Endotoxinreduzierte Reinigungstücher
10.01.2014 -
Im Bereich der Pharmazeutischen Industrie wird besonders bei Herstellern von Parenteralia und Implantaten seit langer Zeit auf die Endotoxinbelastung von Produkten und Verbrauchsmaterialien geachtet. So muss zum Beispiel bei Handschuhen und Prozesschemikalien wie WFI (Wasser für Injektionen) regelmäßig der Endotoxingehalt geprüft und der Herstellungsprozess validiert werden.
Auch im Bereich der Sterilraum-Reinigung findet das Thema verstärkt Beachtung, was sich auch in der vermehrten Verwendung von WFI bei der Herstellung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln zeigt. Die Hersteller der Reinigungsprodukte tragen den Anforderungen durch validierte und zertifizierte Herstellungsverfahren Rechnung und sichern den Anwendern definierte Endotoxingehalte ihrer Produkte zu, und auch die Anbieter von Reinigungstüchern haben diesen Bedarf erkannt, und entsprechende Produkte entwickelt, welche für den Einsatz mit anderen endotoxinreduzierten Produkten optimiert sind.
Auffällig ist, dass derzeit deutlich mehr endotoxinreduzierte Handschuhe und Reinigungsflüssigkeiten eingesetzt werden, als entsprechende Reinigungstücher. Dies führt zu der Annahme, dass in vielen Fällen endotoxinreduzierte Reinigungsprozesse angestrebt werden, diese Prozesse aber noch nicht konsequent umgesetzt sind.
Grundlagen
Endotoxine sind Bestandteile der äußeren Zellmembran Gram-negativer Bakterien und bestehen aus Lipopolysacchariden. Sie werden von den Bakterien nicht für die Freisetzung gebildet, sondern liegen bei Gram-negativen Bakterien in vivo oberflächengebunden vor oder werden beim Absterben der Bakterien als Anteile von Zelltrümmern freigesetzt.
Ihre medizinische Relevanz beruht auf der physiologisch-aktiven Eigenschaft, beim Eintritt in den menschliche Körper Immunreaktionen wie Fieber oder Entzündungen hervorzurufen. Endotoxine gehören somit zur Gruppe der Pyrogene, und vielfach werden in Veröffentlichungen die Begriffe Pyrogen und Endotoxin synonym gebraucht. Neben parenteral applizierten Medikamenten, bestehen daher für Medikal-Produkte, welche bei ihrem bestimmungsgemäßen Einsatz mit Körperflüssigkeiten in Berührung kommen, Grenzwerte über die maximal zulässige Belastung.
Diese werden in EU (Endotoxin Units) angegeben und liegen für Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit zum Beispiel bei 2.15 EU/Gerät und für Lymphe/ Blut bei 20 EU/Gerät (Ph. Eur. 2.6.14 und USP Chapter 85). In absteigender Reihenfolge gelten weitere Grenzwerte für den Kontakt mit inneren Organen, dem Verdauungsapparat und bei Kontakt mit der Haut. Für die Festlegung dieser Grenzwerte zeichnen u. a. die europäische und die amerikanische Pharmakopöe verantwortlich.
Der Nachweis und die Analyse
Zur Bestimmung der EUs gemäß der o. g. Pharmakopöe (Ph. Eur. 2.6.14 und USP Chapter 85) stehen für Anwender und Hersteller verschiedene Prüfmethoden mittels des LAL-Tests zur Wahl. Für diesen Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test wird allgemein ein Lysat aus dem Blutbestandteilen (Amöbozyten) des Pfeilschwanzkrebses eingesetzt, welches bei Kontakt mit Endotoxinen koaguliert, und das über eine turbidimetrische oder eine Farbreaktion eine quantitative Bestimmung mittels eines Mircoplatten-Readers ermöglicht.
