Innere Leistungsfähigkeit
Kolumne Perspektivenwechsel von Prof. Carsten Suntrop
Der Geschäftsführer eines mittelgroßen Chemiestandortdienstleisters informiert das Führungsteam über das nächste strategisch wichtige Projekt - die organisatorische Struktur wird weiterentwickelt. Neben den nicht abgeschlossenen Projekten Operational Excellence, Wachstumsinitiative 2015, Überarbeitung der administrativen Geschäftsprozesse, Optimierung des Risikomanagements in Instandhaltungsprojekten und circa 20 weiteren nicht abgeschlossenen strategisch wichtigen Projekten kann das Führungsteam nur 30 bis 40% der Arbeitskapazität in das Tagesgeschäft investieren. Der Geschäftsführer reagiert auf diese erkannte innere Komplexität mit einem weiteren strategisch wichtigen Projekt - Installation eines Multi-Projektmanagements.
„Dies wird uns helfen, die Komplexität in den Griff zu bekommen". Eine wahre Geschichte? Erfahrungsgemäß werden im Rahmen der Unternehmensentwicklung eines Chemiestandortbetreibers 30 bis 50% der Projektkosten für ein nicht gewünschtes Ergebnis aufgewendet und im Durchschnitt versickern 20 bis 30% der Arbeitskapazität einer Führungskraft in unwichtige oder nicht abgeschlossene Projekte.
Die Messung der inneren Leistungsfähigkeit versetzt das Führungsteam des Chemiedienstleisters in wenigen Schritten in die Lage, die Unternehmensentwicklung auf den Punkt zu bringen, sich zu fokussieren und zwingt „strategisch wichtige" Projekte abzuschließen. Anhand von zwölf Leistungsdimensionen wird die Leistungsfähigkeit in Beziehung zum verfolgten Unternehmenszweck quantifiziert.
Hierbei sind es eben nicht nur Finanzkennzahlen oder die Kundenzufriedenheit, sondern insbesondere auch Leistungsdimensionen wie Strategie, Struktur, Führung oder Innovation sowie Lernen oder Zusammenarbeit, Mitarbeiter und Kultur, welche einen Rückschluss auf die Unternehmensentwicklung des Chemiedienstleisters zulassen. Aktuelle Erfahrungen zeigen, dass Defizite in der Leistungsfähigkeit von Chemiestandortdienstleistern nicht in den Finanzen, sondern in die Leistungsdimensionen Struktur, Lernen oder Innovation bestehen.
Im Organisationsperformance-Modell sind diese Leistungsdimensionen mit Kennzahlen hinterlegt und die Vernetzungen eines komplexen Standortbetreibers über Fit-Kennzahlen verdeutlicht. Über eine quantitative und qualitative Bewertung und dem damit entstehenden gemeinsamen Bild sowie einem Cockpit-Modell wird die innere Leistungsfähigkeit transparent.
Der Rückschluss auf die strategisch wichtigen Projekte der Unternehmensentwicklung ist der erfolgskritische Schritt - das Modell lässt nur die Initiierung weniger Maßnahmen zu und ermöglicht über regelmäßige Leistungsmessungen (die Wartung für Mensch und Maschine ist ja auch regelmäßig) die erfolgreiche Umsetzung strategisch wichtiger Projekte des Chemiedienstleisters. Nach der Sichtung der Auswirkungen des Projektes ist es dann auch wieder sinnvoll, neue Maßnahmen der Unternehmensentwicklung einzuleiten.
Wechsel der Perspektive bedeutet hier, neue Ideen zur Leistungsmessung zulassen, gemeinsame Bilder der strategisch wichtigen Projekte zur Unternehmensentwicklung zu fordern und Auswirkungen erfolgreicher oder auch nicht erfolgreicher Projekte zu prüfen, bevor nächste Maßnahmen das Unternehmen überfordern.