Oberflächenschnelltest auf Korrosionsgefahr
TÜV Süd Chemie Service bestätigt die Wirksamkeit des KorroPad-Schnelltests
Die BAM hat ein Verfahren zur Charakterisierung der Passivschicht an der Oberfläche nichtrostender Stähle entwickelt, den KorroPad-Schnelltest.
n Anlagen der chemischen Industrie werden nichtrostende Stähle extremen Umgebungsbedingungen ausgesetzt. Dazu gehört bspw. der direkte Kontakt mit Säuren, korrosiven Gasen oder hochchloridhaltigen Medien. Der Zustand der schützenden Passivschicht auf den Stahloberflächen hat unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit einer Anlage. Bilden sich Fehlstellen durch Behandlung im Neuzustand oder durch Medieneinfluss, dann ist es nicht weit, bis Korrosionserscheinungen entstehen. Mit bloßem Auge ist nicht zu erkennen, wo die Passivierung unvollständig oder beschädigt ist. Bislang übliche Methoden zur Überprüfung der Schutzschicht (z. B. Salzsprühnebeltests und elektrochemische Messungen) stellen für kleine und mittelständische Unternehmen eine erhebliche finanzielle Hürde dar.
TÜV Süd Chemie Service wendet für die sichere Werkstoffauswahl routinemäßig elektrochemische Methoden an. Dazu gehört bspw. die Ermittlung des Lochkorrosionspotentials durch Aufnahme von Strom-Spannungs-Kurven in Labormesszellen oder an lokalen Stellen von Bauteilen. Aufgrund dieser Erfahrung war es interessant, den Vergleich zwischen herkömmlichen elektrochemischen Messungen und der Prüfung mit KorroPads in der Praxis zu testen. Ziel sollte sein, für die Anwender die Methode zu bewerten und bei Eignung eine einfache Vor-Ort-Methode zur Verfügung zu haben.
Empfindliche Passivschicht
Der in der chemischen Industrie sehr häufig eingesetzte, nichtrostende austenitische Chrom-Nickel-Molybdän-Stahl (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4401/ 1.4571) besteht zu etwa 70 % aus Eisen mit weiteren hinzulegierten Elementen. Chrom ist für die Korrosionsbeständigkeit das wichtigste Legierungselement, da es auf der Stahloberfläche in Anwesenheit von Wasser und Sauerstoff eine dichte Chromoxidschicht ausbildet. Diese chromreiche Passivschicht ist nur wenige Atomlagen dünn, daher nicht sichtbar und empfindlich. Korrosionsgefahr besteht, wenn die Passivschicht noch nicht vollständig ausgebildet ist. Aber auch, wenn die Werkstoffoberfläche Imperfektionen enthält, die der Ausbildung einer Passivschicht entgegenwirken. Bei Beschädigung kann sich die Passivschicht bei Zutritt von Sauerstoff und Feuchtigkeit neu ausbilden. Dauerhaften Schutz kann sie aber nur dann bieten, wenn die physikalischen und chemischen Voraussetzungen für eine Neubildung – auch Repassivierung genannt – gegeben sind. Entscheidende Faktoren dafür sind ausreichende Sauerstoffkonzentrationen, Feuchtigkeit, geringe Chlorid-Ionen-Konzentrationen sowie saubere und metallisch blanke Oberflächen.
Praktische und schnelle Alternative
Für die Prüfung von Werkstoffoberflächen bieten KorroPads eine ökonomische, zerstörungsfreie und vor allem schnelle Alternative zu bisher angewandten Prüfmethoden. Auch die Funktionsweise ist bestechend einfach: Ist die Passivschicht unvollständig, treten Eisenionen aus den Fehlstellen in der Schutzschicht heraus und gehen in Lösung. Wasser mit geringen Mengen an Natriumchlorid und ein Indikator für Eisenionen sind die Inhaltsstoffe der gelartigen KorroPads. Fehlt die schützende Chromoxidschicht auf der Stahloberfläche, zeigt der in wässriger Lösung gelblich-transparente Indikator Kaliumhexacyanoferrat(III) bei Kontakt mit den heraustretenden zweiwertigen Eisenionen einen spontanen Farbumschlag zu „Berliner Blau“. Als Anzeigen erscheinen gut sichtbare blaue Punkte auf den leicht gelblichen Pads. An diesen Stellen ist die schützende Passivschicht auf der Stahloberfläche nicht vorhanden bzw. konnte sich nicht ausbilden.
