BAVC: Steigende Chemiearbeitskosten gefährden Wettbewerbsfähigkeit der Branche
11.11.2014 -
Arbeit ist in der Chemiebranche in den letzten Jahren deutlich teurer geworden. Auch 2013 sind die Chemiearbeitskosten je Stunde erneut spürbar gestiegen, wie aus aktuellen Berechnungen des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC) hervorgeht. Im internationalen, aber auch im konzernweiten Standortwettbewerb sind die Arbeitskosten ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Das gilt besonders für exportorientierte Branchen wie die Chemieindustrie, die intensiv im globalen Wettbewerb steht. Schon seit geraumer Zeit befindet sich die deutsche Chemie in der Spitzengruppe jener Länder, die besonders hohe Arbeitskosten aufweisen.
Die Chemiearbeitskosten betrugen im Jahr 2013 in Westdeutschland 53,16 EUR je Beschäftigtenstunde. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein nochmaliger Kostenanstieg um 3,2%. Damit hat sich die Arbeitsstunde in nur drei Jahren um mehr als 13% verteuert, denn bereits 2011 und 2012 waren die Kosten um jeweils 5% in die Höhe geschossen. Die ostdeutschen Chemieunternehmen mussten im Jahr 2013 insgesamt 37,90 EUR je Beschäftigtenstunde aufwenden; dies sind 3% mehr als noch im Jahr davor. Zieht man die Veränderungsraten der Jahre 2011 und 2012 mit 9,4% und 7,2% hinzu, hat sich die Arbeitsstunde in der ostdeutschen Chemie in nur drei Jahren um knapp 20% verteuert. Dieser stark überproportionale Anstieg der Chemiearbeitskosten in Ostdeutschland erklärt sich größtenteils aus der mittlerweile vollständig realisierten Angleichung der Tarifentgelte an das Niveau im Westen.
Hohe Personalzusatzkosten
Die westdeutschen Chemiearbeitskosten von 84.017 EUR für einen Vollzeitbeschäftigten setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen: Der Bruttojahresverdienst eines Mitarbeiters (63.428 EUR) besteht aus dem Direktentgelt für tatsächlich geleistete Arbeit (47.412 EUR), der Vergütung arbeitsfreier Tage für Urlaub, Feiertage und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (10.431 EUR) sowie den Sonderzahlungen (5.585 EUR). Aus Sicht des Arbeitnehmers entspricht der Bruttojahresverdienst dem Wert, den er am Jahresende auf dem Lohnzettel vorfindet.
Aus Sicht der Unternehmen ist jedoch nicht allein der zu zahlende Bruttojahresverdienst entscheidend, sondern die gesamten durch die Beschäftigung verursachten Kosten. Hier kommen die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers (10.381 EUR) hinzu, weiterhin Aufwendungen für die tarifliche und betriebliche Altersversorgung (7.389 EUR) und schließlich die sonstigen Personalzusatzkosten (2.819 EUR) wie etwa Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung oder Kantinenzuschüsse. Diese zusätzlichen Kostenbestandteile addieren sich im Jahr 2013 in der westdeutschen Chemie auf 32,5% des Bruttojahresverdienstes.
Lohnstückkosten um 15% höher als 2010
Die Chemietariflöhne sind im Betrachtungszeitraum spürbar gestiegen: 2011 wurden sie um 4,1% und 2012 um 4,5% angehoben. Parallel hierzu haben sich die Wachstumsaussichten für die Chemiebranche nicht im erwarteten Umfang erfüllt. Vielmehr verlief die Chemiekonjunktur in den Jahren 2011 bis 2013 unstet und ohne Dynamik: Einem Produktionszuwachs um 2,1% im Jahr 2011 folgte ein deutlicher Rückgang im Jahr 2012 um minus 2,7% und eine nur leichte Ausweitung um 1,9% im Jahr 2013. Vor dem Hintergrund dieses unbefriedigenden Konjunkturverlaufs ist die Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden je Vollzeitbeschäftigten in der Chemie sogar rückläufig gewesen (2011: +0,1%, 2012: -0,9%, 2013: -1,3%). Dies hat die Verteuerung der Arbeitsstunde in der Chemiebranche zusätzlich beschleunigt.
Seit 2010 sind die Arbeitskosten in der Chemieindustrie stark angestiegen, ohne dass dies durch eine entsprechende Produktivitätsentwicklung abgefedert wäre. Ansteigende Arbeitskosten bei rückläufiger bis stagnierender Produktivität führen im Ergebnis zu steigenden Lohnstückkosten. Darunter leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Hier steht der deutsche Chemiestandort bereits jetzt unter Druck, denn die Lohnstückkosten lagen 2013 um deutliche 15% höher als im Jahr 2010.