Frank Iden, Trans-o-flex, im Interview:
14.11.2016 -
Der Transport von Medikamenten ist in den letzten Jahren in den Fokus behördlicher Regulierung gelangt. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Beteiligten der Lieferkette und fordert neben Nachrüstung auch vermehrte und kontinuierliche Kontrolle der Transporte. Dr. Sonja Andres sprach mit Frank Iden, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung von Trans-o-flex, u.a. über die weiteren, hierdurch zu erwartenden Entwicklungen im Pharmasektor und die Auswirkungen auf die Arzneimitteldistribution.
CHEManager: Herr Iden, wie schätzen Sie die weitere Entwicklung im Transport pharmazeutischer Produkte und Medikamente ein?
F. Iden: Die Arzneimitteldistribution in Deutschland steht mitten in einer großen Veränderung. Um die Arzneimittelsicherheit garantieren und belegen zu können und um die Vorschriften der EU-GDP zu erfüllen, wird sich der aktiv temperaturgeführte und dokumentierte Transport als Standard etablieren. Die Masse der Produkte wird dabei im Raumtemperaturbereich 15 bis 25°C transportiert, die meisten anderen im Kühlbereich bei 2 bis 8°C.
Womit begründen Sie diese Einschätzung?
F. Iden: Deutschland holt damit nach, was in anderen Ländern wie Italien oder Spanien, aber auch in Österreich bereits Standard ist. Die Konsequenzen der EU-GDP sind inzwischen allen Beteiligten bewusst, nicht nur den Herstellern, sondern auch den Inspektoren der Regierungspräsidien. Sie können Arzneimittelsicherheit nicht garantieren, wenn auf dem LKW mal mehr als 50°C sind und mal minus 15 – und sie wissen es nicht! Die passive Temperierung fällt als Alternative aus, weil der Aufwand für Verpackung, Rückführung und Entsorgung der Verpackung nicht wirtschaftlich ist. Aus all diesen Gründen haben wir bei Trans-o-flex allein im ersten Halbjahr eine Steigerung der Ambient-Menge um 20% erlebt.
Welche Maßnahmen hat Trans-o-flex ergriffen oder wird in nächster Zukunft ergreifen, um diese Entwicklungen von logistischer Seite aus zu unterstützen?
F. Iden: Aus Gesprächen mit großen Versendern wissen wir, dass sie innerhalb des Jahres 2017 planen, noch weiter auf Ambient-Transporte umzustellen. Nun haben wir von unseren neuen Gesellschaftern grünes Licht dafür bekommen, bis 2018 insgesamt fast 60 Mio. EUR zu investieren. Das Geld geht in IT, Fahrzeuge, Umschlagzentren und Mitarbeiterschulung. Um für das Mengenwachstum im Ambient-Bereich gerüstet zu sein, werden wir Schritt für Schritt weitere Umschlagzentren klimatisieren und vermehrt auch in der Distribution reine Ambient-Fahrzeuge anschaffen. Allein bis Jahresende kommen hier 70 neue Thermosprinter hinzu, um in allen Ballungsgebieten reine Ambient-Touren zu fahren. Im Endausbau wollen wir etwa 400 Stück davon haben.
Fordern die Pharmaunternehmen und Pharmagroßhändler diese Leistungen zwischenzeitlich ein? Werden Zertifizierungen verlangt?
F. Iden: Der aktiv temperaturgeführte Arzneimitteltransport ist unser Wachstumssegment und wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach diesem Premiumservice auch weiter dynamisch zulegen wird. Was die Zertifizierung angeht: Trans-o-flex arbeitet seit vielen Jahren auf Basis der durch die GDP festgelegten Standards und hat dies auch bereits 2010 durch einen unabhängigen Zertifizierer bestätigt bekommen. Zertifikate halten jedoch keinen Pharmakunden davon ab, die Einhaltung der Standards weiterhin mit individuellen Audits zu überprüfen.
Weshalb sehen Sie es als nötig an, auch im Rahmen der Datenerfassung proaktiv mit der sogenannten Digitalisierungsoffensive GDP+ an den Markt heranzutreten?
F. Iden: Wir sind ja der Marktführer für die Direktbelieferungen von Apotheken, Krankenhäusern und Ärzten. Diese Position wollen wir halten und ausbauen. Deshalb müssen wir innovativ sein und den Markt treiben. Das haben wir getan, indem wir als einziger Dienstleister bereit waren, für viel Geld bundesweit physische Netze für aktiv temperaturgeführte Transporte aufzubauen. Daneben werden wir aber auch die Vorteile, die sich aus der Digitalisierung für unsere Kunden und unser System ergeben, konsequent nutzen.
GDP+ beschränkt sich nicht nur auf die Datenerfassung. Das ist ein wichtiger Teil, weil wir beispielsweise den bisherigen klassischen Barcode durch den viel leistungsfähigeren QR-Code ersetzen und alle noch verbliebenen manuellen Erfassungsschritte eliminieren. Genauso wichtig ist jedoch, dass wir parallel zum physischen Netz ein einheitliches, digitales Informationsnetz haben, das lückenlos, transparent, manipulationssicher und fehlerresistent ist und auf das unsere Kunden für ihre Daten jederzeit Zugriff haben.
