CABB bietet Chemische Prozessentwicklung als Dienstleistung
Thomas Eizenhöfer im Interview zur Erweiterung des Custom-Manufacturing-Bereichs
Die CABB Group gehört mit rund 1.000 Mitarbeitern und fünf Produktionsstätten in Europa und Asien zu den weltweit führenden Herstellern chemischer Zwischen- und Fertigprodukte. Innerhalb des Geschäftsbereichs Custom Manufacturing bietet die Gruppe künftig unter der Marke ChemCreations die Entwicklung chemischer Herstellungsverfahren für die Agro- und Spezialchemie als separate Dienstleistung an. Dabei wird ein Team aus spezialisierten Chemikern, Prozessingenieuren, Technikern und Sicherheitsexperten den jeweils optimalen Fertigungsprozess für ein vom Kunden beschriebenes Molekül realisieren. Birgit Megges befragte Thomas Eizenhöfer, Leiter des CABB-Geschäftsbereichs Custom Manufacturing, zur Erweiterung des Dienstleistungsangebots.
CHEManager: Herr Eizenhöfer, CABB ist seit vielen Jahren im Bereich Custom Manufacturing tätig. Nun bringen Sie ein eigenes Dienstleistungsangebot zur Prozessentwicklung in den Markt. Was darf man sich darunter vorstellen?
T. Eizenhöfer: Verfahren zu entwickeln, sicher zu steuern und immer weiter zu optimieren ist eine Kernkompetenz im Custom Manufacturing. Dementsprechend haben wir jede Menge Erfahrung mit prozessbezogenen Faktoren wie Risikobeurteilungen, der Steuerung von Abfallströmen oder einer verbesserten Ausbeute, um nur einige zu nennen.
Allerdings ist die Entwicklung dort immer in kommerzielle Auftragssynthesen eingebettet – unsere zentrale Leistung besteht also darin, dem Kunden konkrete Vor- und Zwischenprodukte zu liefern.
Mit unserem neuen Ansatz ChemCreations bieten wir nun die komplette Prozessentwicklung als separate Dienstleistung an - von der Recherche und Beurteilung theoretisch möglicher Optionen über die Entwicklung des optimalen Synthesewegs bis hin zur Pilotierung.
Vereinfacht gesagt: Der Kunde beschreibt ein Zielmolekül und CABB entwickelt dann in ständiger Rückkopplung mit ihm den optimalen Syntheseweg. Dieser Weg kann die individuelle Auslegung eines bekannten Verfahrens sein oder ein komplett neuer Ansatz. Das Ergebnis dieser Dienstleistung ist ein erprobter, sicherer, nachhaltiger und effizienter Prozess. Wenn es der Kunde möchte, überführen wir dieses Verfahren anschließend gerne in eine kommerzielle Fertigung – das ist aber keine zwingende Voraussetzung.
Welche Strategie steht hinter dem Entschluss, die Prozessentwicklung in Ihr Dienstleistungsportfolio aufzunehmen?
T. Eizenhöfer: Als globaler Partner der Agro- und Spezialchemie versuchen wir generell, wichtige Marktentwicklungen zu antizipieren und daraus relevante neue Lösungen zu entwickeln. Dazu nur eine Zahl: Mit Investitionen von fast 100 Mio. EUR haben wir alleine in den vergangenen drei Jahren über neue Anlagen und Prozesse unser Geschäft ausgebaut.
Nun wissen wir aus vielen Gesprächen mit Kunden und Marktkennern, dass Unternehmen –insbesondere in der Agrochemie – intensiv darüber nachdenken, externe Partner wie CABB früher und enger in die Prozessentwicklung einzubinden, unter anderem deshalb, weil die einzelnen Moleküle und damit die Syntheseprozesse immer komplexer werden.
Aufgrund der aktuellen Fusionen in der Agrochemie ist zudem absehbar, dass die entstehenden sehr großen Innovatoren auf dieser Ebene Partner mit entsprechender Größe und Statur benötigen werden.
Dass wir die nötigen Fähigkeiten besitzen, beweisen wir im Custom Manufacturing seit Jahren tagtäglich. Wir beherrschen komplexe Verfahren, können mit herausfordernder Chemie umgehen und haben bereits vielfach Prozesse vom Pilotmaßstab in den kommerziellen Maßstab skaliert. Dabei stützen wir uns auf moderne Analytik und eine eigene Pilotanlage.
