Anlagenbau & Prozesstechnik

Ihr Stoffwechsel verrät sie

Schnelle, automatisierte Messung der bakteriellen Belastung von Wasser

03.02.2015 -

Ein neues hochempfindliches Verfahren der österreichischen Firma VWM erlaubt es, die bakterielle Belastung von Wasser rasch und automatisiert zu bestimmen. Da das Messergebnis bereits nach 15 Minuten vorliegt, kann es nicht nur für Monitoring- und Frühwarnsysteme, sondern auch zur Prozessteuerung verwendet werden.

Im modernen und dem Stand der Technik entsprechenden Prozessmanagement der Wasserversorgung und Aufbereitung wird eine Vielzahl an physikalischen und chemischen Parametern automatisiert und online erfasst. Im Leitsystem werden diese Informationen weiter verarbeitet, um damit den Prozess zu überwachen und zu steuern. Die zusätzliche Einbindung mikrobiologischer Parameter in das Prozessmanagement mittels online-Messtechnik ist sinnvoll, um automatisiert die bakterielle Belastung des Wassers zu überwachen und gegebenenfalls rasch auf Änderungen reagieren zu können.
Ein neues hochempfindliches Verfahren erlaubt es, die bakterielle Belastung von Wasser rasch und automatisiert zu bestimmen. Da das Messergebnis mit diesem Verfahren bereits nach 15 Minuten vorliegt, kann der Parameter der mikrobiologischen Wasserqualität nicht nur für Monitoring- und Frühwarnsysteme, sondern auch zur Prozessteuerung verwendet werden. Beispiele dafür sind die Auswahl von Rohwasserquellen zur Trinkwasseraufbereitung oder die genau auf die aktuelle Belastung abgestimmte Dosierung bei der Desinfektion. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit erhöht, es können auch Ressourcen und Kosten (Strom, Chemikalien, Filterstandzeit) eingespart werden. Im Folgenden werden Anwendungsbeispiele präsentiert, weiche die Möglichkeiten dieser Technologie anschaulich machen.

Messung des Bakterienstoffwechsels
Im Gegensatz zu den klassischen Labormethoden, bei denen Bakterien im Labor angezüchtet werden, basiert dieses neue Verfahren auf der Messung der Stoffwechselaktivität (Enzym­aktivität) der Bakterien. Dazu wird eine Wasserprobe im Gerät mit Reagenzien vermischt welche nur von den Enzymen der Zielbakterien verarbeitet werden. Die in der Wasserprobe vorhandene Bakterien-spezifische Enzymaktivität kann dann über eine hochempfindliche Fluoreszenzmessung exakt bestimmt werden.

Eichung des Messwertes
Besonders wichtig für die breite Anwendbarkeit des neuen Verfahrens ist die Eichung des Messsystems. Da die Enzymaktivität ein wissenschaftlich genau definierter Parameter ist kann jedes derartige Messystem, aber auch jede Labormethode geeicht werden. Das Messergebnis ist somit ein genau definierter Wert, wie wir es von Temperatur oder pH-Wert etc. kennen. Dies wiederum ist die Voraussetzung dafür, allgemein gültige Richt- und Grenzwerte angeben zu können. Die an einer Anlage gewonnenen Erkenntnisse zur Steuerung und Optimierung von Prozessen können dadurch auch auf andere Anlagen übertragen werden. Gleichzeitig ermöglicht die Eichung auch den Messbereich, die Auflösung und die Nachweisgrenze eines derartigen Messgerätes/Verfahrens anzugeben und zu vergleichen.
Die E. coli spezifische Enzymaktivität, als Maß für die fäkale Verunreinigung, wird in MFU/100ml (MFU = Modified Fishman Units) angegeben. Die von William H. Fishman definierte Enzymaktivität (Modified „Fishman" Units) dient dabei als Referenz.

