Chemie³ fokussiert künftig stärker auf Regionen und Mitarbeiter
BAVC, IG BCE und VCI setzen sich neue Ziele für ihre gemeinsame Nachhaltigkeitsinitiative
Das vor vier Jahren geschlossene Bündnis Chemie³ der Allianzpartner der Branche – dem Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) – hat mit zahlreichen Maßnahmen das Ziel verfolgt, nachhaltiges Denken und Handeln als Leitbild in der chemischen Industrie zu verankern. Jetzt hat sich die Initiative bis 2022 neu ausgerichtet. Die Beschäftigten und die Regionen übernehmen dabei eine wichtige Rolle. Ein erstes Nachhaltigkeitsprojekt im Rahmen der dualen Berufsausbildung wurde sogar ausgezeichnet.
Beim Thema Nachhaltigkeit versteht sich die chemische Industrie als Schlüsselindustrie und Impulsgeber. Um die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales als Leitbild der Nachhaltigkeit der chemischen Industrie zu etablieren, haben die Chemie³-Allianzpartner seit 2013 vor allem durch Unterstützungsangebote für Unternehmen (z.B. einen Leitfaden für die Nachhaltigkeitsberichterstattung), Fachveranstaltungen und den regelmäßigen Austausch mit Stakeholdern vieles in der Branche in Bewegung gebracht. „Dabei war es uns immer wichtig zu betonen, dass wir Nachhaltigkeit nicht als Marketingprojekt verstehen, sondern das Ziel verfolgen, nachhaltiges Denken und Handeln in der DNA der chemisch-pharmazeutischen Industrie zu verankern“, erklärt Andreas Ogrinz, Geschäftsführer Bildung, Innovation, Nachhaltigkeit beim BAVC.
Um die chemische Industrie in Sachen Nachhaltigkeit voranzubringen, will Chemie³ in den nächsten Jahren an das bisher Erreichte anknüpfen und durch eine neue strategische Ausrichtung weitere Impulse setzen. Die Initiative verfolge das Ziel, Unternehmen und ihre Mitarbeiter noch gezielter in ihrem Engagement zu unterstützen, denn die Branche werde sich nur dann verändern, wenn sich die Unternehmen und die Beschäftigten verändern, betonen Ogrinz und Xaver Schmidt, Leiter der Abteilung Vorsitzender bei der IG BCE gleichermaßen. So sollen die Unternehmen bis 2022 wesentliche, sichtbare Fortschritte im Sinne der Leitlinien erreichen.
Bewusstsein bei den Beschäftigten stärken
Neben den bewährten Unterstützungsangeboten für die Unternehmen und dem erfolgreichen Dialog mit den Partnern will die Initiative künftig verstärkt die Mitarbeiter in den Blick nehmen. „Nur mit den Beschäftigten kann der Wandel der Chemie hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingen, zum Beispiel über entsprechende ‚Promotoren‘-Programme, die Mitarbeiter zu Nachhaltigkeitsbotschaftern machen“, sagt Schmidt. Ein neues Ziel der Initiative ist es daher, durch konkrete Angebote das Bewusstsein für die Bedeutung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit bei den Beschäftigten der Branche zu stärken.
Stärkere Fokussierung auf Regionen
Die Nachhaltigkeitsinitiative Chemie³ hat sich auch vorgenommen, noch stärker in den Dialog mit Politik und Gesellschaft zu gehen. Immer noch dominiere hier ein einseitig „grünes” Nachhaltigkeitsverständnis. Daher will die neue Strategie die gleichrangige Berücksichtigung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit in der politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung stärken. Außerdem sollen die Vorteile des Föderalismus mehr genutzt werden. „Wir wollen mit unseren Botschaften auf verschiedenen Ebenen wirken, nicht nur international, europäisch und national, sondern in Zukunft auch regional“, erläutert Ogrinz. Weiter verfolgt werde das Ziel, bei den externen Stakeholdern als glaubwürdiger Dialogpartner anerkannt zu sein.
Chemie³ ist auch eine Bildungsinitiative
Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie verankern – das gelingt nur, wenn man die Menschen mitnimmt, davon sind Ogrinz und Schmidt überzeugt. Daher sehen sie die Bildungsarbeit der Sozialpartner in den Betrieben als zentralen Bestandteil von Chemie³. Auf einer regionalen Netzwerktagung zum Thema „Mit Qualifizierung zum nachhaltigen Unternehmen“ bei der HessenChemie in Wiesbaden erfuhren Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Industrie kürzlich, wie wichtig es ist, dass Unternehmen Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie integrieren. Um für die Branche Fachkräfte zu sichern, müssten sich die Betriebe auf den Wertewandel einstellen und auf die veränderten Ansprüche an die Arbeitswelt reagieren. Ein vorbildliches Beispiel für eine Bildungsinitiative im Rahmen von Chemie³, die regional wirke und Nachhaltigkeit bei den Beschäftigten konkret mache, sei das Projekt ANLIN (Ausbildung fördert nachhaltige Lernorte), das im Fokus der Tagung stand.
ANLIN fördert nachhaltiges Denken und Handeln
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen UNESCO-Kommission ausgezeichnete Qualifizierungsprojekt will junge Menschen bereits in der Ausbildung für das Thema Nachhaltigkeit begeistern und einen Good-Practice-Ansatz für Unternehmen der Branche bundesweit bereitstellen. „Das Projekt leistet einen wertvollen Beitrag, die zukünftigen Mitarbeiter hierfür zu gewinnen“, erklärt Schmidt.
Das Modellprojekt ANLIN ist ein Gemeinschaftsprojekt von Provadis, dem Bildungszentrum für Beruf und Wirtschaft (BBW) in Wittenberg, dem Qualifizierungsförderwerk Chemie und dem Institut für nachhaltige Berufsbildung und Management. Es sensibilisiert, motiviert und qualifiziert Auszubildende und ihre Ausbilder für Nachhaltigkeit und trägt so dazu bei, das Thema besser in der deutschen Bildungslandschaft zu verankern. ANLIN ist Teil der Nachhaltigkeitsinitiative Chemie³ der deutschen Chemie. Das dreijährige Projekt wird gefördert durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) aus Mitteln des Bundesbildungsministeriums.
Bisher haben mehr als 50 Auszubildende und 90 Lehr- und Ausbildungskräfte aus den Bereichen Chemie, Metall und Elektro aus über 40 Betrieben an dem Projekt teilgenommen, darunter die Unternehmen Clariant und Sanofi. (ag)