Strategie & Management

Up-Cycling von Fluorpolymeren

Innovatives Verfahren schließt den Recycling-Kreislauf von perfluorierten Kunststoffen

18.11.2013 -

Ohne Fluorpolymere wären viele Leistungsspezifikationen in Umweltbestimmungen in zahlreichen Branchen unerreichbar. Bisher war das effektive Recycling dieser fabelhaften Materialien jedoch nur eine Illusion. In Kooperation mit InVerTec und der Universität Bayreuth und gesponsert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt hat Dyneon das erste Verfahren entwickelt, um bis zu 95% der Monomeren durch Aufspaltung der Fluorpolymere wiederzugewinnen. Dies ist ein wichtiger Durchbruch, der eine erhebliche Erhöhung der Nachhaltigkeit dieses wertvollen Materials verspricht. Eine Demonstrationsanlage wird im September 2014 in Gendorf in Betrieb gehen.

Derzeit landen die meisten Fluorpolymerabfälle und -produkte am Ende ihrer Lebensdauer auf der Mülldeponie oder in Verbrennungsanlagen. Auf einer Deponie stellen sie keine Bedrohung für die Umwelt dar und würden dort Tausende Jahre verbleiben, ohne sich zu zersetzen. Aber dies stellt eine unglaubliche Verschwendung dieser sehr wertvollen Ressource dar. Die andere Option, die Verbrennung, ist noch weniger erstrebenswert, da dabei eine wertvolle Ressource unter großem Energieaufwand vernichtet wird und gleichzeitig Kohlendioxid und Fluorwasserstoff entstehen.

Die Notwendigkeit, Fluorpolymere zu recyceln, ist daher aus verschiedenen Gründen immer notwendiger. Kalziumfluorid, der Basisrohstoff für die Fluorpolymerherstellung wird weltweit zur Herstellung einer Vielzahl von technisch hochentwickelten Produkten verwendet, von denen einige in unterschiedlichen Einsatzgebieten zum Umweltschutz beitragen. Es kommt als natürlicher Flussspat vor und ist für die Herstellung von Flusssäure unverzichtbar.

Mit der weltweit hohen Nachfrage nach Kalziumfluorid und der natürlichen Knappheit des2Rohstoffs ist es ein unbestreitbares Muss, nachhaltiger mit diesem Material umzugehen. Recycling von fluorierten Polymeren ist offensichtlich die einzige Antwort. Aber wie können wir Fluorpolymerabfall und daraus bestehende, ausgediente Produkte nachhaltig recyceln?

Keine zufriedenstellende Antwort

Wiederaufbereitetes Polytetrafluorethylen (PTFE) ist aktuell auf dem Markt erhältlich. Der Grundstoff, aus dem es hergestellt wird, und der Herstellprozess, schränken die nutzbaren Mengen stark ein. Der Prozess erfordert reines PTFE, das durch die Anwendung von Hitze und Säure zur Entfernung von anorganischen Verunreinigungen aus sortenreinen Verarbeitungsrückständen gewonnen wird. Wie bei den meisten recycelten Materialien ist die Qualität des Endprodukts jedoch verschlechtert und dies ist ein erheblicher Nachteil.

Produkte, die auch nur 5% wiederaufbereitetes PTFE enthalten, sind oft porös und lassen sich nur eingeschränkt verarbeiten. Des Weiteren zeigen Teile mit 20% wiederaufbereitetem PTFE wesentlich herabgesetzte dielektrische Eigenschaften und eine verringerte Dauerbeständigkeit. Da der bisher verfügbare Recycling-Prozess für Fluorpolymere so begrenzt ist, stellt sich die Frage: Was machen wir mit nicht sortenreinen Verarbeitungsabfällen und End-of-life Produkten? Weder die Entsorgung auf Deponien noch die Verbrennung stellen rentable, nachhaltige Lösungen dar. Außerdem ist die Herstellung von wiederaufbereitetem PTFE mit geringer Qualität nur für einen kleinen Teil ein gangbarer Weg.