Diese, durch die Pharmakopöen zugelassene Analysenmethode ermöglicht einen sehr sensitiven Nachweis. Die Nutzung der Tiere als Spender geht nicht mit einer Ausbeutung tierischer Ressourcen einher, da die Pfeilschwanzkrebse nach der Lysatgewinnung wieder freigelassen werden und die Bestände Kontrollen unterliegen.
Als durch die Arzneibücher aktuell nicht zugelassene Alternative wird seit einigen Jahren auch eine Testmethode eingesetzt, die auf der Phagen-Ligant-Technologie beruht, und so biotechnologisch gewonnen, völlig ohne tierische Bestandteile auskommt und über Fluoreszenz in einem Microplatten- Reader auswertbar ist.
Versteckte Gefahr?
Warum aber sind Endotoxine in der pharmazeutischen Industrie kritisch? Die zum Einsatz kommenden Produkte werden doch vor dem Einsatz sterilisiert. Leider sind Endotoxine ausgesprochen robust, und überstehen sowohl Heißdampfsterilisationen wie auch Gammabestrahlung relativ unbeschadet. Erst durch trockene Hitze oder hohe Dosen Gammastrahlung lässt sich die Endotoxinbelastung reduzieren, wobei verschiedene Veröffentlichungen unterschiedliche Angaben zum Grad der möglichen Reduzierung machen.
Vielfach vertragen die Produkte eine solch rigide Sterilisationsbehandlung jedoch nicht unbeschadet und es müssen alternativen zu einer nachträglichen Entfernung gefunden werden. Für Flüssigkeiten wie WFI oder Desinfektionsmittel bieten die Ultrafiltration über positiv geladene Filter und der Einsatz von Aktivkohlefiltern eine zusätzliche Möglichkeit zur Abtrennung von Endotoxinen.
Auf festen Oberflächen, auf denen Endotoxine durch Eintrocknen festgebacken sind, ist die Entfernung ungleich schwieriger.
Empfohlen werden zum Beispiel eine trockene Hitzebehandlung bei + 200° C über 5 Stunden oder ein 15-stündiges Bad in 1 molarer Natronlauge.
Sichere Produktion
Da die Menge an Endotoxinen in, oder an einem Produkt in gewisser Abhängigkeit von der Gesamtkeimzahl steht und eine nachträgliche Entfernung oder Zerstörung auf festen Produktoberflächen offensichtlich schwierig ist, liegt der Schlüssel zur Kontrolle der Endotoxinbelastung in der konsequenten Keimzahlreduzierung während des gesamten Herstellungsprozesses.
Für die Herstellung von Reinigungstüchern bedeutet dies die mikrobielle Reinheit aller Prozessschritte und der eingesetzten Prozessmittel zu prüfen und zu validieren.
Die mit diesen Verfahren hergestellten Reinigungstücher werden zwar als „Endotoxinfrei" vermarktet, was jedoch nicht die vollständige Abwesenheit aller Endotoxine bedeutet, sondern dass die gegebenen Grenzwerte der Pharmakopöen eingehalten werden.
Seit kurzem sind nun verschiedene Reinigungstücher erhältlich die den bisher schärfsten Grenzwert für Kontakte mit Hirn-Rückenmarks- Flüssigkeit von 2,15 EU/ Stück (0,06 EU/ml nach USP Chapter 161) einhalten.
Angepasst an die unterschiedlichen Anforderungen bezüglich der Abriebfestigkeit sind sowohl Tücher aus Viskose/ Polyester-Vliesstoff, wie auch reine Polyestergestricke als enotoxinreduzierte Versionen verfügbar.
Fazit
Bei der Reinigung steriler Bereiche mit hoher Endotoxin-Empfindlichkeit können jetzt also sichere Reinigungsprozesse mit endotoxinreduzierten Reinigungsprodukten etabliert werden, ohne das Risiko einer Komtaminationsübertragung vom Reinigungstuch auf die Oberfläche eingehen zu müssen.
KONTAKT
Carsten Moschner
Dastex Reinraumzubehör GmbH & Co.
KG, Muggensturm
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AUTOREN
Sven Siegmann, Carsten Moschner