Gesundheit managen
Arbeitgeberverband HessenChemie bildet Gesundheitsmanager aus
Gesundheitsmanagement ist in vielen Chemieunternehmen ein Thema, einen eigenen Gesundheitsmanager aber haben nur die wenigsten Unternehmen. Seit 2014 bildet der Arbeitgeberverband HessenChemie deshalb Unternehmensvertreter zu betrieblichen Gesundheitsmanagern aus. Dr. Andrea Gruß befragte dazu Clemens Volkwein, Demografieberater und Lehrgangsleiter bei der HessenChemie, zu den Voraussetzungen für ein erfolgreiches Gesundheitsmanagement.
Warum gewinnt das Thema Gesundheit in Unternehmen so stark an Bedeutung?
C. Volkwein: Die Gesundheit der Beschäftigten ist die Basis für die Produktivität und Leistungsfähigkeit des Einzelnen, und damit auch des Unternehmens. Das Thema gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund alternder Belegschaften und verlängerter Lebensarbeitszeit an Bedeutung, aber auch die moderne Arbeitswelt fordert die Gesundheit heraus: Der Trend zur Dienstleistungskultur, die Forderung nach Unternehmern im Unternehmen, Change als Dauerthema, Arbeiten über Zeitzonen hinweg, die digitale Vernetzung und Zunahme an Wissensarbeit - das Arbeitssystem und die Kompetenz der Führungskräfte und Beschäftigten müssen damit Schritt halten. Die Initiative „Gutes und gesundes Arbeiten in der Chemie-Branche" der Chemie-Sozialpartner BAVC und IG BCE gibt Impulse, wie sich Gesundheit auf betrieblicher Ebene fördern lässt. Im letzten Jahr wurde auch ein Branchenleitbild für betriebliches Gesundheitsmanagement verabschiedet.
Welches Verständnis hat denn die Branche vom betrieblichen Gesundheitsmanagement?
C. Volkwein: Die nächste Entwicklungsstufe ist, viele Einzelaktivitäten besser miteinander zu verbinden, zum Beispiel das Führungshandeln mit den freiwilligen Angeboten zur Gesundheitsförderung. Außerdem wird Gesundheit noch zu wenig über Kennzahlen gesteuert: Wenn Meinungsbildner Nordic Walking hübsch finden, wird Nordic Walking angeboten - ob ein solches Angebot die Gesundheit am Arbeitsplatz nachhaltig unterstützt, sei dahingestellt. Das Leitbild verdeutlicht, dass wir mehr Managementkompetenz bei diesem Thema brauchen, eine sauber aufgesetzte Phase der Analyse und Evaluation und eine nachhaltige Steuerung aller Aktivitäten, am besten mit Beteiligten unterschiedlicher Ressorts.
Wo finden Unternehmen der Chemieindustrie Unterstützung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen?
C. Volkwein: Ein wichtiger Partner für Chemieunternehmen ist die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie (BG RCI), die umfangreiche Präventionsleistungen, Seminare und Infomaterialien zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit kostenfrei anbietet. Des Weiteren unterstützen Krankenkassen Unternehmen, sei es durch anonymisierte Gesundheitsdaten, Aufklärungsvorträge zum Suchtmittelkonsum oder Gesundheitskurse zur Ernährung. Und nicht zuletzt sind wir als Arbeitgeberverband aktiv: Seit 2014 bilden wir in einem Zertifikatslehrgang betriebliche Gesundheitsmanager aus.
An wen richtet sich dieser Lehrgang?
C. Volkwein: Das Angebot richtet sich an Mitarbeiter mit dem Auftrag, das innerbetriebliche Gesundheitsmanagement auf- und auszubauen. Dies kann beispielsweise ein Betriebsarzt, die Assistenz der Geschäftsführung, die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder ein HR-Business-Partner sein.
Die Module des Lehrgangs umfassen einen praxisorientierten Mix an Analysezugängen, Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention, personalpolitischen, arbeitsrechtlichen und arbeitswissenschaftlichen Themen sowie Managementfragen.
Die Gesundheitsmanager sind danach in der Lage, Schritt für Schritt an einem intelligenten Gesundheitsmanagement zu arbeiten, vom Eingliederungsmanagement bis zum Ernährungsangebot für Schichtarbeiter.
Wie unterscheidet sich Ihr Angebot von dem anderer Anbieter?
C. Volkwein: Zum einen greifen wir branchespezifische Themen auf, wie die Gesundheitsförderung im Außendienst - denn viele unserer Unternehmen gehören zur Pharmaindustrie oder Medizintechnik. Besonders ist auch, dass wir der Kommunikation der Gesundheitsaktivitäten ein eigenes Modul widmen, aber auch der Datenschutz interessiert uns. Darüber hinaus ist es unser Ziel, gute Praxis aus Unternehmen der Chemieindustrie und Kunststoffverarbeitung vorzustellen und die Vernetzung mit Gesundheitsmanagern der Branchen zu stärken. Auch in diesem Jahr unternehmen wir dazu wieder zwei Praxisexkursionen in die Betriebe.
Zertifikatslehrgang zum betrieblichen Gesundheitsmanager
3 Grundlagenmodule (je 2 Seminartage)
inkl. Kommunikationsmodul: Vermittlung von Gesundheitsthemen im Betrieb
8 Wahlmodule (insgesamt 10 Seminartage)
Wahlblock A mit juristischem Schwerpunkt
- Umgang mit Krankheit im Arbeitsverhältnis
- Arbeitsschutz und Suchtprävention
- Betriebliches Eingliederungsmanagement
- Demografiefeste Schichtplanung
Wahlblock B mit Schwerpunkt Führung/Arbeitsorganisation
- Individuelles Stressmanagement - kompetent mit den alltäglichen Belastungen umgehen
- Ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen
- Vitaler Arbeitsalltag - zeitgemäße Ernährungs- und Bewegungsangebote im Betrieb
- Gesundheitsförderliche Führung
Der Lehrgang kann innerhalb eines Jahres absolviert werden. Alle Module können auch einzeln als Seminar gebucht werden. Das Weiterbildungsangebot ist für Mitgliedsunternehmen der HessenChemie im Mitgliedsbeitrag enthalten.