„Quality by Design“ für die Bioprozessindustrie
Innovative Lösungen für die Prozessanalytik in biotechnologischen und pharmazeutischen Unternehmen
Es entwickelt und produziert Lösungen für diverse Bereiche der Gesundheitsindustrie: Laborautomation, Prozessanalytik, medizinische Beatmung oder Biobanken.
Clara Caminada ist seit November 2017 Vizepräsidentin des Geschäftsbereichs Process Analytics bei Hamilton in Bonaduz, der im vergangenen Jahr seinen 30. Geburtstag feierte. Vor ihrem Wechsel in die Chefetage verantwortete Caminada 5 Jahre das Marketing dieses Geschäftsbereichs. Ralf Kempf befragte Clara Caminada zu aktuellen Entwicklungen in der Prozessanalytik und ihren Plänen für die weitere Entwicklung des Unternehmensbereichs Process Analytics.
CHEManager: Frau Caminada, im vergangenen Jahr hat Hamilton den 30. Geburtstag seiner Geschäftseinheit Process Analytics gefeiert und demonstriert damit seinen Erfolg auf diesem Gebiet. Worin sehen Sie die Gründe für diesen Erfolg?
Clara Caminada: In einer Branche, die von etablierten Akteuren dominiert wird und angesichts des relativ späten Markteintritts, kam der Aufstieg von Hamilton Process Analytics als innovativer Sensorentwickler für den ein oder anderen überraschend. 1989 war Hamilton ein unbekanntes Unternehmen in der Welt der Prozessanalytik. Heute, 30 Jahre später, sind wir als innovativer Marktführer in dieser Branche anerkannt. Einen Pfeiler unseres Erfolges bildet die Synergie aus der Schweizer und der amerikanischen Kultur. Wir streben stetig nach Spitzenleistung, Engagement für unsere Kunden und verfügen über einen permanenten Innovationstrieb.
Welche Parameter deckt Hamilton mit seinen Produkten im Bereich Prozessanalytik ab? In welchen Branchen kommt diese Analysetechnik zum Einsatz?
C. Caminada: Ein starker Fokus liegt auf dem Biopharma-Markt. Unser Portfolio deckt alle kritischen Parameter ab, die zur Echtzeitüberwachung von Bioprozessen benötigt werden: Sauerstoff, pH, Zelldichte und Leitfähigkeit.
„Einen Pfeiler unseres Erfolges bildet die Synergie aus
der Schweizer und der amerikanischen Kultur.”
Welche geographischen Märkte bedienen Sie von Ihrem Schweizer Standort in Bonaduz aus?
C. Caminada: Wir entwickeln und produzieren in der Schweiz Sensoren für den globalen Markt. Dadurch ist Hamilton Process Analytics weltweit tätig.
Wie sieht eine moderne Prozessüberwachung in der biopharmazeutischen Industrie heute aus? Was sind aktuelle Trends – und wohin geht die Reise?
C. Caminada: Vor 15 Jahren startete die FDA erstmals ihre PAT-Initiative (Process Analytical Technology), mit der die Pharmaindustrie aufgefordert wurde, kritische Prozessparameter in Echtzeit zu überwachen. Das ultimative Ziel ist ‚Quality by Design‘ – sprich beherrschte Prozesse. Obwohl die Initiative in der Tat wertvolle neue Technologien vorangetrieben hat, befinden wir uns nach wie vor in einem frühen Stadium. Die bisherige Erfahrung zeigt aber bereits, dass die Überwachung vieler kritischer Prozessparameter Raum für Fortschritte bietet und es eine kontinuierliche Zunahme der messbaren Prozessparameter gibt. Dadurch können Prozessingenieure mehr und mehr über ihre Prozesse erfahren und benötigen gleichzeitig anspruchsvollere Tools für die Datenübertragung und -verwaltung. Dank des Cloud Computings können sie die notwendigen intelligenten Sensoren optimal nutzen. Die Kombination aus neuen Parametern und IoT-Systemen wird biopharmazeutische Prozesse auf ein beispielloses Maß an Effizienz, Ertrag und Qualität bringen – ganz so, wie es von der PAT-Initiative prognostiziert wurde.
Welche sind die wichtigsten aktuellen Innovationen, die das Unternehmen auf den Markt gebracht hat?