Die Lösung

Im Moment sieht es so aus, als ob die Antwort zu dieser Frage zum Greifen nah ist. Dyneon hat sich mit dem Lehrstuhl für Werkstoffverarbeitung der Universität Bayreuth und dem damit verbundenen Institut für Innovative Verfahrenstechnik zusammengeschlossen, um eine Anlage zu designen und zu bauen, die den Recycling-Kreislauf für Fluorpolymere schließt. Gemeinsam haben die Partner eine Modellanlage entwickelt, die einen sorgfältig konzipierten und gesteuerten mehrphasigen Pyrolyseprozess in einem Wirbelschichtreaktor anwendet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit finanziert die Anlage mit einem KfW-Zuschuss von 1 Mio. € im Rahmen eines Programmes, das Innovationen, die die Umwelt schützen, fördern und unterstützen soll.

Das neue Verfahren fügt sich nahtlos in die bereits vorhandene Infrastruktur ein. Durch Pyrolyse werden die perfluorierten Polymere in Monomere zersetzt. Diese Monomere werden in die vorhandene Destillationsanlage eingespeist und in der normalen Produktion wieder eingesetzt. Dabei beträgt die Wiedergewinnungsrate 90 bis 95%. Die hervorragende Qualität der Monomere und der daraus hergestellten Fluorpolymere macht diese Lösung zur lang ersehnten Antwort in der Branche und übertrifft die Erwartungen, indem qualitativ hochwertige Ausgangsmaterialien erzeugt werden. Aus diesem Grund nennt Dyneon den Prozess „Up-Cycling" anstelle von „Recycling". Die Anlage wird an das vorhandene Abgasreinigungssystem angeschlossen werden.

Projektstatus

„Die technischen Herausforderungen bei der Konzeption und Bau der Anlage sind enorm", sagt Dr. Bernd Gangnus, Senior Technical Manager der europäischen Labore. Insbesondere die Auswahl der Werkstoffe, die der Korrosion standhalten ist schwierig. Eine weitere Hürde für die Auslegung der Anlage ist die ausreichende Kühlung des Reaktionsgases. Dies ist notwendig, um eine Polymerisation zu verhindern, welche die Qualität beeinträchtigen und Produktionsanlagen und Filter verstopfen würde. „Aber zusammen mit unseren Partnern können wir diese Herausforderungen meistern", fügt Dr. Gangnus hinzu.

Die Laborphase des Projekts ist beendet und geht in die Up-scale Phase über, für die die Arbeiten an der Konstruktion der Anlagengebäude und -infrastruktur bereits begonnen haben. Geplant ist, dass die Anlage ab September 2014 in Betrieb geht und als branchenweit erste Hochtemperatur-Recycling-Anlage für Fluorpolymere im ersten Jahr 500 t Abfall aus der Dyneon-Produktion und anderen Quellen verarbeitet.

Enormes Potential

Das Umweltschutzpotential, das dieser Prozess bietet, ist unglaublich. Wie Hochrechnungen von Laborergebnissen in Abbildung 2 zeigen, werden neben der Einsparung von wertvollen Ressourcen, die für die Produktion von Monomeren zur Herstellung von Fluorpolymeren erforderlich wären, auch der Abfall und die Emissionen aus der Entsorgung drastisch reduziert. Die Berechnungen basieren auf 1.000 t Up-Cycling-Material.

Aufbau der Logistikinfrastruktur

„Es ist wichtig, dass wir in der Anfahrphase, bei der wir dafür sorgen, dass die Anlage rund läuft, eine Infrastruktur entstehen lassen, welche die notwendige logistische Basis für die Rohstoffversorgung sicherstellt, damit die Anlage in den regulären Betrieb übergehen kann", erklärt Dr. Klaus Hintzer, Corporate Scientist bei Dyneon. „Diese Anlage stellt eine Option für neue Geschäftszweige dar und erfordert eine branchenweite Beteiligung, um eine geeignete Logistikinfrastruktur zu bilden."

Zunächst verarbeitet die Anlage reine Fluorpolymermaterialien, d. h. feuchte Produktionsrückstände, nicht spezifikationsgerechte Produkte und Verarbeitungsrückstände aus ungefülltem PTFE.

In einer späteren Phase werden PTFE-Compounds verarbeitet, die unterschiedliche Füllstoffe, wie Glasfaser, Graphit, Ruß, Keramik, organische Füllstoffe und Pigmente, enthalten können.

Es steht außer Frage, dass die technischen Herausforderungen dieses Projekts enorm sind. Sie sind jedoch verschwindend gering im Vergleich zu dem, was die Realisierung dieses Projekts direkt für die Nachhaltigkeit von Fluoropolymeren bedeutet. Und das ist nur der Anfang!

 

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