Gleichzeitig ist unser Geschäftsmodell generell auf enge partnerschaftliche Zusammenarbeit ausgerichtet. Wir hören immer wieder, dass unsere Kunden das professionelle Projektmanagement und die Verlässlichkeit in wichtigen Fragen schätzen – zum Beispiel im Umgang mit Intellectual Property. Wenn man also die Marktentwicklung mit unseren Fähigkeiten abgleicht, ergeben sich spannende strategische Perspektiven für ein Service-Angebot wie ChemCreations.
Warum wird CABB das Dienstleistungsangebot als eigenständige Marke führen?
T. Eizenhöfer: ChemCreations ist für die CABB Group ein Meilenstein. Ein komplettes, modular aufgebautes Serviceangebot vom Route Scouting bis zur Schnittstelle in die kommerzielle Fertigung ist wirklich neu – zumal jeder Kunde individuell entscheiden kann, in welcher Phase er in den Prozess einsteigen und auch wieder aussteigen möchte.
Dieses neue Angebot wollen wir sichtbar von den klassischen, primär produktionsgetriebenen Custom-Manufacturing-Projekten abheben. Da ist ein eigener Markenauftritt nur konsequent.
An welchen Standorten wird die Prozessentwicklung stattfinden? Welche Investitionen in Anlagen oder Personal sind oder waren nötig, um diesen Schritt gehen zu können?
T. Eizenhöfer: Unsere Teams in Pratteln in der Schweiz und Kokkola in Finnland arbeiten sehr eng zusammen, während gleichzeitig jeder Standort seine technischen und analytischen Schwerpunkte hat. In diesem Set-up kann das ChemCreations-Team immer genau die Kompetenzen und Ressourcen ansteuern, die für ein konkretes Projekt besonders relevant sind – wobei Pratteln mit der Pilotanlage sicher eine gewisse Sonderstellung einnimmt.
Was die Ressourcen anbetrifft, so verstärken wir aktuell unser Team in den Bereichen Forschung und Entwicklung und in der Analytik. Parallel passen wir die Pilotanlage in Pratteln sukzessive weiter dem Bedarf an.
Der Hauptfokus für das neue Angebot liegt im Bereich der Agrochemie. Warum haben Sie diesen Schwerpunkt gewählt?
T. Eizenhöfer: Für mich persönlich ist Fokussierung ein zentrales Element jeder erfolgreichen Strategie. In unserem konkreten Falle heißt das: Wir haben in der Agrochemie sehr enge, oft über Jahrzehnte gewachsene Kundenbeziehungen und kennen den Markt und die Herausforderungen der Branche besonders gut. Es macht deshalb einfach Sinn, dort zuerst anzusetzen.
Haben Sie vor, diesen Fokus im Laufe der Zeit auf andere Anwendungsgebiete von Spezialchemikalien zu erweitern?
T. Eizenhöfer: Dass wir uns zunächst aus guten Gründen auf die Agrochemie konzentrieren bedeutet ja nicht, dass wir andere interessante Wachstumsmöglichkeiten ausschließen. Die Grundlagen der chemischen Prozessentwicklung sind in der Agro- und Spezialchemie sehr ähnlich – und wir arbeiten heute bereits mit Spezialchemieanbietern zusammen.
Insofern kann eine solche Perspektive durchaus Sinn machen. Das ChemCreations-Angebot ist mit seinem modularen Aufbau ganz bewusst darauf angelegt, mit wenig Komplexität auch neue Kundensegmente ansprechen zu können.
Ab wann werden Sie interessierten Unternehmen die neuen Services anbieten?
T. Eizenhöfer: Auf der ChemSpec Europe, die Mitte Juni in Köln stattfindet, werden wir ChemCreations offiziell vorstellen. Diese Messe ist aus unserer Sicht die optimale Plattform für einen ersten intensiven Austausch mit bestehenden und potenziellen Kunden.
Der ChemSpec-Aufritt ist gleichzeitig der Auftakt einer international angelegten Kommunikationsoffensive, bei der wir die globale Präsenz der CABB Group aktiv nutzen werden. Über die enge Zusammenarbeit mit bestehenden Kunden hinaus sehen wir auf internationaler Ebene insbesondere in den USA und in Japan Potenzial für Neugeschäft mit ChemCreations.
Davon ganz abgesehen haben wir natürlich schon im Vorfeld eine Reihe informeller Gespräche geführt. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass wir dabei auf großes Interesse gestoßen sind – bis hin zu ersten konkreten Entwicklungsaufträgen.