitalisiert Ladungsträgermanagement
05.01.2021 - Im Umfeld der Silicon Economy steht nun die erste Unternehmensgründung in den Startlöchern.
Ein Gründerteam aus dem Fraunhofer IML bringt eine App-gesteuerte Plattform für ein cloudbasiertes Ladungsträgermanagement auf Basis von Künstlicher Intelligenz auf den Markt und das schon wenige Monate nach dem Auftakt des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Großforschungsprojekts. Erstmals kommen hierbei Open-Source-Komponenten der Silicon Economy zum Einsatz.
Die Plattform haben die Wissenschaftler im Rahmen des gemeinsamen Enterprise Labs mit der European Pallet Association (EPAL) am Fraunhofer IML entwickelt. Bei der nun hinzugekommenen Open-Source-Komponente handelt es sich um den sog. „e-Palettenschein“ aus einem Entwicklungsprojekt zur Silicon Economy.
Plattform mit großem Potenzial
Das Marktpotenzial für eine solche Lösung ist groß. Alleine in Europa befinden sich verschiedenen Erhebungen zufolge rund 600 Mio. Europaletten, 135 Mio. Automotive-Kleinladungsträger (KLT), 600 Mio. Steigen für Obst und Gemüse sowie 700 Mio. Fleisch- und Brotkisten im Umlauf. Deren Nachverfolgung, Verbuchung und Bestandsverwaltung erfolgt überwiegend händisch oder über spezielle technische Systeme, die aufwändig in die jeweilige IT-Landschaft eines Unternehmens integriert werden müssen.
Die von den Gründern entwickelte App soll nun Abhilfe schaffen: Sie soll den Tauschprozess digital erfassen, beiden Parteien zugänglich machen und die dazugehörigen Konten vollautomatisch belasten – und das rechtssicher.
Von Vorteil ist das vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden, die auf diese Weise alle möglichen Ladungsträger identifizieren, tracken, tauschen und managen können. So erfassen bspw. KI-Algorithmen in der Bilderkennung Ladungsträger-IDs und ermitteln auf Basis eines einzelnen Fotos Typ und Anzahl eines Ladungsträgers.
Insbesondere der „e-Palettenschein“ steht beispielhaft für die unternehmensübergreifende Vernetzung und die Integration unterschiedlicher Partner: Gleichen z.B. zwei Unternehmen ihre Palettenbestände über die App ab, prüft das System zukünftig automatisch, ob durch die Einbeziehung anderer App-Nutzer möglicherweise vorteilhaftere Tauschprozesse möglich sind, um etwa Leerfahrten zu vermeiden.
Neue Geschäftsmodelle auf Basis von Open-Source
„Die vollständige Digitalisierung von Prozess- und Lieferketten mithilfe Künstlicher Intelligenz wird in der Logistik ein neues Zeitalter einläuten“, betont Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML, und ergänzt: „Diese Ausgründung ist ein wichtiger Schritt, der zeigt, wie schnell innerhalb der Silicon Economy und auf Basis von Open Source neue Geschäftsmodelle umgesetzt werden können.“
Die Ausgründung der Wissenschaftler Philipp Wrycza, Michael Koscharnyj, Patrik Elfert und Jan Möller wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit einem EXIST-Gründerstipendium unterstützt, gewährt zum 1. März 2021. Dann wird auch der Name des neuen Start-ups bekannt gegeben.
Hintergrund
Mit dem Großforschungsprojekt Silicon Economy will das Fraunhofer IML als Gegenentwurf zum Silicon Valley einer dezentralen, föderalen und offenen Plattformökonomie in Deutschland und Europa zum Durchbruch verhelfen. Dazu arbeiten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in agilen Entwicklungsprojekten an konkreten logistischen Problemlösungen, deren Basiskomponenten sie in Form von Hard- und Software über eine Open-Source-Plattform zur freien Nutzung zur Verfügung stellen.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren mit über 25 Mio. EUR. Projektpartner sind neben dem Fraunhofer IML auch das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST und die Technische Universität Dortmund.
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