Strategisches Technologiemanagement
Nötige Instrumente im Kontext von Industriekonvergenz
Im Kontext von dynamischen Märkten und disruptiven Technologien ist das strategische Technologiemanagement unabdingbar für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von technologiebasierten Unternehmen. Es kann Entscheidungsträgern in mehrfacher Hinsicht behilflich sein. Grundsätzlich ermöglicht ein systematisches Technologiemanagement es, technologische Neuerungen und damit verbundene Chancen frühzeitig zu erkennen, geeignete Kooperationspartner zu identifizieren, alternativen Technologien zu bewerten, die Technologieentwicklung zu planen und letztlich die Marktadoption neuer Technologien zu ermöglichen (vgl. Grafik 1).
Die Bedeutung des strategischen Technologiemanagements ist besonders im Zuge von Industriekonvergenzprozessen deutlich geworden. Das Phänomen der Industriekonvergenz konnte in den vergangen Jahrzenten vor allem in der Informations-, Kommunikations- und Telekommunikationsindustrie (IKT) beobachtet werden. Hierbei beschreibt Konvergenz das Verschwimmen von bestehenden Industriegrenzen, welches sich auch über Wissenschaftsdisziplinen, Technologieentwicklung, Produkte, Wertschöpfungsketten und Märkte erstreckt. Schaut man auf die sich dynamisch entwickelnden „Emerging Technologies“ der Life Sciences wie das Feld der synthetischen Biologie oder der Nanobiotechnologie, so wird schnell deutlich, dass viele Bereiche der Chemieindustrie von Konvergenzprozessen gekennzeichnet sind. Hinzu kommt, dass die Idee der „Circular Economy“ bzw. der Wechsel der Rohstoffbasis hin zur Bioökonomie mit einer Änderung bisheriger Wertschöpfungsketten einhergeht bzw. zu Neuverknüpfungen vormals getrennter Wertschöpfungsketten führt.
Bedeutung in der Chemiewirtschaft
Was bedeutet die Tendenz zur Industriekonvergenz für Firmen in der Chemiewirtschaft? Unabhängig ob durch die Konvergenz die vormaligen Sektoren substituiert oder komplementiert werden (bspw. Biopolymere als komplementäre Konvergenz zwischen Agrar- und Chemieindustrie) herrscht in der Frühphase Unklarheit über gültige Technologiestandards, Normen oder Zulassungsmöglichkeiten. Neue Konkurrenten aus anderen Brachen treten auf, Zugang zu Wissen aus anderen Industrien wird essentiell für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Im Falle einer Konvergenz von bestehenden Wertschöpfungsketten ergeben sich also für die involvierten Akteure neue Herausforderungen, Chancen, aber auch Risiken hinsichtlich ihrer Positionierung im neuen Wertschöpfungsgefüge. Somit ist eine Früherkennung dieser Entwicklungen von entscheidender Bedeutung. Die Anforderungen an ein professionelles Technologiemanagement steigen.
Fokus: Technologiefrüherkennung
Eine frühzeitige Identifizierung von neuen Technologien ist essentiell in dynamischen Entwicklungsfeldern, wie bspw. im Umfeld von konvergierenden Technologien und/oder Industriefeldern. Die Analyse von Patentdaten innerhalb der konvergierenden Industriefelder kann hierbei von großer Nützlichkeit sein. Nur schwer gelingt ein Einblick in die Ausrichtung ihrer Technologieentwicklungen, jedoch lassen sich anhand der angegebenen Pflichtinformationen in Patenten schon frühzeitig Aktivitäts- und Qualitätskennzahlen ermitteln. Eine systematische Auswertung der angewandten International Patent Classification Codes (IPC-Codes) kann z.B. Aufschluss über angestrebte Anwendungsfelder geben. Eine Möglichkeit bieten dabei Publikations- und Patentanalysen. Beispielsweise können eine steigende Anzahl interdisziplinärer Veröffentlichungen/Patente auf Konvergenz hinweisen (vgl. Grafik 2).
Ebenso können interdisziplinäre Ko-Klassifizierungen von Patenten, die Einführung vollkommen neuer Patentklassifikationen oder Veränderungen in Patentportfolios von Wettbewerbern als Indikatoren dienen. Auf Technologieebene sind sich anbahnende Konvergenzprozesse auch durch die Analyse von Schlagwörtern sog. (Co-)Words innerhalb von Patenten und wissenschaftlichen Publikationen möglich. Hierfür muss jedoch erst die Terminologie der Technologie verstanden sein um passende Keywörter, welche die Technologie beschreiben, zu ermitteln. Auf dieser Basis können Konvergenzprozesse antizipiert werden, oder die Planung und Entwicklung von Technologien kann bezüglich der Schwerpunktbildung im Konvergenzgeflecht nachträglich adjustiert werden. Zudem dient das Technologiemanagement der Verwertung bestehender Technologien und dem Schutz vor der Konkurrenz. Im Gesamtbild kann jede einzelne Technologie bewertet und nach erfolgreicher Strategieformulierung- und Implementierung in Einklang mit der Gesamtstrategie des Unternehmens gebracht werden.
Fazit
Die Möglichkeiten des Technologiemanagements versetzen sowohl Wissenschaftler als auch Unternehmen in die Lage, sich frühzeitig auf Veränderungen vorzubereiten – beispielsweise durch die Identifizierung neuer strategischer (Forschungs-)Partner, Erschließung neuer Technologiefelder oder der Sicherung des Zugangs zu neuem Wissen.
Kontakt
GDCh Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Varrentrappstraße 40-42
60486 Frankfurt am Main
Deutschland
+49 69 7917 485
+49 69 7917 475