Anlagenbau & Prozesstechnik

Der ideale Durchflussmesser?

Neuartige Technologie von Bürkert vereint viele Vorteile

03.07.2014 -

CITplus: Bürkert hat ein neues Verfahren zur Durchflussmessung entwickelt, das auf der SAW-Technologie basiert. Die Flowave genannten Geräte sollen ab Oktober 2014 verfügbar sein.
Zur Durchflussmessung existiert eine Vielzahl von Technologien auf dem Markt. Magnetisch induktive Messgeräte haben sich dank ihres breiten Anwendungsspektrums als Standard etabliert und sind in vielen Varianten verfügbar. Hohe Zuwachsraten werden auch den Prinzipien Ultraschall und Coriolis zugewiesen. Nach wie vor hat jedoch jedes Prinzip seine spezifischen Schwächen und Einsatzgrenzen, so dass die Auswahl des geeigneten Gerätes für die jeweilige Messaufgabe hohe Anforderungen stellt. Es muss die Messaufgabe zuverlässig über den gesamten Lebenszyklus erfüllen und auch den operativen Aufwand in Grenzen halten, um Stillstandzeiten zu reduzieren. Das hat Bürkert veranlasst nach einer Technologie zu suchen, die all diesen Punkten Rechnung trägt und den Anwendern maßgeblich höheren Nutzen bietet. Mit der Surface Acoustic Wave-Technologie (SAW), die eine Wellenausbreitung wie bei seismischen Aktivitäten für die Messung nutzt, hat das Ingelfinger Unternehmen genau das gefunden.

Technologiesprung
Ein großer Pluspunkt der Inline-Durchflussmessung in Flüssigkeiten mittels SAW-Technologie ist, dass es keinerlei Einbauten oder Verengungen im Messrohr gibt. Die Rohrinnenseite kann mit der gleichen Oberflächengüte hergestellt werden wie der Rest der Leitung und unterscheidet sich hinsichtlich Hygiene, Reinigung und Strömungsverhältnissen nicht von jedem anderen geraden Rohrstück. Es entsteht kein Druckabfall, es entstehen keine Fluideinwirkungen auf Sensorelemente und es müssen keine Sensorvarianten ausgewählt werden. Der Wartungsbedarf beschränkt sich auf ein Minimum. Transmitter, Sensor und Messrohr erfüllen höchste hygienische Ansprüche. Zusätzlich zum Volumendurchfluss können Temperatur und Dichte gemessen werden. Daraus lässt sich der Massendurchfluss ermitteln. Das Messprinzip arbeitet auch schon bei stehenden Flüssigkeiten, so dass auch bei kleinstem Durchfluss Messergebnisse vorliegen. Es erkennt schnelle Durchflussveränderungen zuverlässig und ist damit auch für hohe Abfüllgeschwindigkeiten geeignet. Störungen durch Anlagenvibrationen werden durch die hohe Anregungsfrequenz von 1,5 MHz ausgeschlossen. Auch magnetische und elektrische Effekte beeinflussen die Messung nicht. Die Unabhängigkeit von der Leitfähigkeit des Fluids erweitert den Einsatzbereich erheblich. Effekte, wie sie durch Gasblasen in Flüssigkeiten oder bei Feststoffanteilen auftreten, sind bei der SAW-Technologie geringer oder lassen sich gesicherter erkennen. Als einziges Messverfahren kann die SAW-Technologie zudem zwischen laminaren und turbulenten Strömungen unterscheiden.

Umsetzung im Durchflussmessgerät
Die Technologie führt zu kompakter Bauweise und geringem Gewicht der Messgeräte. Sie können in beliebiger Lage eingebaut werden. Der SAW-Sensor als fester Bestandteil des Messrohres ist mit einem Transmitter verbunden, der sowohl das Bedieninterface beinhaltet als auch die nötigen Ausgangssignale erzeugt. Der Transmitter basiert auf der neuen Elektronikplattform von Bürkert, die von allen zukünftigen Geräten genutzt werden soll. Der Aufbau ist voll modular und bietet so die Vielfachnutzung der Einzelkomponenten. Die Verbindung der elektrischen Baugruppen ist nicht wie in der Vergangenheit analog, sondern voll digital angelegt. Bürkert nutzt CAN open mit Erweiterungen, was den Aufbau von Netzwerk-Topologien erlaubt und damit dem Anspruch gerecht wird, auch komplette Lösungen und fertige Systeme völlig flexibel und auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten anzubieten. Volker Erbe, Produktmanager Sensoren bei Bürkert, empfiehlt die SAW-Technologie insbesondere für Messaufgaben, bei denen bisher wegen zu geringer Leitfähigkeit statt magnetisch-induktiver Sensoren die deutlich teureren Coriolis-Geräte eingesetzt werden mussten.

Funktionsprinzip Surface Acoustic Wave
Für die SAW-Technologie wird eine Wellenausbreitung wie bei seismischen Aktivitäten genutzt: Ausgehend von einem Initialzentrum der Anregung breitet sich eine Wellenfront an der Oberfläche eines festen Materials aus. Im Falle des Flowave ist das die Rohroberfläche. Sogenannte Interdigitalwandler werden von einem elektrischen Impuls angeregt und erzeugen SAWs, die sich ähnlich wie Erdbebenwellen fortsetzen.
Das ist auch der klare Unterschied zur Ul-traschalltechnologie, bei der ein gerichtetes Signal in gerader Linie von einem Sender zum Empfänger läuft. Flowave arbeitet mit vier bis fünf Interdigitalwandlern, die aus einem Piezoelement und einer speziellen Elektrode bestehen. Jeder Interdigitalwandler arbeitet als Sender und Empfänger. Ist er als Sender aktiv, fungieren die beiden von ihm am weitesten entfernten Interdigitalwandler als Empfänger. Die SAW breitet sich an der Messrohroberfläche aus, koppelt aber auch in die Flüssigkeit aus. Der Auskopplungswinkel ist abhängig von der Flüssigkeit bzw. der sich in ihr ergebenden Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle.
Auf der anderen Seite des Messrohres angekommen koppelt ein Teil der Welle wieder ein und läuft an der Rohroberfläche weiter zum nächsten Interdigitalwandler. Ein anderer Teil wird wieder ausgekoppelt und wandert wieder zur anderen Messrohrseite, wo derselbe Effekt erneut auftritt und der Transducer auf dieser Rohrseite die Welle empfängt. So führt die Anregung jedes Transducers zu einer Folge von Empfangssignalen an zwei anderen. Zwei Transducer senden in Durchflussrichtung, die beiden anderen entgegen der Durchflussrichtung. Die absolute Zeitdauer der Welle vom Sender zum Empfänger hängt von der Rohrnennweite und der Flüssigkeit ab. Die Differ-enz der Zeitdauer der Ausbreitung in Vorwärtsrichtung und Rückwärtsrichtung ist proportional zum Durchfluss.
Die Auswertung aller Signale sowie Vergleiche anhand von Kriterien wie Frequenz, Amplitude und Laufzeiten erlauben die Bewertung der Messgüte und der Art der Flüssigkeit. Mitentscheidend ist auch der Vergleich der Signale und der Messergebnisse in Abhängigkeit davon, wie oft die Welle die Flüssigkeit im Rohrquerschnitt durchläuft.