Chemiestandort: Logistik ohne Ressourcenverschwendung
Was bedeutet grüne Logistik und Mobilität für Chemieparks?
Nachhaltigkeit oder „Grünsein“ in der Logistik bedeutet, keine Verschwendung von Ressourcen zuzulassen – es bedeutet entsprechend auch, Optimierungspotenziale und Chancen in den Wertschöpfungsketten zu nutzen.
In einer 2017 durchgeführten Studie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU), Think Tank Chemie, wurde das Thema „Internationaler Wettbewerbsdruck in der Chemiebranche“ untersucht. 142 Teilnehmer aus Unternehmen, die chemische Erzeugnisse oder Grundstoffe herstellen, haben an der Befragung teilgenommen.
Es sollte identifiziert werden, welche Entwicklungen die Chemiebranche beeinflussen, welche Handlungsansätze in den Unternehmen aktuell bestehen und wie die Einschätzung der Marktentwicklungen ist.
In Bezug auf die Wertschöpfungsketten der Unternehmen wurden die in der Umfrage abgefragten Hypothesen bestätigt.
Ungenutzte Synergien in einer Wertschöpfungskette mittels unternehmensübergreifendem, prozessorientiertem Denken zu nutzen, wird ebenso als großes Chancenpotenzial gesehen, wie die funktionsübergreifende Synchronisation von Beschaffung und Produktionssteuerung bis hin zur Vertriebsplanung. Ebenso wird die Notwendigkeit erkannt, vertikale und horizontale Schnittstellen durch Andocken an Kunden- und Lieferantensysteme zu optimieren.
Daneben werden integrierte Planungsprozesse, digitale Auftragsabwicklungsprozesse inklusive zugehöriger Service-/ Logistik-Prozesse und unternehmensübergreifende Innovationsprozesse als Handlungsfelder mit großem Verbesserungspotenzial identifiziert.
Nachhaltigkeit an Chemiestandorten
Wertschöpfungsketten zu optimieren und die oben genannten Potenziale zu nutzen, ist nicht nur wirtschaftlich vorteilhaft, sondern insbesondere auch ressourcenschonend und damit nachhaltig.
Aber auch unter anderen Gesichtspunkten wird Nachhaltigkeit für die Chemiestandorte wichtiger: Nachwachsende Rohstoffe, Rohstoffrückgewinnung, Grundchemikalien aus Biomasse anstatt aus Erdöl und Energiewende sind alles Themengebiete, die die Standorte direkt betreffen. Die Einhaltung von Nachhaltigkeitsauflagen wird immer mehr zu einem Thema des Unternehmenswertes.
Die Welt-Klimakonferenz verdeutlichte zudem erneut die Dringlichkeit der Bemühungen und entsprechende Rückstände in der Umsetzung „Reduzierung globale Erwärmung“.
Der Grüne Chemiestandort ist seitens der Chemieproduzenten und Chemiedienstleister die Antwort auf die Unterstützung der Erreichung der deutschen und damit auch globalen Klimaziele.
Zielsetzungen eines grünen Chemiestandortes sind neben der Erreichung der Klimaziele, die Erfüllung von weltweit strengeren Umweltauflagen, die Auseinandersetzung mit steigenden Energie- und Rohstoffpreisen und die Berücksichtigung eines Wertewandels der Kunden, Mitarbeiter und der Gesellschaft (s. Grafik). Sich hier von anderen Produktionsländern abzugrenzen und sich als grüner Chemiestandort zu positionieren, kann für Deutschland eine Chance sein.
Lösungsansatz Infrastruktur und Vernetzung
Der Grüne Chemiestandort bietet auf mehreren Ebenen nachhaltige Lösungsansätze: Veränderung der Infrastruktur, mobile Einheiten, Planung und Zusammenarbeit unterstützt durch eine intelligente Vernetzung zur proaktiven Vermeidung der Verschwendung, sowie Nachhaltige Service-Konzepte.
Die Grüne Infrastruktur beinhaltet beispielsweise Ansätze wie die Voll-Automatisierung des Standortes und der Ladungsträger. Selbstfahrende Systeme zwischen Logistik- und Produktionsknotenpunkten, automatisierte Flurfördersysteme oder Kapseln für die unterirdische Beförderung von Paletten ermöglichen einen automatisierten Standort. Anstehende Investitionen in neue Erzeugungsanlagen können unter dem Gesichtspunkt Energieversorgung mit erneuerbaren Energien als nachhaltige Chance gesehen werden.
Auf der Ebene der mobilen Einheiten ist bereits bis heute viel entwickelt worden: Ob Lkw, Bahn oder Schiff – die Nutzung umweltfreundlicher Antriebssysteme ist keine Zukunftsmusik mehr. Elektrofahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge und weiterentwickelte Hybridantriebe kommen mehr und mehr auf den Markt.
Auf der Ebene der Planung und Zusammenarbeit durch intelligente Vernetzung geht es um die Nutzung kollektiver Daten zur Vermeidung von Verschwendung.
Standortplanungsprozesse müssen genauso etabliert werden, wie ein erfolgreiches Ladestellenmanagement. Die vorausschauende und verkehrsträgerübergreifende Planung, Steuerung und Vernetzung von Transportträgern führt zu weniger Liege-, Stand- und Wartezeiten bei Betrieben und Logistikeinheiten, was sich in einer optimierten Nutzung der Logistik- und Betriebsinfrastruktur äußert. Zudem wird eine Kollision der Verkehrsträger vermieden und ein optimaler Verkehrsträger-Split ermöglicht.
Nachhaltige Service-Konzepte sind z.B. die Förderung der Kombi-Verkehre Straße-Schiene-Wasser, innovative Verpackungskonzepte, die Implementierung von Logistikzentren mit intelligenten, ganzheitlichen Logistikkonzepten für eine starke Transportbündelung.
Entsorgung und Ressourcen im Blick
Nachhaltige Entsorgungsdienstleistungen sind ebenfalls als zentrales Thema anzusehen, wobei der Entsorger angeraten ist, insbesondere Abfallvermeidung bei seinen Kunden herbeizuführen. Daneben können innovative Konzepte zur Erhöhung der Rohstoffrückgewinnung entwickelt werden, ebenso lässt sich zirkuläre Wertschöpfung zur Erhöhung der Ressourceneffektivität einsetzen.
In Bezug auf Instandhaltungsdienstleistungen kann in Sachen Nachhaltigkeit durch eine vorausschauende Instandhaltungsstrategie, durch die Verwendung von energieeffizienter, digitaler Technik und Verarbeitung von Instandhaltungsdaten eine Menge erreicht werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine grüne Logistik an Chemiestandorten zukünftig immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Nicht alleine unter ökologischen und sozialen Aspekten betrachtet, sondern auch unter der Berücksichtigung ökonomischer Gründe wird eine grüne Logistik ein Erfolgsfaktor für den deutschen Chemiestandorte-Markt werden.