Der Profibus lebt!
Stabile Kommunikation durch Minimierung der EMV-Einflüsse
Medizinische Ansätze zum Beispiel aus dem asiatischen Raum machen uns deutlich, wie wichtig es ist, nicht einzelne Symptome zu betrachten, sondern das gesamte System. Oft lassen sich nur so Ursachen finden und sinnvoll behandeln, anstatt an Symptomen herumzudoktern. Das gilt auch für die Automatisierungstechnik mit ihren zunehmend komplexer werdenden Anlagen.
Trotz gegenteiliger Behauptungen, die dem Profibus mit Einführung von Profinet ein baldiges Ende voraussagten, kommen jedes Jahr neue Automatisierungsanlagen hinzu, die mit diesem Feldbusprotokoll betrieben werden. Das bescheinigt dem Standard, der Ende der 80er Jahre entwickelt wurde, eine Konstanz, die selbst Experten so nicht erwartet hatten. Die einfache Installation und die Zuverlässigkeit im Umgang haben Vertrauen in das Profibus -Kommunikationssystem geschaffen. Aber auch für den Bus gelten die Leitfäden aus dem wahren Leben: „Wer lebt, der altert" oder „Vorsorge ist besser als Nachsorge". Um die Langlebigkeit des Busses selber zu gewährleisten, ist eine Pflege und Überwachung notwendig.
Bereits seit zehn Jahren beschäftigt sich Indu-Sol mit dem Thema der Feldbusdiagnose. Es wurden spezielle Werkzeuge zur messtechnischen Qualitätsanalyse entwickelt, welche zunehmend als Systeme zur permanenten Überwachung mit dem Ziel „Warnung vor dem Ausfall" eingesetzt werden. Dazu wird dem Bus quasi ein Langzeit-EKG verpasst. Während früher die Aussage reichen musste, dass der Bus funktioniert oder eben nicht, will man mittlerweile sehr differenziert herauszufinden, welche Schwachstellen wo vorliegen bzw. welche Probleme in absehbarer Zeit auftreten könnten. So lässt sich feststellen, ob Kommunikationsprobleme ihre Ursache im Bus selbst haben oder aus dem Umfeld kommen. Dabei spielt die Betrachtung der EMV-Einflüsse eine große Rolle. Während die Auswertung eines Langzeit-EKGs beim Menschen mit Frage und Antwort abläuft, steht man bei der Analyse von Kommunikationsproblemen oft vor einer Menge Fragen, aber es fehlen die Antworten. Also brauchen wir ein Konzept für ein systematisches Herangehen, um die möglichen Problemfelder untersuchen, ausgrenzen oder ausschließen zu können.
Ursachen von EMV-Problemen aufdecken
Wer Probleme vermeiden oder beheben will, muss deren Ursachen kennen. Das Langzeit-EKG des Profibusses hilft nur wenig, wenn die Ursache der Kommunikationsstörung an anderer Stelle auszumachen ist. Deshalb können weitere Messungen über einen längeren Messzeitraum notwendig sein, deren Ergebnisse dann miteinander verglichen werden, um Zusammenhänge aufzudecken. Automatisierte Langzeittests können unter anderem das zeitliche Verhalten des Profibus-Schirmstroms, des Stroms im PE/PA-System, den PE-Strom im Motorkabel und den Verlauf der 24 VDC Versorgung aufzeigen.
Schirmströme und ihre Ursachen
Seit jeher hat man in Automatisierungssystemen mit Schirmströmen zu tun. Dass diese auftreten können, ist keine neue Erkenntnis. Nicht selten hat man Schirmauflagen bewusst nur einseitig durchgeführt, um Schirmströme zu vermeiden. Dies ist aber keine Lösung, da man so die eigentliche Schirmfunktion außer Kraft setzt. Unsere Messungen in der Praxis zeigen, dass heute Schirmströme nicht selten bei 500 mA oder sogar im einstelligen Amperebereich liegen und im kHz-Bereich einzuordnen sind. Wie kommt es dazu?
Große Auffälligkeiten sehen wir bei Anlagen, die in den letzten Jahren umgerüstet bzw. modernisiert wurden. Das I/O Device befindet sich jetzt dezentral im letzten Winkel der Anlage und die Antriebstechnik ist auf energiesparende Frequenzumrichter umgeschwenkt. Beides ist absolut richtig, aber man hat bei den Modernisierungsgedanken dem Potentialausgleich zu wenig Beachtung geschenkt. In der DIN VDE 50310 wird explizit darauf hingewiesen, dass in Gebäuden mit Einrichtungen der Informationstechnik ein verbesserter Potentialausgleich auszuführen ist. Die Verbesserung besteht darin, dass neben der typischen Sternstruktur zusätzliche Potentialausgleichsverbindungen zwischen den Standorten von elektrischen und elektronischen Geräten hergestellt werden. Aber auch bei neu geplanten Maschinen bzw. Anlagen können Probleme auftreten, wenn man nicht einige wichtige Grundsätze beachtet.
