Klebetechnologien: Ein Einblick in die Produktion der Tesa SE
04.10.2012 -
ReinRaumTechnik - Löten, Schweißen, Nieten und Schrauben war gestern. Der Klebetechnologie gehört die Zukunft. Dabei leisten Hightech-Tapes wesentlich mehr, als Dinge nur zu fixieren. Hauchdünne Klebefolien tragen wesentlich dazu bei, elektronische Geräte wie Smartphones immer kleiner, leichter und leistungsfähiger zu machen. Modernste Reinraum-Technik spielt dabei eine wichtige Rolle, wie das Beispiel der Tesa SE zeigt.
Mit Tesa verbinden in Deutschland die meisten seit 75 Jahren den Tesafilm. Ganz anders in Asien: Dort hat kaum jemand den transparenten Klebefilm jemals in der Hand gehabt. Tesa ist vielmehr bekannt als Zulieferer, unter anderem der Elektronikindustrie. Knapp 80 % des Umsatzes erwirtschaftet die Tesa SE (7000 Produkte), eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Beiersdorf AG, mit technologisch anspruchsvollen Industrie-Produkten. Mehr als 20 verschiedene Tesa-Klebebänder können beispielsweise in einem Mobiltelefon enthalten sein und neben ihrer „verbindenden" Aufgabe zahlreiche Zusatzfunktionen wie Stoßdämpfung, Licht- und Wärme-Management übernehmen.
Am Ohr am Kunden
Laut Analysen des Marktforschungsinstituts IDC wurden 2011 global etwa 472 Mio. Smartphones verkauft. Im dritten Quartal 2011 hat dabei China erstmals die USA hinsichtlich der abgesetzten Geräte überholt. Deutschlandweit legten die Handelszahlen 2011 um 31 % auf 11,8 Mio. zu. Im Jahr 2015 soll sich der weltweite Absatz auf rund 982 Mio. Smartphones verdoppeln. Die Marktforscher von Gartner prognostizieren sogar eine Zahl von 1,1 Mrd.
Viel Hightech auf kleinstem Raum sorgt indes auch für unerwünschte Nebenwirkungen: Einige Bauteile wie Prozessoren heizen sich enorm auf; punktuell sind 100 °C möglich. Um Schäden zu vermeiden, muss diese Hitze aus dem Inneren der Smartphones abgeleitet werden.
Zehnmal dünner als ein Haar
Das Wärme-Management in den extrem flachen Geräten regulieren Grafit-Plättchen, die in der Lage sind, hohe Temperaturen aufzunehmen und über eine vergleichsweise große Fläche gleichmäßig abzustrahlen. Befestigt werden die Grafit-Streifen mit einem doppelseitigen Klebeband, das viel mehr als nur Kleben kann. Je dünner das Tape, desto besser die Wärmeleitfähigkeit: Gemäß diesem physikalischen Prinzip bietet Tesa zukünftig der Elektronikindustrie PET-Klebebänder an, die bis vor kurzem noch ins Reich der „Fiktion" gehörten. Das weltweit dünnste doppelseitige Tape wird 5 µm (1 µm = 1/1.000 mm) dick sein; es besteht aus einer 2 µm dicken Trägerfolie und jeweils 1,5 µm Acrylat-Klebmasse aus eigener Entwicklung. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 50 µm dick.
Von Hamburg bis Suzhou
„Die 5 µm dünnen Klebebänder haben die umfangreiche Testphase erfolgreich bestanden und werden in Kürze den Smartphone-Herstellern zur Verfügung stehen", erklärt Produktmanager Falk Hunger. Neben der 5-µm-Variante, produziert auf der hochmodernen Anlage mit Reinraum-Einheit im Werk Hamburg-Hausbruch, kommt ein 10 µm dünnes Klebeband auf den Markt, das vom chinesischen Tesa-Werk in Suzhou hergestellt wird. Dieses Produkt ist seit Ende März 2012 verfügbar. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept ein einseitiges Laminier-Tape, um die Oberfläche des Grafit-Plättchens zu schützen und eine Verunreinigung des Handy-Innenraums zu verhindern.