Was sind die wichtigsten Ziele, die durch diese Initiative erreicht werden sollen? Welche Vorteile erwachsen den Kunden aus dem Pharmasektor?
F. Iden: Unsere Kunden werden weniger Arbeit, höhere Transparenz und mehr Sicherheit haben. Durch die konsequente, digitale Steuerung der Sendungsprozesse werden Fehler vermieden, Abweichungen genau festgehalten. Es gibt weniger Nachfragen bei Versendern, wenn diese uns etwa Sendungen übergeben haben, ohne dazu vorab Daten übermittelt zu haben. Das erreichen wir beispielsweise mit dem QR-Code, in dem alle für eine Standardsendung notwendigen Zustelldaten enthalten sind.
Schließlich werden unsere Kunden alle Informationen über ihre Sendungen, nicht nur Zeiten und Orte, sondern auch den Temperaturverlauf im Überblick und im Detail in einem System jederzeit online verfolgen können. Damit können sie die Transportqualität überprüfen und auch bei Inspektionen detailliert belegen. Die Informationen werden nahezu in Echtzeit zur Verfügung stehen. Das ermöglicht unseren Kunden eine schnellere Rechnungsstellung, weil die ja meist erst dann erfolgen kann, wenn ein Ablieferbeleg vorliegt.
Wie wird sich dies auf das Transportnetz – Flotte und Umschlagpunkte – auswirken? Werden die beiden temperaturgeführten Netze – das der Trans-o-flex und Thermomed – miteinander kombiniert?
F. Iden: Sie werden insofern miteinander kombiniert, als jedes Netz spezifische Produkte für unsere Kunden anbietet, die sich ergänzen. Physisch werden beide Transportnetze bestehen bleiben. Informatorisch wird es für den Kunden ein Netz sein. Wir halten an zwei Transportnetzen fest, weil sich herausgestellt hat, dass die Wirtschaftlichkeit und Qualität höher ist, wenn unterschiedliche Temperaturbereiche in unterschiedlichen Systemen gefahren werden. Das hängt beispielsweise damit zusammen, dass weniger Fehler in der Zuordnung von Sendungen zu bestimmten Temperaturbereichen passieren, dass die Systeme weniger komplex sein müssen und dass wir mengenmäßig zwei sehr unterschiedliche große Netze zur Verfügung stellen müssen. Denn die Ambient-Menge ist weitaus größer als die der Kühlware. Wir haben hier ein Verhältnis von etwa neun zu eins.
Positiver Nebeneffekt davon: Dadurch sind wir in der Lage, das kleinere Netz mit Spezialaufgaben zu betrauen. Dazu zählt beispielsweise die Heimpatientenbelieferung. Hier dauern einzelne Auslieferstopps so lange und haben etwa hinsichtlich der Ansprache der Patienten oder der Rückführung von Verbrauchsmaterial so hohe Anforderungen, dass sie das in einem großen Netz nicht umsetzen können.
Wie stellt sich Ihnen die Situation im Bereich qualifizierter Mitarbeiter momentan dar?
F. Iden: Es ist schwieriger geworden, die richtigen Mitarbeiter zu finden, bis jetzt gelingt uns dies noch. Jedoch gerade im Transportbereich ist eine Fahrerknappheit immer deutlicher zu spüren. Hier müssen Sie dann selber schulen. Das ist eben auch ein Kernelement von GDP+: Trainings, Schulungen der Fahrer, aber auch des Lagerpersonals.
In welcher Form werden sich Ihrer Einschätzung nach die Pharmatransportnetze europa- bzw. weltweit entwickeln?
F. Iden: Die Menge der internationalen Pharmatransporte wird zwar zunehmen, aber es wird auf absehbare Zeit keine einheitlichen Distributionslösungen etwa in Europa geben. Der Grund dafür liegt schlicht darin, dass die nationale Regulierung der Märkte nach wie vor sehr unterschiedlich ist. Sie können nicht einfach ein Medikament herstellen und verpacken und es dann europaweit verteilen. Abgesehen von Zulassungsvorschriften hinsichtlich Wirkstoffen und Präparaten geht es auch um so schlichte Dinge wie Verpackungsvorgaben oder Beipackzettel.
Wird die Marke „trans-o-flex“ auch zukünftig erhalten bleiben oder haben die Gesellschafter diesbezüglich vielleicht andere Pläne?
F. Iden: Wir haben gerade das Profil von Trans-o-flex geschärft, die Marke modernisiert und in unserem neuen Unternehmensauftritt noch stärker in den Vordergrund gerückt. Das alles hätten wir uns sparen können, wenn unsererseits oder seitens der Gesellschafter eine Veränderung angedacht oder geplant wäre. Das ist es aber nicht.
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