Einsatzbereiche und Features
Die hohe Empfindlichkeit des Messgerätes erlaubt es auch geringe Enzymaktivitäten und damit gering belastetes Wasser, beispielsweise Oberflächenwasser, Badewasser oder Wasser für die Landwirtschaftliche Bewässerung direkt zu messen. Für die Messung auf Trinkwasserniveau ist das Vorschalten eines Filtra­tionsmodules erforderlich. Der Messbereich der Geräte, die in den Ausführungsformen Laborgerät, Industriegerät, Messstation und mobiles Gerät (siehe Abb. 1) verfügbar sind, erstreckt sich damit von Reinwasser bis zu Abwasser. Eine Verfälschung des Messergebnisses durch Trübung wird durch das Messsystem automatisch kompensiert. Daher kann auch bei stark verschmutztem Oberflächenwasser ohne Filtration der Probe gemessen werden wodurch das Risiko einer Probenverfälschung vermieden wird. Die reine Messdauer liegt bei 10 bis 15 Minuten, inklusive der Reinigungs- und Konditionierungsschritte dauert ein Mess­zyklus 30 Minuten. Die Messung erfolgt voll automatisch und kann via Internet gesteuert und verfolgt werden. Auch eine Software zur Verwaltung mehrerer Geräte, zur graphischen Darstellung der Messdaten und Userverwaltung mit unterschiedlichen Berechtigungen, steht zur Verfügung. Monitoring von Oberflächenwasser
Das Anwendungsbeispiel in Abbildung 2 zeigt den Verlauf der fäkalen Verunreinigung eines Baches am Hydrological Open Air Laboratory (HOAL) in Petzenkirchen (Niederösterreich). Diese Versuchsstation wird von der TU Wien in Kooperation mit dem Bundesamt für Was­serwirtschaft betrieben. Zu erkennen sind starke Schwankungen der E. coli Belastung, wobei das Grundniveau im Sommer deutlich höher ist als im Winter. Nach Regenfällen steigt die bakterielle Belastung innerhalb sehr kurzer Zeit stark an. Abb. 2 (b) unten zeigt einen direkten Vergleich des enzymatischen Verfahrens (Messwerte in mMFU/100 ml, blaue Linien) mit der klassischen Mikrobiologie (Messwerte in MPN/100 ml, rote Linien). Eine weitere interessante Erkenntnis aus dem bisher 10 Monate dauernden Messeinsatz ist die, dass die bakterielle Belastung nicht immer mit dem Grad der Trübung korreliert, wie generell vermutet wird.
Mögliche industrielle Anwendungen eines derartigen Oberflächenwasser-Monitorings sind beispielsweise die automatische Auswahl der am geringsten belasteten Rohwasserquelle für eine Wasseraufbereitungsanlage oder die Überwachung von Prozesswasser in der Lebensmittelindustrie oder von Badegewässern.

Prozesssteuerung und Optimierung
Die Verfügbarkeit der Bakterienbelastung als neuer Online- Prozessparameter erweitert die Möglichkeiten der Überwachung, Steuerung und Optimierung von Prozessen. Dies ermöglichte es Anlagen bzw. Prozesse sicherer, effizienter und damit wirtschaftlicher zu betreiben.
Im Fall von Störungen oder Grenzwertüberschreitungen können Ursachen rasch gefunden und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Damit werden hohe Folgekosten von Stillständen oder größeren Schäden vermieden oder deutlich reduziert.

Monitoring einer Flockungsanlage
Das Anwendungsbeispiel in Abbildung 3 zeigt den Messwertverlauf einer Versuchs- Flockungsanlage an der Donau. Durch die Flockung sollen die Bakterien aus dem Rohwasser entfernt werden. Zur Überwachung des Flockungsprozesses misst hier ein ColiMinder abwechselnd die Belastung des Rohwassers (blau) und des Ablaufes der Flockungsanlage (rot). Zu erkennen ist, wie ab dem Start des Flockungsprozesses (Zeitraum vom 03.12.2014 bis 04.12.2014) die am Ablauf gemessene Belastung sinkt. Im weiteren Verlauf ist zu sehen, dass bei einem deutlichen Anstieg der Belastung des Rohwassers, die Belastung im Ablauf nur geringfügig ansteigt. Somit ist die Wirksamkeit und Stabilität des Flock­ungsprozesses kontrollierbar und optimierbar somit kann eine kontinuierlich nieder­e Belastung im Ablauf der Flockungsanlage sichergestellt und überprüft werden.
Ausblick: weitere Nachweisverfahren von Bakterien mittels enzymatischen Reaktionen
Neben Reagenzien zur Messung der E. coli Belastung in Wasserproben stehen auch bereits Reagenzien zur Bestimmung von Gesamtcoliformen zur Verfügung. Derzeit werden Reagenzien u. a. zum Nachweis der gesamten bakteriellen Belastung (Gesamtkeimzahl) entwickelt. An zusätzlichen Nachweisverfahren für weitere Zielorganismen wird gearbeitet, um speziell auch im Bereich der Lebensmittel- und Getränkeproduktion Lösungen anbieten zu können. Aufgrund der hervorragenden Ergebnisse in verschiedenen Praxistests zeigt sich, dass die rasche und automatisierte Messung der Bakterienbelastung, auf Basis ihres Stoffwechsels, ein immenses Potential besitzt.

Literatur
Die hier präsentierte Entwicklung wird von der Austria Wirtschaftsservice (aws) und der österreichischen Forschungsfördergesellschaft (FFG) unterstützt. Wissenschaftliche Kooperationspartner sind das Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement der TU Wien, das Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz der Universität für Bodenkultur Wien sowie die Fachhochschule Technikum Wien. Literaturangaben und weitere Informationen können beim Autor angefordert werden.

Lunch & Learn
VWM lädt am 11. 3. 2015 um 10:30 zum kostenlosen Lunch & Learn nach Weiden an der March in Östereich ein. Während zwei Stunden werden Praxisbeispiele, Ergebnisse von Versuchsreihen sowie die ColiMinder Geräte präsentier und individuelle Fragen und Anforderungen diskutiert. Anmeldung unter office@v-w-m.at

Kontakt

VWM GmbH Vienna Water

Dorfstrasse 17
2295 Zwerndorf
Österreich