C. Caminada: Wir arbeiten kontinuierlich an neuen Parametern, einer leistungsstarken Datenanalyse sowie einem System zur Dokumentierung. Gerne erläutere ich dies an zwei Beispielen: Als neuester Parameter im Portfolio ermöglicht der Zelldichtesensor zum ersten Mal das Erkennen von Veränderungen der Zelldichte in Echtzeit sowie eine sofortige sowie automatisierte Prozesssteuerung. Mit unseren Arc-Sensoren (Anm. d. Red.: siehe kleines Foto rechts unten) haben wir zudem das Monitoring neugestaltet und das PAT-Framework der Realität nähergebracht. Die Sensoren kommunizieren ohne Sender direkt mit dem Prozesskontrollsystem – kurz PCS. Sie senden nicht nur einen kompensierten Messwert zur Steuerung von Prozessen, sondern bieten auch eine Vielzahl an Diagnosefunktionen, die automatisch und GMP-konform aufgezeichnet werden.
Ihr Schwesterunternehmen Hamilton Medical ist aktuell mit der Produktion von Beatmungsgeräten stark ausgelastet, ebenso der Geschäftsbereich Robotics, der unter anderem Automatisierungslösungen für Virentests entwickelt. Wirkt sich die momentane Pandemie auch auf die Nachfrage nach Ihren Produkten aus?
C. Caminada: Unsere Sensoren werden primär zur Herstellung lebensrettender Medikamente verwendet. Als der Lockdown angeordnet wurde, mussten langfristige Projekte etwas verschoben worden. Gleichzeitig haben die Pharmahersteller ihre Supply Chain gesichert, was zu einer höheren Nachfrage führte. Insgesamt konnten wir unseren starken Wachstumskurs beibehalten. Parallel dazu hat die Krise viele Fragen rund um die Liefersicherheit von Arzneimitteln und deren Wirkstoffen in Europa und in den USA aufgeworfen. Dabei ist die Notwendigkeit lokaler Produktionsstandorte klar geworden. In Folge dessen ist mit Investitionen für die lokale Herstellung von Wirkstoffen und Medikamenten in Europa und in den USA zu rechnen. Auch für die Produktion eines möglichen Corona-Impfstoffs muss die Produktionskapazität erst einmal aufgebaut werden. Das wird die Nachfrage nach geeigneter Sensortechnologie positiv beeinflussen.
Unsere Supply Chain ist darauf vorbereitet, was wir bereits in der aktuellen Gesundheitskrise beweisen konnten.
„Unser Portfolio deckt alle kritischen Parameter ab, die zur
Echtzeitüberwachung von Bioprozessen benötigt werden.“
Gibt es auch negative Effekte der Coronavirus-Pandemie auf die Geschäftseinheit? Haben Sie Probleme mit der Supply Chain, beispielsweise Lieferschwierigkeiten von Bauteilen für Produkte in Ihrem Sortiment?
C. Caminada: Selbstverständlich bringt jede Krise schwierige Situationen mit sich. Als erstes haben wir sehr strenge Maßnahmen für die Sicherheit unsere Mitarbeiter getroffen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass wir so die Lieferbereitschaft unserer Sensoren in der Krise jederzeit garantieren können. Das ist enorm wichtig, da unsere Produkte Leben retten. Für unser Team sind die Anpassungen eine doppelte Belastung, da sich das Leben nicht nur privat verändert hat, sondern auch berufliche Veränderungen beziehungsweise Anpassungen notwendig wurden. Ich habe in der Krise seitens meines Teams ein hohes Maß an Resilienz gesehen und bin ihnen für ihr Vertrauen, ihre Flexibilität und Leistungsbereitschaft außerordentlich dankbar.
Wie sehen Ihre Pläne bzw. Ihre Strategie für die weitere Entwicklung des Geschäftsbereichs Process Analytics aus? Auf welchen Themen und Technologien liegt der Fokus?
C. Caminada: Hamilton arbeitet kontinuierlich an der Vereinfachung der PAT-Konformität – von der Einführung neuer Messparameter bis hin zum fortschreitenden Datenmanagement. Wir werden auch in Zukunft auf unsere Kernkompetenzen im Bereich der Digitalisierung und neuer Messtechnologien setzen. Das ultimative Ziel ist ganz klar die Smart Factory der Zukunft mit dem Erreichen einer vollständigen ‚Quality by Design‘ für die Bioprozessindustrie.
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Hamilton Bonaduz AG
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