Achema 2018 bediente erstmalig die Fokusthemen Chemie- und Pharmalogistik
08.08.2018 -
Erstmalig war in diesem Jahr auf der Achema das Fokusthema Chemie- und Pharmalogistik mit einem Logistik-Hotspot eingerichtet. Insgesamt 120 Firmen hatten sich dem Fokusthema selbst zugeordnet; rund 3.700 Aussteller zählte die Prozesstechnikmesse insgesamt.
Der Lagerungsaspekt der Logistik war auf der Achema schon immer ein Thema; seit den 1970er Jahren besteht die Ausstellungsgruppe Pharma-, Verpackungs- und Lagertechnik. Dieses Jahr wurde sogar eine zusätzliche Halle angemietet, um die große Nachfrage zu befriedigen. Es war denn auch eine bunte Mischung an Unternehmen, die zum ersten Mal ausstellten: Die Gütegemeinschaft Paletten präsentierte ihre Chemiepalette, die seit Anfang des Jahres im weltweit größten offenen Tauschpool zu haben ist. Was ein intelligentes Etikett heutzutage können muss, zeigten z.B. Varilabel, PriorityID und Rako Security Label. Knowledge and Support und Tim Consult boten ihre Beratungsleistungen an. Auch Transportdienstleister waren mit unter den Neuen: TNT, Unitax, Kühne + Nagel und Pharmaserv Logistics, um nur einige zu nennen.
Dass sich Logistiker seit einigen Jahren vermehrt für die Pharmaindustrie interessieren, liegt an neuen gesetzlichen Vorgaben. Serialisierung und gute Vertriebspraxis sorgen dafür, dass die Hersteller weit über das eigene Fabriktor hinweg denken müssen. Sie sind nun auch dafür verantwortlich, dass die Medikamente in einwandfreiem Zustand in der Apotheke ankommen und Manipulationsversuche an der Verpackung offensichtlich werden.
Waren Logistiker bisher reine Dienstleister, so werden sie nun immer mehr in die Wertschöpfungskette integriert und entwickeln sich zum Systempartner der Pharmahersteller. So wickelt etwa Kühne + Nagel seit 2016 weltweit die Transporte für GlaxoSmithKline ab, von den Rohmaterialien der Zulieferer bis zur Auslieferung der Produkte an die Kunden.
Die Zukunft der Logistik ist digital
Die Achema ist auch für ihr umfangreiches Kongressprogramm bekannt. Die praxisnahen Vorträge – organisiert mit tatkräftigem Beistand der Bundesvereinigung Logistik – fanden im Logistik-Hotspot direkt in der Messehalle statt und damit ganz nahe beim Aussteller. „Was Sie heute im Kongressprogramm hören, können Sie bei der nächsten Achema vielleicht schon in der Ausstellung sehen“ erklärt Dr. Thomas Scheuring, Geschäftsführer der Dechema, die Philosophie der Messe.
Wenn das so ist, dann dürfen sich die Besucher der Achema 2021 auf Erstaunliches freuen. Über eine selbstlernende Software, die die Tourenplanung auch dann noch weiter optimiert, wenn der Lkw schon vom Hof der Spedition gerollt ist, berichtete Max Gath von XTL Kommunikationssysteme. Seit mehreren Jahren forscht die Universität Bremen zusammen mit führenden Unternehmen der Logistikbranche im Rahmen des DFG- Sonderforschungsbereichs „Selbststeuerung logistischer Prozesse“. Das Ergebnis: Ein komplexes Gesamttransportproblem wird mit Methoden der Verteilten Künstlichen Intelligenz in kleine Häppchen zerlegt. Die Software löst die einzelnen Teilprobleme und bezieht dabei Faktoren wie Staus, freie Parkplätze oder Elektrotankstellen mit ein. Dabei lernt sie ständig mit und optimiert sich dadurch selbst.
Obwohl die Forschungsarbeiten schon seit Jahren laufen, ist die Digitalisierung bei den Logistikspezialisten der Pharmabranche eher ein neues Thema. Miebach Consulting befragt regelmäßig Supply Chain Manager, Logistikleiter und Operational Manager nach den Themen, die ihnen gerade unter den Nägeln brennen. Achim Sponheimer von Miebach verglich die Ergebnisse der letzten beiden Pharmastudien: 2016 erwähnte nicht einer der 250 Befragten die Digitalisierung; 2018 war die digitale Disruption dann in aller Munde. Allerdings bestehe große Unsicherheit auf allen Seiten und man dürfe sich nicht wundern, wenn die Entscheidung von gestern heute schon wieder gekippt wird. Handeln müsse man trotzdem, denn wer nicht handle, verliere automatisch.
Aber auch ganz analoge Themen kamen zur Sprache: z.B. wie ein Lkw ausgerüstet sein muss, um den Richtlinien der guten Vertriebspraxis zu entsprechen. Die schreibt vor, dass Medikamente bei der gleichen Temperatur transportiert werden müssen, bei der sie auch gelagert werden. Holger Stauss leitet das Kalibrierlabor von Pharmaserv und weiß, worauf zu achten ist. Die Temperatur im Fahrzeug wird ständig mit kalibrierten Sensoren überwacht und ausgefeilte Luftverteilungssysteme sorgen dafür, dass das Klima überall gleich ist. Meistens kümmert sich um solche Dinge schon der Fahrzeughersteller. Ob die theoretische Planung in der Praxis funktioniert, wird entweder in Klimakammern untersucht oder auf Testfahrten unter realen Bedingungen.
Diese Typenqualifizierung wird einmal für den Fahrzeugtyp durchgeführt. Selbstverständlich muss jeder Schritt sorgfältig dokumentiert werden, gerade auch wenn nachträglich Umbauten am Fahrzeug vorgenommen werden. Wie immer in der Pharmaindustrie gilt „was nicht dokumentiert ist, ist nicht passiert“. (sa)