Folien mit Durchblick
Ein weiteres Beispiel dafür, wie es gelingt, durch Produktentwicklungen mithilfe modernster Reinraum-Technologie in neue Anwendungsbereiche vorzudringen, sind hochtransparente Folien, sogenannte Optically Clear Adhesive Tapes (OCAs). Diese werden beispielsweise in berührungsempfindlichen Bildschirmen (Touch-Panels) von Mobiltelefonen und Navigationsgeräten, aber auch in zahlreichen Großgeräten wie Fahrkartenautomaten verarbeitet. Derzeit beherrschen zwei unterschiedliche Systeme den Markt: Beim resistiven Typ erfolgt die Menüführung per leichtem Druck über einen Stift oder Finger. Der neue, überaus leistungsfähige kapazitive Typ, dem Experten enorme Zuwachsraten prognostizieren, reagiert ausschließlich auf sanfte Fingerberührungen. Die Oberfläche besteht zumeist aus hochwertigem Glas, darunter befinden sich in einer Art Sandwich-Bauweise mehrere Funktionsschichten, die den Impuls des Fingers in Bruchteilen von Sekunden weiterleiten.
Multitalente im Mini-Format
Für eine dauerhafte und nahezu unsichtbare Verbindung der einzelnen Bauteile sorgen OCAs. Die optisch klaren und extrem dünnen Klebstoff-Filme sind wahre Multitalente: Sie müssen einerseits frei von Staubpartikeln bzw. Blasen sein und somit höchste Transparenz bieten. Auf der anderen Seite ist es erforderlich, dass sie hervorragend haften und beständig gegenüber Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit sowie UV-Strahlung sind. Damit es ein Produktleben lang heißt: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Zumindest keine störenden Klebefolien.
Effizienz in der Produktion
Das Know-how, OCAs für unterschiedlichste Anwendungen herzustellen, ist jedoch nur ein relevanter Wettbewerbsfaktor. „Wir blicken in diesem attraktiven Wachstumsmarkt auch deshalb optimistisch in die Zukunft, weil das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen hat, dass es sich optimal auf Kundenanforderungen einstellen kann", beschreibt Tesa-Industrievorstand Dr. Robert Gereke die effiziente Gestaltung von Produktionsprozessen beim Kunden. Die OCAs mit Dicken zwischen 25 und 175 µm lassen sich während des Laminierprozesses sicher und sauber verarbeiten. Speziell geschulte Tesa-Anwendungstechniker stehen bei Bedarf beratend zur Seite.
Hohe Innovationsrate
Das Tesa-Sortiment für die Elektronikindustrie umfasst rund 150 Produkte. „Mehr als 75% davon bieten wir erst seit 2009 an", macht Marketingleiter Dr. Detlev Radloff die hohe Innovationsrate deutlich. „Unser Erfolg beruht unter anderem auf einer Vielzahl neu eingeführter Produktlösungen, die wir in Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickelt haben." Um noch tiefer in die komplexe Wertschöpfungskette der Elektronikindustrie - von den Herstellern (OEM) über die Electronic Manufacturing Services (EMS) bis zu den Convertern - einzudringen, hat die Tesa SE ihre Organisationsstruktur weiter optimiert. So werden beispielsweise die Ingenieure in den Designcentern aller relevanten OEMs bei der Auswahl der richtigen Klebebandlösungen unterstützt.
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Die Reinraum-Einheit von Tesa
Bereits kurz nach der Gründung der Tesa SE (2001) als eigenständige Tochtergesellschaft innerhalb der Beiersdorf AG rief das Unternehmen die Funktion „New Business Fields" ins Leben. Das Ziel: neben dem weiteren Ausbau der bestehenden Industrie-Kernmärkte (z. B. Automobil, Druck & Papier) neue, technisch anspruchsvolle und ertragreiche Geschäftsfelder zu identifizieren. Große Chancen wurden dabei den Segmenten Consumer Electronics und HealthCare/Pharma zugeschrieben. 2007 begannen die Planungen für den Bau einer Reinraum-Einheit (ISO Klasse 7 und 8) im Tesa-Werk Hamburg-Hausbruch. Diese wurde 2010 in Betrieb genommen und ist mit 18 Mio. Euro eine der größten Investitionen in der Tesa-Historie. Auf 3.000 m2 bildet die Reinraum-Einheit den gesamten Entwicklungs- und Produktionsprozess ab; sie verfügt über Klebmassenveredlung, Beschichtungsanlage, Konfektionierung, Verpackung und Materiallager. Eine Polymerisationsanlage erlaubt die Entwicklung von Hochleistungsklebmassen mit bisher nicht eingesetzten Monomeren. Neben der Herstellung von Klebefolien für die Elektronikindustrie will sich Tesa - gemeinsam mit der Ende 2008 akquirierten Firma Labtec (Langenfeld), die sich auf arzneimittelhaltige Pflasterprodukte wie Transdermale Therapeutische Systeme und schnell lösliche orale Filme spezialisiert hat, als wichtiger Partner der internationalen Pharmabranche etablieren. Im März 2011 erhielt das Tesa-Werk die Erlaubnis zur Herstellung von Wirkstoff-Pflastern.
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Tesa SE
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