Verwertbare Ergebnisse in 15 Minuten
Das KorroPad-Verfahren ist eine zerstörungsfreie Prüfung. So lassen sich Rohrkomponenten und Behälter bereits vor dem Einbau in eine Chemieanlage zur Qualitätssicherung auf Korrosionsgefahr testen. Ein zusätzlicher Vorteil: Der Schnelltest ist sehr einfach anzuwenden. Vorkenntnisse auf dem Gebiet der Korrosion oder der Elektrochemie sind nicht erforderlich. Pro Prüfung werden drei Pads benötigt, die auf den nichtrostenden Stahl gelegt werden. So erhält man eine Momentaufnahme über den Zustand der Passivschicht. Die Pads besitzen etwa die Größe einer Fünf-Cent-Münze. Bevor die KorroPads aufgelegt und angedrückt werden, ist eine Reinigung mit Aceton oder Alkohol der zu prüfenden Oberfläche erforderlich. Nach 15 Minuten werden die Pads mit einem Kunststoffspatel abgelöst und auf eine Kunststoffträgerfolie gelegt. Zur systematischen Auswertung und Dokumentation kann das Prüfergebnis eingescannt oder fotografiert werden. Liegt das Prüfergebnis vor und wird Korrosionsgefahr entdeckt, beraten die Werkstoff-Experten zusammen mit den Betreibern die nächsten Schritte. Im Vordergrund steht hierbei, ob die Anlagensicherheit oder gar der Schutz der Mitarbeiter gefährdet ist.
Tests auf verschiedenen Oberflächen
Das KorroPad-Prüfverfahren wirkt vorrangig oberflächenspezifisch und ist prinzipiell für alle relevanten nichtrostenden Stahlsorten geeignet. Umfangreiche Praxistests bei TÜV Süd Chemie Service verifizierten dies. Geprüft wurden austenitische Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle. Bei allen Tests an Anlauffarben nach dem Schweißen zeigten sich Anzeigen im KorroPad. Zudem wurde festgestellt, dass das elektrochemische Reinigen / Polieren mit dafür vorgesehenen Apparaten oder die mechanische Bearbeitung (z. B. Bürsten der Schweißnähte) teilweise noch Anzeigen zur Folge hatte. Diese beweisen, dass die Beseitigung der Anlauffarben und Repassivierung nicht ausreichend durchgeführt worden war. Die KorroPad-Tests bei TÜV Süd Chemie Service wurden von lokalen elektrochemischen Messungen begleitet. Es zeigte sich, dass an den Stellen, an denen die KorroPad-Prüfungen zu Anzeigen führten, ein niedrigeres Lochkorrosionspotential beobachtet wurde. Das bedeutet, dass dort eine erhöhte Gefahr für Korrosion vorliegt.
Ein weiterer Vorteil des KorroPad-Verfahrens besteht darin, dass man durch die Anwendung sicher sagen kann, dass die Passivschicht nach Schleif-, Beiz-, oder sonstigen Reinigungsschritten gut ausgebildet ist und nicht mit Problemen beim Betrieb zu rechnen ist. Es wurde auch die Tauglichkeit des KorroPad-Verfahrens für die Qualitätssicherung nachgewiesen. Hier konnte man bspw. Fehlstellen auf der Außenseite von längsnahtgeschweißten Rohren einwandfrei nachweisen.
Mehr Sicherheit mit KorroPads
Die Anwendung des KorroPad-Verfahrens dient der Hilfe zur Selbsthilfe. Denn optisch blank sehen die Werkstoffoberflächen am Anfang eigentlich immer aus. Aber halten die Bauteile auch das, was die Optik und der Name des Werkstoffs versprechen? In der Praxis entscheiden viele Einflussfaktoren darüber: Wie wurden die Oberflächen bearbeitet? Wie die Schweißnähte nachbehandelt? Sind die Legierungselemente gleichmäßig verteilt? Die Ergebnisse der KorroPad-Prüfungen geben schnell eine Antwort auf diese Fragen. In vielen Versuchen und Praxisanwendungen bestätigte TÜV Süd Chemie Service die hervorragende Eignung dieses Verfahrens. Als entscheidender Vorteil erweist sich auch, dass man mit dem KorroPad-Test die Oberfläche der Stähle im Lieferzustand und nach der Verarbeitung prüfen kann. Handwerksbetriebe werden so in die Lage versetzt, sich vor kostenintensiven Gewährleistungsansprüchen zu schützen. Und es muss auch nicht nur bei optischen Problemen bleiben: Die nichtrostenden Stähle sind häufig Ausgangsmaterial für die Herstellung von Ankern und Dübeln, Behältern für Gefahrgüter oder komplexen Chemieanlagen. So dient die Anwendung des KorroPad-Schnelltests auch der technischen Sicherheit.