Das Problem an der Wurzel packen
Innerhalb der Zuleitung für hochfrequente Verbraucher koppeln sich in den PE-Leitern hochfrequente Ströme ein, welche dann zur Entstehungsquelle zurückgelangen wollen. Theoretisch geschieht das über den Potentialausgleich. Problematisch wird es in der Praxis, wenn sich in der Nähe des Antriebs ein Profibusteilnehmer befindet, dessen Bus-Leitung beidseitig auf Erdpotential liegt. Diese Installation ist absolut richtig, da nur so die Schirmfunktionalität hergestellt werden kann. Aber es gibt hierzu eine Kehrseite, die es zu beachten gilt: Da nun Schirm und Schutzleiter auf dem gleichen Potential liegen und in den meisten Fällen parallel zueinander verlaufen, nimmt laut Stromteilerregel der „ungewollte" Strom auch den Weg über den Schirm der Profibusleitung als Rücklaufpfad und nicht nur über die Potentialausgleichsverbindung.
Die Erfahrungen zeigen, dass ein Schirmstrom >40 mA nicht mehr zu akzeptieren ist und Handlungsbedarf besteht. Es gilt das Problem beim Schopf zu packen und das bedeutet die Entstehung von vornherein durch den Einsatz von symmetrischen Motorleitungen zu vermeiden.
Bei herkömmlichen Motorleitungen läuft der Schutzleiter parallel zu den Phasen L1, L2 und L3. In einem alternativen Aufbau wird der PE in drei Leitungen aufgeteilt. Die kapazitive und induktive Einkopplung verteilt sich damit auf drei Leitungen, deren Phasen um jeweils 120° zueinander verschoben sind. Dadurch heben sich die eingekoppelten Ströme gegenseitig nahezu auf. Ein solcher Aufbau ist kein Novum, sondern wird ganz im Gegenteil von allen Frequenzumrichterherstellern empfohlen. Diese bewährte Lösung ist nur in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten. Sie wird heute zunehmend wieder interessant, weil Frequenzumrichter in der Nähe von Busmodulen schnell zu den eingangs beschriebenen Problemen führen.
Konzepte für Potentialausgleich verbessern
Die Zuverlässigkeit der Anlage der Zukunft wird wesentlich von der Qualität der Niederspannungsschaltanlage abhängen. Wer nun nicht alle Motorleitungen ersetzen kann, sollte sich über die Verbesserung, optimale Auslegung und den qualitativen Nachweis der Potentialausgleichsgüte Gedanken machen. Bei alten Werkshallen muss die Frage erlaubt sein, wie es nach all den Jahren des Betriebs um den Fundamenterder bestellt ist. Gleichzeitig sind Konzepte für den Potentialausgleich gefordert, die dafür sorgen, dass die Impedanz des Potentialausgleichssystems geringer ist als die Impedanz des Schirms. Als Richtwert gilt: Schirmschleifenwiderstände von Datenleitungen wie z.B. Buskabeln sollten maximal bei ca. 0,6 Ohm (Impedanzwert bei 2,2 kHz) und Schleifenwiderstände der Potentialausgleichsanlage in einem Bereich von ca. 0,3 Ohm (Impedanzwert bei 2.2 kHz) liegen. Mit einem vermaschten Potentialausgleich MESH-BN lassen sich die Impedanz deutlich verringern und die Schirmströme erheblich minimieren.
Know-How Transfer
Neben den notwendigen Mess- und Analysetools, mit denen sich eine stabile Buskommunikation durch Minimierung der EMV-Einflüsse erreichen lässt, bietet Indu-Sol sein breites Know-how in Form von Schulungen, aber auch als Dienstleistungen an. Dank langjähriger Erfahrung weiß man, wo der Schuh drückt bzw. wo mit den Messungen angesetzt werden muss. Gleichzeitig sind die Normen und Richtlinien, die nützliche Grenzwerte vorgeben, bekannt. Viele dieser Normen stammen übrigens nicht direkt aus dem Anlagenbau, sondern beispielsweise aus der Gebäudetechnik. Auch hier lassen sich erst mit dem Blick über den Tellerrand, der nicht nur die eigenen Komponenten im Visier hat, Probleme aufdecken und an der Wurzel beheben.
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